Streiken war immer eine meiner heimlichen Fantasien. Nicht im Job, natürlich, sondern bei seinem trostlosen, unsichtbaren Zwilling. Wie sonst soll man der Familie die unbezahlte Plackerei vor Augen führen, die jeder für selbstverständlich hält? Die Idee, alle in ihrem Chaos schmoren zu lassen, hat etwas sehr Verlockendes. Und doch bleibt sie für die meisten Frauen Fantasie. Teils, weil es peinlich ist zuzugeben, dass man der häuslichen Selbstaufgabe verfallen ist. Teils, weil man nie eine Sklavin hätte werden müssen, wenn man sich gar nicht erst schlecht fühlen würde beim Gedanken an das, was einem sich selbst überlassenen Haushalt widerfahren könnte.
Nun griff das Schicksal ein. Akute Krankheit macht eine Woche Bettruhe nötig. Während ich dies schreibe, hallt entferntes Fluchen von der Küche her, wo sich offenbar, zwei Minuten bevor mein Mann zum Schulsprint ansetzen muss, der Hund erbrach. Aber ausnahmsweise erwartet niemand, dass ich mich um alles kümmere. Ich ertappe mich bei dem Gedanken: So muss es sich eine Generation zuvor angefühlt haben, ein Mann zu sein.
Warum sind die Haushaltskriege noch nicht gewonnen? Gute drei Jahrzehnte ist es her, dass die US-Soziologin Arlie Hochschild in ihrem Buch Der 48-Stunden-Tag zeigte, wie der Feminismus Frauen zur Arbeit befähigte, sie aber nicht von dem Berg Schmutzwäsche befreien konnte, der nach Feierabend auf sie wartet. Letzte Woche teilte ein Freund das Gesuch zweier IT-ler nach einer Haushaltshilfe. Zu deren Pflichten sollte das morgendliche Wecken eines der beiden zählen – weil er keine Wecker mag. Für Mütter von Söhnen sollte da ein eigener Alarm läuten: Welche Hölle hinterlassen wir so unseren zukünftigen Schwiegertöchtern?
Nach Jahrzehnten schmerzhaft lahmen Fortschritts wird die Intervention immer attraktiver. Wenn die Kinder begreifen sollen, wie die Zahnpasta magischerweise nie leer wird, wie viel Arbeit in der mysteriösen Wanderung der Lebensmittel vom Supermarkt auf den Tisch steckt, muss man diese Arbeit einstellen. Nicht einfach mit kleinen Kindern. Aber für Eltern von Teenagern, die in ihrer Schmutzwäsche marinieren, gibt es beachtlich wenig zu verlieren. Um es vorsichtig auszudrücken: Es wird nicht so sein, wie wenn man es selbst getan hätte. Aber mit etwas Glück steigt aus der Lache nasser Handtücher etwas Besseres hervor.
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