Ein für alle Mal: Es stimmt, weder der Mietendeckel noch eine Enteignung bauen die dringend benötigten Wohnungen, ob in Berlin oder in anderen deutschen Städten. Das ist auch gar nicht der Zweck der beiden Maßnahmen, die in der Hauptstadt zum einen die rot-rot-grüne Regierung plant und zum anderen eine Initiative per Volksbegehren verlangt. Es geht erst einmal nur darum, Menschen davor zu schützen, dass eine Erhöhung der Miete oder allgemein die private Eigentümerschaft ihrer Mietwohnung sie zum Auszug zwingt und somit meist aus der Stadt verdrängt. Das ist schon jede Menge. Es steht zu hoffen, dass insbesondere der Senat in Berlin bemerkt, was für ein wahnsinnig wichtiges, weil scharfes Schwert er sich da in die Hände gelegt hat. Die Bedeutung des Mietdendeckels reicht weit über die Wohnungskrise hinaus.
Von 2020 an sollen in Berlin Mieterhöhungen für fünf Jahre ausgeschlossen sein und eine vom Jahr des Erstbezugs und von der Ausstattung abhängige Obergrenze gelten – erste Entwürfe veranschlagen diese zwischen 3,42 und 7,97 Euro pro Quadratmeter. Auch modernisierungsbedingte Mehrkosten will die öffentliche Hand regulieren und deckeln. Das käme einem Epochenbruch gleich: Endlich wagte eine Regierung das, was Regierenden hierzulande im Allgemeinen kaum jemand mehr zutraut: die heilige Kuh des Marktes zu schlachten, statt immer nur folgenlos dessen Einhegung zu versprechen.
Das Eigentumsrecht zu beschneiden, um dem Recht auf angemessenen Wohnraum wieder Geltung zu verschaffen. Nichts zu geben auf die Untergangsgesänge all jener, die sich seit Jahren als Eigentümer am Profit aus dem Wahnsinn laben. Weil jetzt erst einmal nur das zählt: denen, für die es um die nackte Existenz geht, eine Atempause zu verschaffen.
Das wäre Politik statt Postdemokratie und ein Vorbild für viele andere Kommunen, für viele andere Bereiche. Und dies verlangt von allen Befürwortern natürlich nicht nur große Worte, sondern auch sich argumentativ und juristisch zu wappnen für die anstehenden Kämpfe. Not tun auch Kompensationen für Kleinstvermieter, Genossenschaften und andere alternative Eigentumsformen – was einen starken Staat voraussetzt, der, statt zu sparen, investiert – nicht zuletzt in den Bau neuer bezahlbarer Wohnungen in öffentlichem Eigentum.
Kommentare 4
Öffentlich wird Lompschers Vorschlag jetzt schonmal sturmreif geschossen. Mit freundlicher Unterstützung fast aller überregionalen Medien sowie selbstverständlich der Tagesthemen, in deren Verlauf vorgestern Ingo Zamperoni einen IfO - Vollidioten darüber befragen durfte warum augenblicklich die Welt untergeht, falls Lompschers Entwurf durchgeht.
Die Art und Weise, wie sich die Debatte medial - politisch Bahn bricht ist indes ein aufschlussreicher Indikator dafür, in welchem Zustand sich die tonangebende Elite befindet und welchen sozialpolitschen Gestaltungswillen sie überhaupt noch hat - beziehungsweise haben will. Und ehrlich gesagt wird mir da schlecht.
Zu befürchten steht, dass es am Ende eben genauso laufen wird, wie bei der sogenannten Mietpreisbremse und ein Entwurf, der tatsächlich eine spürbare Entlastung bringen könnte dermaßen geschreddert wird, dass er das Papier nicht mehr Wert ist auf dem er steht.
Mit der Mietpreisbremse ist der Verfall der bestehenden Wohnungen und weniger Neubau vorausgeplant. Und sozialen Wohnungsbau verweigert sich die Berliner Landesregierung weiterhin.
https://einfache-standards.blogspot.com/2019/04/wirtschaft-berlins-drohender.html
https://einfache-standards.blogspot.com/2019/07/wirtschaft-wie-eine-linke-koalition-in.html
Wer für eine erfolgreiche Politik von links ist sollte linke Politik auch kritisieren können. Wer eine linke Politik unvoreingenommen verteidigt stellt die eigene Überzeugung über die Realität und das Wohl der Menschen.
Mit einer Mietendeckelung wie von Lompscher vorgeschlagen würden die Immobilienpreise (also auch Grundstückspreise) in dem Metropolen sinken. Denn der Handelspreis von Immobilien richtet sich nach dem Profit, der mit einer Immobilie erreicht werden kann. Im Zentrum einer Grossstadt sehr hoch, in einer Kleinstadt mit wenig oder keinen Zuzug ausserhalb der "Metropolregionen" deutlich niedriger, und eine Fichtenschonung ist für vergleichsweise fast nicht zu haben: Fürt Spekulanten uninteresant. Wenn also eine Regierung vor Enteignungen zum Wohle der Allgemeinheit gemäss GG zurückschreckt, dann könnte die öffentliche Hand wenigstens eher Immobilen kaufen und für Kostenmiete ohne Profit bereit stellen. Ich gehe davon aus, dass Grossinvestoren ihr Kapital aus den Immo-Konzernen abziehen würden, wenn die Profitrate unter eine bestimmte Marke sinkt. Ein Insolvenzverwalter könnte die "Masse" dann nur noch zum gesunkenen "Verkehrswert" anbieten und Gemeinden, Länder oder Bund könnten zugreifen.
Frau Lompscher hat gut daran getan Maximalforderungen zu stellen, denn sie wusste im Voraus,daß soviel Mietendeckel nicht durchgeht.Verzicht erfolgt in der Branche nicht freiwillig- never.Ich wünsche mir eindeutige Aussagen pro Lompscher z.B. im Öffentlichen,dann können auch die Gegner quatschen und darlegen.