Freundschaft mit Hindernissen

Rot-Rot-Grün Eine Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei scheint durch die Krim-Krise in weite Ferne gerückt zu sein. Doch es gibt noch Hoffnung

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Es kriselt zwischen SPD, Grünen und Linkspartei. Die Chancen für ein gemeinsames rot-rot-grünes Projekt für 2017 scheinen verspielt zu sein angesichts der aktuellen inhaltlichen Differenzen im Zuge der Krim-Krise. Die Schuld daran sehen die führenden Politiker von SPD und Grünen bei den Linken. Wolfgang Gehrke, Bundestagsabgeordneter aus Hessen, kam zu dem Entschluss, dass die Grünen mittlerweile „den rechten Rand des Parlaments“ bilden.

Aber auch Spitzenpolitiker von SPD und Grünen haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Erinnert sei an das Plakat des grünen Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer, auf dem Sahra Wagenknecht zwischen russischen Soldaten mit Kalaschnikows steht. Die Überschrift: „Jetzt neu: Linkspartei erstmals für Auslandseinsätze“. Und die SPD? Sigmar Gabriel bezichtigte Sahra Wagenknecht dem Nachplappern von russischer Propaganda.

Was will die SPD?

Es sieht momentan nicht nach Rot-Rot-Grün aus. Auch hinsichtlich anstehender Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg könnte es durchaus zu Unstimmigkeiten kommen. Die Schuld an der Misere tragen alle drei Parteien. Die SPD hat zwar auf ihrem Parteitag beschlossen in Zukunft rot-rote Bündnisse auf Bundesebene nicht auszuschließen, dennoch sucht sie keine Annäherung an die Linkspartei. Ihr Ziel ist weiterhin die Linke im Westen aus den Parlamenten zu verdrängen und deren Wähler auf ihre Seite zu ziehen. So erklärte es SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi im Februar auf einem gemeinsamen Treffen auf Einladung der „Parlamentarischen Linken“ in der SPD, bei welchem die parlamentarischen Geschäftsführerinnen von SPD, Grünen und Linken zusammentrafen.

Allerdings wurden keine kritischen Töne bezüglich der außenpolitischen Positionen der Linkspartei laut, da unter linken Sozialdemokraten mehr Sympathie für zivile Konfliktlösungen als für Bundeswehreinsätze besteht. Das trifft jedoch für die Mehrheit der SPD nicht zu. Führende Sozialdemokraten sehen keine Perspektive für ein Linksbündnis.

Vor kurzem wurde Gregor Gysi zu einem Treffen der Netzwerker innerhalb der SPD-Fraktion wieder ausgeladen. Daraufhin wurde dem SPD-Linken Ralf Stegner der Auftrag erteilt, die Kontakte zur Linkspartei aufrechtzuerhalten. Dieser wunderte sich jedoch wie jemand behaupten könne, er sei ein Befürworter von Rot-Rot-Grün. Die Grünen haben das Problem, dass die einen auf ein schwarz-grünes Bündnis hinarbeiten und die anderen auf keines. In der Opposition giften sich Grüne und Linke gegenseitig an, statt gemeinsam zu agieren. Hinzu kommt die vorbehaltlose Verteidigung russischer Politik von einzelnen Linken-Abgeordneten.

Die Linke bleibt optimistisch

Gregor Gysi glaubt weiterhin an ein Linksbündnis. Er kündigte an, dass es im Herbst 2014 zu Gesprächen kommen wird, nannte jedoch drei Bedingungen für eine mögliche Koalition. Zunächst müssten die Wahlergebnisse dies zulassen. „Dann müssen die Schnittmengen der Politik stimmen.“ Und es bedürfe eine Wechselstimmung in der Bundesrepublik. „Wenn die Deutschen in der Mehrheit eine linke Regierung wollen, dann werden auch Grüne, SPD und wir nicht um die Frage einer Koalition herumkommen“, so Gysi gegenüber dem Handelsblatt.

Auch die beiden Vorsitzenden der Linkspartei, Katja Kipping und Bernd Riexinger, sind weiterhin optimistisch. Bei einem gemeinsamen Gespräch in der FAZ meinte Katja Kipping, man besitze mehr strategische Optionen als vor zwei Jahren. Sie sei zudem nicht glücklich, wie die Opposition sich gegenseitig angreift. Bernd Riexinger sagte, die Linkspartei habe „einen Beitrag zur Versachlichung der Debatte“ über die Ukraine geleistet.

Im Hinblick auf die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht meinte Riexinger, dass „zugespitzte Äußerungen einzelner Strömungen dazu gehören“. Katja Kipping kritisierte die Bundesregierung, sie fördere einen „Militarisierungsdiskurs in der Gesellschaft“. Dies sei das größte Hindernis für eine gemeinsame Politik. Die beiden Vorsitzenden sollten jedoch versuchen den Fundi-Flügel in den Griff zu bekommen, denn am Ende müsse auch der Seeheimer Kreis mit der Antikapitalistischen Linken auf einen Nenner kommen. Wie erfolgreich die Annäherungen im Herbst 2014 tatsächlich sein werden hängt besonders von der Entwicklung der Krim-Krise ab – und davon, wie die Linke außenpolitisch Stellung beziehen wird.

Eine Annäherung kann jedoch auch jenseits der Bundespolitik in Angriff genommen werden. Eine Möglichkeit wäre die linke Denkfabrik, das Institut Solidarische Moderne. Es sollte von rot-rot-grünen Politikern wieder stärker in Erinnerung gebracht werden.

2010 hatte die beinahe Ministerpräsidentin der SPD in Hessen Andrea Ypsilanti gemeinsam mit u.a. Elmar Altvater, Katja Kipping und Sven Giegold die linke Denkfabrik gegründet. Das Ziel des ISM war nicht nur auf eine gemeinsame Regierungskoaliton hinzuarbeiten, sondern auch auf eine sozial-ökologische Wirtschaftsordnung als Alternative zum Neoliberalismus. Doch die Stimmen rund um das Institut sind verstummt.

Es bleibt noch Zeit die gemeinsamen rot-rot-grünen Kräfte zu bündeln und für eine fortschrittliche Politik zu kämpfen. Allerdings dürfen die Vertreter des linken Reformbündnis ihre Möglichkeiten nicht verspielen. Es könnte die letzte Chance auf unbestimmte Zeit gewesen sein, denn sonst lautet die Alternative Schwarz-Grün.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Stefan Simon

Journalist in Süd-Ost-Niedersachsen, kommt aber eigentlich aus Süd-Hessen. Schreibt jetzt wöchentlich über politische und gesellschaftliche Themen.

Stefan Simon

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