Das Wort des Propheten

Jemen Am Golf von Aden spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab. Trotzdem scheint uns dieser Konflikt wenig zu berühren. Warum?
Ausgabe 33/2018
Bei einem Angriff starben 50 Menschen, vor allem Kinder. Ein Schulbus war getroffen worden
Bei einem Angriff starben 50 Menschen, vor allem Kinder. Ein Schulbus war getroffen worden

Foto: Stringer/AFP/Getty Images

Präsident Trump soll den saudischen Kronprinzen Salman gefragt haben, ob die Luftschläge gegen den Jemen nicht mit weniger Opfern geführt werden könnten. Dieser Krieg gehört zu den wenigen Erbschaften aus der Regierungszeit von Vorgänger Obama, die Trump nicht verdammt, aber weitgehend aus der öffentlich-en Wahrnehmung verbannen will. Obwohl des Öfteren von der humanitären Katastrophe im Jemen die Rede ist, scheint uns dieser Konflikt weniger als andere im Nahen Osten zu berühren.

Damit dieses Schlachtfeld nicht ganz vergessen wird, muss auf eine Gräueltat verwiesen werden, zu der es beim Bombardement eines Marktes am 9. August im Norden des Jemen durch die saudische Luftwaffe kam. Raketen trafen Händler und ihre Stände, dazu einen gerade vorbeifahrenden Schulbus. Es starben vor allem Kinder, insgesamt über 50 Menschen, fast 80 wurden verletzt. Der Angriff war Teil einer Offensive der mutmaßlich von französischen Kräften unterstützten Armee Saudi-Arabiens, die seit Wochen versucht, den am Roten Meer liegenden Hafen Hudeida zu erobern. Dessen Kaianlagen sind für die äußerst mangelhafte Versorgung mit Hilfsgütern und Medikamenten existenziell, zumal erneut eine Choleraepidemie droht. Warum aber wollen die Saudis – mit diskretem, aber offensichtlichem Beistand der Vereinigten Arabischen Emirate und des Westens – die Jemeniten krank machen und aushungern? Dass man sie nicht beherrschen kann, dürfte ihnen klar sein. Schon der Prophet Mohammed hat die kulturelle Eigenart der Jemeniten hervorgehoben und unbedingt respektiert. Es erscheint überdies wenig glaubhaft, dass diese seit 2015 eine schwere Aggression erdulden, um dem Iran ein Einfallstor gegen das Herrscherhaus in Riad zu öffnen. Das ist auch deshalb zum Lachen, weil es bereits seit den 1990er Jahren eine starke Präsenz von US-Spezialkräften in der Region gibt, die einst die Armee des Jemen trainiert haben und jetzt mit Drohnen sowie Bomben den Saudis assistieren.

Man hatte im Februar 2012 sogar für Wahlen gesorgt, die eine demokratisch legitimierte Regierung an die Macht brin-gen sollten. Weil diesem Votum aber viele Jemeniten besonders in den dicht bevölkerten nördlichen und westlichen Landesteilen die Anerkennung versagt haben, kann das Verfahren nicht sonderlich demokratisch gewesen sein. Zu diesem Eindruck hat beigetragen, dass der aus jener Wahl hervorgegangene Präsident Hadi beste Beziehungen mit Riad pflegte, das nicht eben als Hort der Demokratie bekannt ist.

Tatsächlich geht es bei diesem Konflikt vor allem darum, die geostrategische Hoheit über den Golf von Aden zu sichern. Die Frage liegt nahe, hat sich der Westen unter anderem deshalb inzwischen hier so verhasst gemacht? Weshalb wurde ausgerechnet der Jemen zum Operationsgebiet von al-Qaida? Und was wollen die Jemeniten? Sicherlich weder ein Patronat des Iran noch ausländische Militärbasen, sondern nur Frieden und Selbstbestimmung. Augenscheinlich glauben viele, dass ihnen dabei eher die Huthi-Rebellen als die saudische Marionette Hadi von Nutzen sind. Genaues aber wissen wir nicht. Noch keiner unserer öffentlich-rechtlichen Sender hielt es für nötig, Korrespondenten zu beauftragen, Abdelmalek el-Huthi, das Oberhaupt der Huthi, direkt zu befragen. Und da es von den zwei Millionen jemenitischen Binnenflüchtlingen keiner nach Europa schafft, fehlt auch jemand, der authentisch Zeugnis ablegen könnte.

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