Huthis im Jemen: Zäh und entschlossen

Bab al-Mandab Die jemenitischen Milizen wollen allen Drohungen zum Trotz nun auch Einrichtungen der USA und Großbritanniens zusetzen, bis eine Waffenruhe in Gaza und die Befreiung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen erreicht sind
Ausgabe 03/2024
Huthi-Miliz unter amerikanischem und britischem Beschuss
Huthi-Miliz unter amerikanischem und britischem Beschuss

Foto: MoD Crown via Getty Images

Unterstützt von Kanada, den Niederlanden, Australien und Bahrain, waren die massiven Luftschläge von US- und britischen Kriegsschiffen gegen den Jemen weitgefächerter, als es den Anschein hat. Ziele waren Positionen der Huthi-Streitkräfte in mehreren Provinzen. Einschläge gab es in Sanaa, Taiz, Hudaida und Hajjah. Erstaunen kann das kaum. Man hat es mit einer massiven Reaktion auf vergleichsweise nadelstichartige Attacken mobiler Huthi-Formationen auf israelische oder Israel ansteuernde Schiffe in der Meerenge von Bab al-Mandab zu tun, die teilweise auch Waffen transportieren.

Die Huthi deklarieren ihr Handeln vor der eigenen Küste als Unterstützung der Palästinenser im Gaza-Krieg. Sie bieten ein robustes Kampfmittel auf, das zwar Israels Kriegsführung bisher nicht beeinträchtigt, aber beachtlichen Druck auf viele Staaten ausübt, eine Wende im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern herbeizuführen. Man muss sich vor Augen halten, dass ein Zehntel des Welthandels über die Passage vom Indischen Ozean zum Roten Meer abgewickelt wird. Eine alternative Route über das südafrikanische Kap der Guten Hoffnung ist gut 6.000 Kilometer länger. Die Huthi werden wegen der globalen Konsequenzen ihrer Aktionen zum Global Player. „Globalisiert“ wird ebenso die damit verbundene Form eines asymmetrischen Konflikts. Wenn nicht nur Handelskosten steigen, sondern auch Lieferketten unterbrochen werden, ist der nicht auf Seegebiete lokalisierbar. Tatsächlich dürfte die freie Fahrt durch Bab al-Mandab von einem vitaleren strategischen Interesse für den Westen sein als ein vorrangig moralisches Interesse an der Parteinahme für Israel, das als Vorhut für die Beherrschung des Nahen Ostens in Frage steht. Die Devise lautet, sich selbst helfen zu müssen.

Die Zähigkeit der Huthi überrascht

Die Luftschläge würden „in Übereinstimmung mit dem naturgegebenen Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung“ geführt, haben neben den Partnern in der Marineallianz „Prosperity Guardian“ auch Australien, Dänemark, Deutschland, Kanada, Neuseeland und Südkorea erklärt. Obgleich der Zusammenhang zwischen Gaza-Krieg und Huthi-Aktionen auf der Hand liegt, wollten die USA und Großbritannien keine sich darauf beziehende Formulierung in ihre mit Japan im UN-Sicherheitsrat eingebrachte Resolution aufnehmen, wie das Russland verlangt hatte. Es blieb bei der Forderung, die Störung des Welthandels im Roten Meer zu beenden. Dies wurde mit elf Stimmen angenommen, während sich Russland, China, Algerien und Mosambik enthielten.

Saudi-Arabien, das von Israel und dem Westen immer wieder aufgefordert wird, sich den bedingungslosen Parteigängern des Gaza-Feldzugs anzuschließen, nimmt an den Angriffen auf den Jemen nicht teil. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate, die als Abraham-Vertragsstaat diplomatische Beziehungen zu Israel unterhalten, verweigern sich. Gleiches gilt für Marokko, wo pausenlos gegen Israels Besatzungspolitik demonstriert wird – allein Bahrain macht mit, hat aber seinen Botschafter aus Israel abgezogen. Offenbar halten die Abraham-Verträge nicht, was sich Israels Regierung von ihnen versprochen hat.

Fundierte Informationen über die Huthi sind seit Jahren nicht gefragt. Umso mehr überraschen nun die Zähigkeit und das militärische Vermögen von Akteuren, die aus dem hoffnungslos unterentwickelten Jemen heraus handeln. Sie kommen aus dem kleinen schiitischen Volk der Zaiditen, die sich seit Jahrzehnten einer Übermacht sunnitischer Kräfte widersetzen. Sie wurden damit zusehends erfolgreicher, seit sie sich in den späten 1990er Jahren als Milizen zu formieren begannen und eine schiitische islamische Republik zu ihrem Ziel erhoben.

Trotz der Luftschläge und aller Drohungen haben sie angekündigt, nun auch Einrichtungen der USA und Großbritanniens zusetzen zu wollen, bis ein Waffenstillstand in Gaza und die Befreiung der palästinensischen Häftlinge aus israelischen Gefängnissen erreicht seien. Man weiß nicht einmal sicher, wie stark die Beziehung oder gar Abhängigkeit der Huthi von Iran wirklich ist, immerhin der einzige Staat, der Wert darauf legt, in Sanaa diplomatisch vertreten zu sein und technologische Hilfe für Bau wie Bedienung moderner Waffensysteme zu leisten. Aber sind die Huthi wirklich Teherans verlängerter Arm, das ihnen notfalls Einhalt gebieten könnte? In dieser schwer einzuschätzenden Verbindung liegt das große Eskalationspotenzial der Huthi-Operationen.

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