Präsident IBK

Mali Erstmals nach 18 Konfliktmonaten, in denen das Land von einem Militärpusch bis zu einer Intervention viel erlebt hat, werden durch Wahlen Hoffnungszeichen gesetzt
Die Sympathisanten von Ex-Finanzminister Cissé gehen leer aus
Die Sympathisanten von Ex-Finanzminister Cissé gehen leer aus

Foto: Issouf Sanogo / AFP

Diese Votum ist überraschend friedlich verlaufen, auch wenn die Wahl voreilig angesetzt wurde, um militärische Erfolge zu legitimieren. Zudem haben Hunderttausende, die durch den Konflikt vertrieben wurden, nicht rechtzeitig die für die Stimmabgabe nötigen Dokumente erhalten. Trotz allem aber scheint dieser Urnengang weder an der Wählerregistratur noch einer geringen Wahlbeteiligung gescheitert zu sein. In der ersten Runde gab rund die Hälfte der sieben Millionen Bürger des Landes ihre Stimme ab. Ein maßgebliches Motiv hierfür könnte gewesen sein, einen Prozess zur Freigabe der vier Milliarden Dollar an Auslandshilfe in Gang zu setzen, die vor drei Monaten auf einer Geberkonferenz in Brüssel versprochen wurden.

Nur ein Strohmann?

Zuletzt standen sich im Rennen oder besser Stechen um die Präsidentschaft zwei Veteranen gegenüber – Ex-Premier Ibrahim Boubacar Keïta und Ex-Finanzminister Soumaïla Cissé.

Vorn lag zu guter Letzt der als „IBK“ bekannte Keïta. Der 68-Jährige ist ein Mann mit Verbindungen – zum malischen Militär ebenso wie zu Frankreich. Dessen Präsidenten François Hollande nennt Cissé „einen guten Freund“. Im Zuge des Staatsstreichs, bei dem der damalige Präsident Amadou Toumani Touré gestürzt wurde, widerfuhren Keïta weder Verhaftung noch Folter. Dies nährt die Überzeugung seiner Gegner, er sei kaum mehr, als ein Strohmann der Anführer des Coups.

Wie sein Gegner Cissé hat sich auch Keita für die nationale Einheit eingesetzt. Doch wird er als Präsident zur Kenntnis nehmen müssen, das die Stadt Kidal weiterhin unter Kontrolle der separatistischen Nationalen Bewegung für die Befreiung des Azawad (MNLA) steht. Nur zwölf Prozent der Wahlberechtigten gaben hier ihre Stimme ab. Seit einem im Juni geschlossenen Waffenstillstand, der ausdrücklich die Nennung des Azawad, wie die Separatisten einen unabhängigen Wunschstaat nennen, beinhaltet, herrscht in Nordmali ein angespannter Frieden. Die wesentliche Frage, wie viel Autonomie der Region zugestanden werden soll, ist nach wie vor ungelöst. Keïtas unnachgiebige Haltung in den anstehenden Verhandlungen mit der MNLA dürfte ihm viele Stimmen aus dem Süden beschert haben.

Auch den Tuareg helfen

Der künftige Staatschef wird es in einem Land, dessen Infrastruktur nur wenige Kilometer über die Grenzen der Hauptstadt hinaus reicht, mit einer Vielzahl von Problemen zu tun bekommen. Zunächst muss er gewährleisten, dass Hilfe aus dem Ausland alle Landesteile erreicht und allen malischen Bürgern, auch den Tuareg-Nomaden im Norden, zugute kommt.

Es gibt nun zwar einen gewählten Präsidenten, doch allein durch diesen Umstand ist die staatliche Souveränität über das gesamte Staatsgebiet noch nicht wieder hergestellt. In der Region, das die MNLA zu kontrollieren behauptet, operieren mehrere bewaffnete Gruppierungen, von denen einige mit der al-Qaida in Verbindung stehen. Zudem muss mehr getan werden, um die Tuareg und ihre kulturelle Identität zu unterstützen, ohne die Lage der Frauen zu ignorieren oder die Übergangsjustiz zu opfern.

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Übersetzung Zilla Hofman
Geschrieben von

Editorial | The Guardian

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