Kommt das bedingungslose Grundeinkommen?

Analyse Die Schweiz stimmt am Sonntag über die Einführung des BGE ab. Selbst wenn es scheitert, ist der Grundstein für das BGE gelegt

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Kommt das bedingungslose Grundeinkommen?

Bild: Stuart Franklin/Getty Images

Am Sonntag entscheidet die Schweiz, ob das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt werden soll. Es ist die erste weltweite Abstimmung auf nationaler Ebene über ein solches Vorhaben, und kurz vor der Wahl stehen die Chancen für die Initiative laut einer Umfrage nicht schlecht. Ein Grundeinkommen nach Schweizer Modell wäre dann die disruptive Innovation auf gesellschaftlicher Ebene.

Daniel Häni und Philip Kovce könnten einfache Mitbürger einer Gesellschaft sein, die sich vor einiger Zeit darauf geeinigt haben, dass das Leistungsprinzip ein faires und erstrebenswertes Gesellschaftsmodell ist. Leistung bringt Lohn und Anerkennung. Unser gesellschaftliches Miteinander begründet darauf.

Disruptiv, jung, motiviert!

Sie sind es aber nicht. In der Start-Up-Szene würden diese beiden Herren aus der Schweiz vermutlich als Geheimtipp für Investoren gelten. Disruptiv, jung, motiviert!

Sie sind disruptiv, weil sie durch ihre Initiative zum Grundeinkommen unser gesellschaftliches Bild komplett austauschen und durch etwas ersetzen wollen, was laut einer aktuellen Umfrage 40 Prozent der Schweizer gut finden. Sie wollen die pure Innovationsfähigkeit ermöglichen, ohne dass ein monetäres Konkurrenzdenken der Idee im Voraus die Vielfalt nimmt. Sie wollen mit dem bedingungslosen Grundeinkommen die Konkurrenz der Konkurrenzen sein. Eine Gesellschaft der Konkurrenz und Kooperation soll so die wahren Innovationen fördern.

Die Idee dahinter: Das Fallgesetz entdeckt nicht der fleißige Pflücker, sondern der, der sich abseits des Baumes die Ruhe und Zeit nimmt den Baum zu betrachten. Ruhe und Zeit aber kosten Geld. Somit wird die Innovation im Keime erstickt. Das wollen sie ändern. Wer keinen Gelddruck hat, hat mehr Zeit sich anderen Ideen und Vorhaben zu öffnen.

Die Mitinitiatoren der Schweizer Volksinitiative „Für ein bedingungsloses Grundeinkommen“ sind die Analytiker der heutigen Gesellschaft und zerpflücken in ihrem Buch „Was fehlt, wenn alles da ist“ unser bisheriges Miteinander. Den Kritiken, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen den Faulenzern dieser Welt Tür und Tor öffnen würde oder dem Menschen dann der Wille zur Arbeit fehle, widersprechen sie vehement. Für sie ist das bedingungslose Grundeinkommen Türöffner für eine mündige und freie Gesellschaft, in der das Wollen ermöglicht und das Nicht-Wollen beendet wird. Nicht die Arbeit steht im Mittelpunkt, sondern der Sinn der Tätigkeit.

Vorabend eines Zeitenwandels?

Ob sie mit der Idee durchkommen oder nicht, sei nicht wichtig, so die beiden. Das Schweizer Votum, so sagen sie, sei schon das Ziel gewesen. Der Initiative geht es vielmehr um die Diskussion. In Zeiten von sozialer Ungerechtigkeit, Rekordarbeitslosigkeit in einigen Teilen Europas und Schlagwörtern wie Industrie 4.0 oder digitale Revolution, stellen sie lediglich Fragen, auf die die Politik und Wirtschaft bisher ungenügend Antworten liefern kann.

Ob sie aber die richtigen Antworten liefern, entscheiden die Schweizer für sich. Fest steht: Ein einfaches Ja oder Nein wird vermutlich nicht ausreichen, eine solch komplexe gesellschaftliche Veränderung zu vollbringen. Sie kann lediglich ein Schritt in eben diese Richtung sein und muss nicht einmal disruptiv wirken, sondern vielmehr belebend – auch hier bei uns in Deutschland.

Dieser Artikel ist im Rosegarden Magazin veröffentlicht worden.

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Geschrieben von

Peter Jelinek

Europäer 🇪🇺 & Anhänger der Menschlichkeit. @Peter_Jelinek

Peter Jelinek

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