Paris, 28. September 2019. Früher Nachmittag. Ganz Frankreich, so die Medien, betrauert den Tod eines ehemaligen Präsidenten. In Rouen qualmen die Reste einer hochgiftigen Chemiefabrik. Auf den Straßen der Hauptstadt demonstrieren zum 46. Mal Tausende Gelbwesten. Zur gleichen Zeit wird in der tropisch drapierten Location „La Palmeraie“ (15. Arrondissement) ein „Konvent der Rechten“ (Convention de la Droite) veranstaltet. Er kann prominente Teilnehmer vorweisen, darunter, mit den Worten des Moderators, der„Held einer ganzen Generation“: Eric Zemmour. Der große Applaus verrät die Erwartung des Publikums.
Vorwärts zu Karl Martell
Der asketisch wirkende Sechziger ist wahrlich kein guter Redner. Tief über sein Manuskript gebeugt, trägt er mit rauer Stimme seine Gedanken vor. Und doch lauschen die Zuhörer fasziniert, zum Teil auch verunsichert, Sätzen wie:
Unsere Progressisten haben uns den Krieg der Rassen und Religionen zurückgegeben. Sie haben Karl Martell und der Belagerung von Wien die Zukunft zurückgegeben.
Und:
Auf der Straße sind die verschleierten Frauen und die Männer in Djellaba eine Propaganda der Tat, so wie die Uniformen einer Besatzungsarmee die Besiegten an ihre Unterwerfung erinnern.
Und:
Alle unsere Probleme werden von der Immigration und dem Islam erschwert. Werden es die jungen Franzosen akzeptieren, als Minderheit auf der Erde ihrer Vorfahren zu leben? Wenn ja, dann verdienen sie ihre Kolonisierung, Wenn nicht, dann werden sie für ihre Befreiung kämpfen müssen!
Die Rede ist gespickt mit provokanten Formeln wie der „Vernichtung des heterosexuellen weißen katholischen Mannes“. Wie selbstverständlich bezieht er sich auf die Theorie des „Großen Austausches“. Und später werden sich alle einig sein: Noch nie ist Zemmour so weit gegangen,.
Die Nachrichtensender und Zeitungen berichten ausführlich über den Konvent, auch über die Buhrufe, die der Philosoph Enthoven ertragen musste. LCI (im Besitz des Industriellenfamilie Bouygues) überträgt die Reden Zemmours und Marion Maréchals, der Nichte Marine Le Pens, sogar live (auch sie spricht vom „Großen Austausch“). Offensichtlich bereiten (nicht nur) die Führungsetagen der Privatsender den Präsidentenwahlkampf 2022 vor. Man hat schließlich Erfahrung in der quotensichernden medialen Begleitung des große Duells Macron – Le Pen (oder Maréchal), des Kampfes von Licht und Schatten.
Die Karriere des Eric Zemmour ist phänomal. In regelmäßigen Abständen veröffentlicht er mit großem Erfolg dicke Wälzer über den Niedergang des „eigentlichen“ Frankreich, kommt wegen antimuslimischer Provokationen vor Gericht … und besetzt trotzdem weiterhin journalistische Schlüsselpositionen. Wenige Tage nach der letztinstanzlichen Bestätigung seiner Geldstrafe wegen Aufruf zum Religionshass wird publik, dass er demnächst eine tägliche Primetime-Sendung auf „Cnews“ (im Besitz des Milliardärs Bolloré) übernehmen wird. Jeden Abend eine Stunde Zemmour.
Der Historiker Gérard Noiriel, unter anderem Autor einer im Kontext der Gelbwesten viel beachteten „Histoire populaire de la France“ und scharfer Kritiker identitären Denkens, geht bezüglich Zemmours von einer frustrierenden Erfahrung aus:
So sehr man sich auch bemüht, Fakten und Beweise anzuführen, es ändert nichts. Polemiker wie Zemmour haben am Ende immer recht, auch wenn sie gegen jede Vernunft verstoßen.
Zemmour hat immer recht
Wie richtig diese Feststellung ist, zeigt eine Fernsehdebatte zwischen Zemmour und dem Historiker Patrick Weil im Oktober 2018, nach Erscheinen von Zemmours letztem Buch „Destin français“. Der Wissenschaftler hat gegen den alerten Journalisten nicht den Hauch einer Chance. Zemmour spielt virtuos und lustvoll den „Schüler“, der den „Herrn Professor“ korrigiert, versäumt kein Argument ad hominem („Sie waren ein Linker!“) und zwingt Weil in die Defensive. Er betont sein „Recht auf freie Interpretation“, welches ihm „bestimmte“ Historiker mit ihrer Doxa, stets den Immigranten zu dienen, verwehren würden. Dabei bedient er sich mehrfach der bewährten Methode der Inversion, mit linker Begrifflichkeit rechte Inhalte „an den Mann zu bringen“. Als professioneller Historiker holt Weil in seinen Ausführungen weit aus, spricht langsam und druckreif, wird von der Moderatorin zur Eile getrieben, um dann von Zemmour mit einem einfachen „Das ist falsch“ ausgeknockt zu werden. Wenn Fachhistoriker Zemmour seine zahlreichen Fehler vorhalten, laufen sie stets ins Leere. Zemmour hat halt immer recht.
Gérard Noiriel wählt eine andere Methode. Er vergleicht die „identitäre Grammatik“ Zemmours mit der Edouard Drumonts. Drumont, dessen 1886 erschienes Werk „La France juive“ den Beginn des modernen obsessiven Antisemitismus in Frankreich markiert, ist heute fast vergessen (in Deutschland ist er nahezu unbekannt). Dabei ist seine ideologiegeschichtliche Bedeutung enorm.
Die Aussagen dieses maßlosen antisemitischen Autors mit denen eines sephardischen Juden wie Zemmour zu vergleichen, scheint zunächst etwas fragwürdig und ist ebenso kompliziert wie die Methode der historischen Analogie. Die Ergebnisse, die Noiriel präsentiert, sind jedoch schlüssig.
Drumont und Zemmour im Kontext
Schon auf der biographischen Ebene gibt es trotz der Zeitdifferenz nicht wenige Parallelen: eine Kindheit in (sozial gemischten) Arbeitervierteln, der Aufstieg über die Schule, der Habitus des Klassenbesten, der aus sozialen Gründen kein akademisches Kapital erwerben kann (Drumont muss wegen der psychischen Krankheit seines Vaters sein Elitegymnasium verlassen, Zemmour vergeigt wegen schlechter Englischkenntnisse die Aufnahme in der Eliteanstalt ENA), eine krisenhaft erlebte Passage in der „Bohème“ (Drumont) oder der Werbeindustrie (Zemmour), die lebensgeschichtlich erworbene Pose des proletarischen „Rebellen“ gegen die Eliten.
Auch durch das Spiel des Zufalls machen beide Pamphletisten Karriere. Die Fortune Drumonts wird durch den katholisch-reaktionären Schriftsteller Alphonse Daudet „korrigiert“. Er promotet über den „Figaro“ den Wälzer „La France juive“. Der so begabte wie ehrgeizige Zemmour seinerseits schafft es ebenso schnell, sich in der journalistischen „Nahrungskette“ nach oben zu arbeiten.
Als Sozialhistoriker vermeidet Noiriel jedoch die „biographische Illusion“ (Bourdieu). Der Aufstieg Drumonts und Zemmours ist nur durch einen bestimmten Kontext verstehbar. Das Ende des 19. wie der Beginn des 21. Jahrhunderts begünstigen offensichtlich den Typus des Pamphletisten, der aus seinem Non-Konformismus symbolischen Profit zieht. Dem Literaturhistoriker Marc Angenot zufolge
setzt die „parole pamphlétaire“ eine solitäre, nicht mandatierte Person in Szene, die intellektuellen Mut beweist, indem sie ihre Wut über einen Skandal ausdrückt, die „Wahrheit“ gegen eine instititutionelle „Lüge“ setzt... Gerade der Bruch mit den sprachlichen und diskursiven Gewohnheiten gibt ihr subversives Potential. Mit den Mitteln der Invektive, der Gewaltstilisierung und derPolitisierung des Diskurses markieren den Bruch mit dem so konformistischen wie moralistischen akademischen Pol.
Die frühe Dritte Republik der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts ermöglicht den Aufstieg dieses Typus. Orientiert an den Idealen der Aufklärung garantiert sie die Pressefreiheit (das Gesetz gilt bis heute). Gleichzeitig findet eine kommunikative Revolution statt (materiell durch die Ausweitung des Eisenbahnnetzes und der Drucktechniken, auf der Rezeptionsebene durch das Verschwinden des Analphabetismus). Im Konkurrenzkampf um die Leser entwickeln die Zeitungen (oft mehr als eine Million Leser!) die bis heute herrschenden Techniken der Aufmerksamkeitsökonomie: ein „fait divers“ (schwer zu übersetzen, „ein aktuelles oft kriminelles Ereignis“) wird berichtet, dessen Protagonisten fast immer ein Aggressor, ein Opfer, ein Polizist oder ein Richter sind. Es sind diese Ereignisse, in denen sich die (schlimmen) Zeiten spiegeln. Jeden Tag werden die Leser mit neuen „Actualités“ gefüttert. Das Aufspüren der „faits divers“, vor allem der echten und falschen Skandale, bietet ehrgeizigen Außenseitern ein (zu Beginn schlecht bezahltes) Arbeitsfeld.
Drumont profitiert von der Gründung reaktionär-katholischer Zeitungen, Wirtschaftskrise und Bankencrashs. „Der Jude ist der Feind“. Mit diesem Slogan kehrt er die republikanische Devise „Der Klerikalismus ist der Feind“ (Gambetta) erfolgreich um. Sein obsessiver Antisemitismus findet im durch die Moderne verunsicherten katholischen Bürgertum ein rezeptionswilliges Terrain, das er ab 1891 mit seiner eigenen Zeitung „La Libre Parole“ mit dem Untertitel „Frankreich den Franzosen“ täglich beackert. Die Spezialität des Journals sind „Enthüllungen“ von Skandalen, hinter denen immer „die“ Juden stehen. Drumonts öffentlichen Auftritte sind spektakulär. Eine Gefängnisstrafe wegen Diffamierung (wegyen der Falschaussage, ein Abgeordneter sei von Rothschild finanziert worden) erhöht sein Prestige. Selbst seine Niederlage in einem Duell mit dem von ihm beleidigten monarchistischen Journalisten Édouard Meyer wendet der verletzte Drumont, indem er seinen Zeugen zuruft: „Sie werden erzählen können, Augenzeugen der Tötung eines Christen durch einen Juden gewesen zu sein!“ In der veröffentlichten Meinung erscheint er fortan als Opfer eines unfairen Juden, als jemand, der endlich die Wahrheit ausspricht und deswegen verfolgt wird.
Die stark polarisierende Dreyfus-Affäre ist eine Wende: zunächst steigen die Auflagen, scheint der Geheimnisverrat doch seine Thesen zu bestätigen, doch in der Folgezeit sinkt Drumonts Stern. Die Polarisierung von rechts und links, mit dem Gegensatz , Nationalismus versus Internationalismus/Sozialismus, drängt in der Vorkriegszeit die Drumontschen Methoden an den Rand. Drumont stirbt 1917, als ein Mann der Vergangenheit. Sein Antisemitismus ist allerdings längst im aggressiven Nationalismus aufgegangen. Nationalistische und antisemitische Denker wie Maurice Barrès und Charles Maurras sind von Drumont beeinflusst.
Auch Zemmour profitiert von einer strukturellen Krise Frankreichs. Seit Mitte der 80er Jahre, der berühmten berüchtigten Mitterandschen Wende, lässt die allmähliche Entfesselung des Finanzkapitalismus ganze Landstriche sozial erodieren. Die Arbeitslosigkeit (vor allem der jungen Generation) stagniert auf hohem Niveau. Wir erleben eine Zeit multipler Krisen: Krise der Arbeitswelt, der Gewerkschaften, der Parteiendemokratie, der Vorstädte, der Provinz und kürzlich: die „Krise der Gelbwesten“. Die Krise gebiert aber auch „Apokalyptiker“ wie Zemmour (die Gebildeten präferieren eher Finkielkraut).
So wie hundert Jahre zuvor die Republikaner die Presse befreiten (und damit auch den Reaktionären den Weg ebneten), ist es ausgerechnet (?) die sozialdemokratische Linke, die in den 8oern und 90ern die Medien vom Staat befreit (was angesichts der Bevormundung durch den Staatssender ORTF wirklich als Befreiung gesehen wird): „freie Radios“, aber auch private Fernsehsender (Canal+) werden lanciert.
Wie im Zeitungswesen des 19. Jahrhunderts bestimmt unerbittlicher Konkurrenzdruck die Privaten (und in ihrem Gefolge die Öffentlichen). „Und wieder produzieren dieselben Ursachen dieselben Effekte“ (Noiriel). Auf dem Menu stehen „People“, Skandal, Provokation, Polemik. Aus den „faits divers“ wird - mit den Worten Bourdieus – die „fait-diversion“... bis heute. Ein Jean-Marie Le Pen wird über die Sendung „Stunde der Wahrheit“ (France 2) bekannt – und als nützliche politische Vogelscheuche erkannt. Der verstärkten Wahrnehmung des Front national korrespondiert ein terminologischer Wandel: aus dem sozialo-kommunistischen „immigrierten Arbeiter“ wird der „Immigrierte“, zumeist konnotiert mit „dem Moslem“ (musulman auf Frz.). Im veröffentlichten Diskurs verdrängt die identitäre endgültig die soziale Frage. Was nicht öffentlich diskuriert wird, existiert nicht.
Dass ein Eric Zemmour ins Spiel kommt, ist also auch ökonomisch bedingt. Die Sender sind gezwungen, mit möglichst geringen Kosten eine maximale Zuseher- und hörerschaft zu erreichen. Zemmour ist für das Format „Debatte“ ein gutes Invest. 2003 wird er Chroniqueur auf I-Télé (Vorgänger von Cnews, seinem auch künftigen „Arbeitgeber“). In der täglichen „Diskussion“, heute sagt man „Décryptage“, mit seinem Kollegen Christophe Barbier (heute allgegenwärtig auf BFMTV) erklärt er dem Publikum seine rechte Sicht der Dinge (Barbier hat damals noch den Part des „Vernünftigen“). Für Noiriel ist dieses Sendeformat eine Art Wiederauflage des Duells des Fin de Siècle:
Da wir aber heute in einer friedfertigeren Gesellschaft leben, sind die Waffen nicht mehr Pistolen oder Säbel, sondern Beleidigungen.
Entsprechend werden die Sendungen als „Kampf“, „Match“ oder „Duell“ präsentiert. Mit dem Unterschied, dass im Verständnis der Hitzköpfe mit erfolgtem Duell ihre Ehre wieder hergestellt war. Im Zeitalter von Youtube bleiben die Beleidigungen und Bloßstellungen potentiell präsent. Verurteilungen trägt man wie Revolvermänner Narben auf dem Colt. Und die „Youtube“-Videos haben Titel wie „Zemmour zerstört X.“
Seine provokanten Thesen verwertet Zemmour zu Büchern. 2006 erscheint „Le Premier Sexe“ (in überdeutlicher Anlehnung an Beauvoir). Natürlich darf er in der Krawallsendung „Alle sprehen davon“ gegenüber seiner Kontrahentin Clémentine Autain (Feministin und heutige Abgeordnete der France insoumise) mal so richtig den Mann 'rauslassen. Mit erwartetem Erfolg. France 2 rekrutiert ihn langfristig. Auch in den eher rechten Audio- und Printmedien kann man Zemmour kaum entgehen. Verzichtet ein Sender wegen seiner muslimfeindlichen Provokationen auf seine Dienste, wird er gar verurteilt (und damit viktimisiert), bekommt er Angebote von Konkurrenzsendern … und auch der Front national sendet Signale an den potentiellen Politiker. Dass RTL nach seinem Auftritt in der Palmeraye auf seine Dienste verzichtet, wird ihn kaum anfechten. Er kommt vielleicht wieder... irgendwann.
Identitäre Grammatik, Antisemitismus und Islamophobie
Drumont und Zemmour reproduzieren das reaktionäre Geschichtsbild eines personifizierten Frankreich. Immer wieder malen sie das Bild eines kranken, sterbenden oder gar toten Vaterlandes, und wenn es manchmal schief gerät: Frankreich (im Frz. weiblich) ist der kranke Mann Europas (Zemmour), so ruft es doch die historischen Minimalkenntnisse des Publikums ab („der kranke Mann am Bospurus“). Drumont und Zemmour sind „Meister“ im Aufspüren der gefährlichen, die Abwehrkräfte schwächenden Erreger, die „Fremden“ von außen und der „Parteigänger des Auslands/der Fremden“ („étranger“ hat beide Bedeutungen).
Beide kämpfen gegen die „Prinzipien von 89“, gegen die Aufklärung. Für Zemmour ist Voltaire „der Vater von Generationen von Zerstörern, „Dekonstrukteuren“, Nihilisten, unersättliche Liebhaber des reinen Tisches“. Der folgende Satz Drumonts könnte wortgleich von Zemmour geschrieben sein:
Die nicht zu leugnende Erschlaffung der französischen Intelligenz, die Verweichlichung, die sich für einen vagen Sympathismus ausdrückt, die ganze Welt zu lieben, führt uns zur Selbstverachtung.
Seit Jahrhunderten ist das „eigentliche“ Frankreich diesen Zerstörungskräften ausgesetzt. Die französische Familie wird durch jüdische Politiker mittels Scheidungsrecht destruiert (Drumont) oder durch die „homosexuelle Lobby“ (Zemmour und – mit ähnlichen Worten – Drumont). Oft werden werden diese Behauptungen mit scheinbar antikapitalistischen Worten vorgetragen:
Das Schwulenpatriarchat gründet in der Finanzmacht der großen Unternehmer und der hohen Funktionäre (Zemmour).
Homophobie ist – natürlich – mit Anti-Feminismus verbunden. Drumont „weiß“:
In Zeiten der Dekadenz, so hat man festgestellt, steigt die Frau auf, während der Mann sinkt.
Auch hier werden „Schuldige“ benannt. Feindinnen Frankreichs sind – nach den Erkenntnissen Zemmours - zum Beispiel: Catharina di Medici (angeblich protestantenfreundlich), die Pompadour (pro-österreicisch), Madame de Staël (pro-deutsch) und natürlich Simone de Beauvoir (feministisch) und Simone Weil (pro-Abtreibung französischen Lebens)
Beide spielen souverän die Möglichkeiten des Dekadenztheorems aus. Auffallend ist ihre Vornamen-Obsession. Drumont zitiert geradezu genüßlich jüdische Namen. Zemmour bedauert wortreich den Verfall der guten alten katholischen Namen. Die Täter sind die Hugenotten (biblische Vornamen), die Revolutionäre (römische Vornamen) und heutzutage die Immigranten (afrikanische, arabische Namen). Und die Schuldigen sind die leichtgläubigen, toleranten Eliten.
Die Matrix bedarf jedoch eines Todfeindes. Gleich am Anfang der „France juive“ kommt Drumont zu seiner Sache:
Taine (antirevolutionärer Meisterdenker der Zeit) hat die „jakobinische Eroberung“ beschrieben. Ich will die jüdische Eroberung beschreiben. Der einzige, der von der Revolution profitiert hat, ist der Jude. Alles kommt vom Juden. Alles geht zum Juden zurück. Es ist eine wirkliche Eroberung, die Versklavung einer ganzen Nation durch eine kleine Minderheit...
Wenig später:
Unter dem jüdischen Druck hat sich das alte Frankreich aufgelöst. Aus dem liebevollen Volk ist ein hasserfülltes Volk geworden, hungrig nach Gold wird es bald vor Hunger sterben... Aber man schweigt über den Anteil, den der jüdische Eroberer an der schmerzhaften Agonie einer großzügigen Nation hat, man schweigt über das Eindringen eines Fremdkörpers in den Organismus... Es ist schwierig, das latente Werk des Juden zu analysieren.
Die schwierige „Analyse“ unternimmt Drumont in zwei Bänden auf 1200 Seiten. Seine „Beweise“: angebliche wissenschaftliche Untersuchungen, Statistiken, politische Skandale, „faits divers“, bei denen der Hintermann immer „der“ Jude ist. Immer wieder „belegt“ er, dass die die jüdischen Franzosen nur „Français de papier“ sind. Gegenüber den Mitgliedern der „Nation in der Nation“ („die“, „sie“) sind die anderen Franzosen („wir“) zu nachsichtig. Ein „fait divers“ wird sogleich Anlass zu einer Verallgemeinerung:
Ein Jude stört eine Beerdigung. Niemals hat auch nur ein Katholik in den letzten Jahrhunderten eine solche Attacke geführt. In der großzügen und großen Seele des Ariers ist die Toleranz eine natürliche Tugend.
130 Jahre später. Noiriel glaubt nicht, dass Zemmour Drumont gelesen hat. Umso frappierender sind die Ähnlichkeiten. Auch Zemmour spricht von Invasion, Eroberung und Besatzung. Der Feind ist nicht mehr „der“ Jude, sondern „der“ Moslem. Wie Drumont begibt er sich in den riesigen Steinbruch der Geschichte. Die Araber konnten nach der Zerstörung des Imperium romanum nur durch Helden wie Karl Martel (der im identitären Pantheon eine besondere Rolle spielt) aufgehalten werden. Was auch immer die Historiker behaupten: Es ist ein Glück, dass Papst Urban II. zum Kreuzzug aufgerufen hat. Natürlich sind es für Zemmour vor allem die tapferen Franzosen, die diesem Aufruf folgen. Erst die vorgebliche Großzügigkeit, die Toleranz der „Stammfranzosen“ hat schließlich die Dämme geöffnet. Er kritisiert den von ihm ansonsten verehrten Charles de Gaulle, der mit der Aufgabe Algeriens den „Großen Austausch“ einleitete. Des Generals Nachfolger seien zu schwächlich gewesen, um die Familienzusammenführung noch aufzuhalten. Zemmour erinnert an jakobinsche Pläne, die Vendée nach dem „Génocide vendéen“ mit Sans-Culotten zu bevölkern, was ihn zu einer typisch zemmourianischen Inversion eines 68er Spruches animiert: „Wir sind alle Katholiken der Vendée“. Und in der Diktion Drumonts schreibt er:
Schon morgen werden die jungen Leute ihre Frauen in dem „Ursprungsbled“ ihrer Eltern suchen, um nicht die uralte endogamische Kette der Vetternehe zu brechen. Damit wird sich die Einwanderung selbst vergrößern, über die administrativen Rahmen hinaus. Sie wird Masse, Verwurzelung und Volk produzieren. Ein Volk im Volk. Ein Volk, das sich immer mehr vom Ursprungsvolk entfernt, ein „afrikanisches Lager“, immer feindlicher gegen ein überflutetes „teures und altes“ Volk, das zum Rückzug gezwungen wird.
Was bleibt, ist die Apokalypse. Zemmour erwartet ein dunkles Frankreich zwischen Eurodisney und Moscheen. Drumont präsentiert in seiner Prophezeiung ein Muster der antisemitischen Inversion von Kapitalismuskritik.
Vor Ablauf eines Jahrhunderts werden sie (die Juden) die Herren dieses glänzenden Paris sein, durch das sie sich wie Schatten schlängeln. In la Vilette werden die Halphen-Werke stehen, wo dreitausend christliche Arbeiter sich ohne Pause der Arbeit unterwerfen, in der erstickenden Atmosphäre von 50 Grad, von Stockhieben angetrieben wie die Pyramidenbauer. Sie werden mit 40 Jahren Blut spucken, damit dieser Mann ein wenig mehr Gold besitzt.
Für beide Autoren ist es also höchste Zeit, zu „erwachen“. Drumont:
Wenn er (der Arier) erwacht, versteht er alles, greift zum Schwert und schlägt zu. Dem Semiten, der ihn ausbeutete, ausplünderte und belog, fügt er schreckliche Strafen zu. Und der Semit … wird im Nebel verschwinden, sich in sein Loch zurückziehen, um einige Jahrhunderte später wieder zu beginnen...
Auch Zemmour fordert – in bewusster Wortwahl - die „Libération“. Und manchmal präsentiert er konkrete Vorschläge, so am 17. November 2015 auf RTL:
Anstatt Racca zu bombardieren, sollte man Molenbeek bombardieren. Von dort sind die Kommandos am Freitag, den 13. schließlich gekommen.
Faschismus und Demokratie
Der Vorschlag ist nicht wörtlich zu nehmen. Zemmour möchte halt nur provozieren. Nicht nur die oben erwähnte Rede spricht dafür. Seine Position im Medienfeld gibt ihm eine gewisse Macht, mit Zweideutigkeiten zu spielen. Und wenn er es doch ernst meint? Wie groß ist die Gefahr, dass Zemmours Ideen politische Taten werden? Ist die Demokratie der Fünften Republik nicht stark genug, dies zu verhindern? Im Moment zumindest haut sie ganz schön auf ihre Kritiker ein. Der Philosoph Michaël Foessel hat die Presse und die programmatischen Regierungstexte des Jahres 1938 analysiert. Die Ergebnisse sind beunruhigend. Die Schwäche der parlamentarischen Demokratien gegenüber dem Faschismus (innen und außen) war eine politisch herbeigeführte Schwächung:
1938 ist das Jahr der systematischen Gesetzesdekrete (das Äquivalent unserer Ordonnancen) durch die Regierung, der massiven Repression der Streiks, einer immer feindlicheren Ausländerpolitik und der Wahl Charles Maurras (Meisterdenker der extremen Rechten) in die Akademie française.
Foessel beschreibt das herrschende Meinungsklima von 1938:
Ein Jahr, in dem alles unternommen wird, um die Franzosen zu überzeugen, dass sie künftig, und für lange Zeit, „post festum“ leben müssen (d.h., die Errungenschaften des Front populaire von 1936 „müssen“ abgebaut werden). Der obsessive Imperativ, „Frankreich wieder an die Arbeit zu bringen“, hat alle Vorstellungen einer mit irgendeiner Form von Glück verbundenen Politik zerstört. Die Arbeit für die Arbeit, die Nation für die Nation, das Budget für das Budget oder Frankreich für Frankreich, so lauten die Formeln, abstrakt und hohl zwar, aber profitabel für eine sehr kleine Gruppe.
Es waren die Demokraten der Dritten Republik, die auf undemokratische Weise das „Große Debakel“ von 1940 und die Installation des Vichy-Régimes ermöglichten. Und auch heute ist die Gefahr, dass eine im weiten Sinne faschistische Regierung 2022 die autoritäre Gouvernance Macrons fortsetzt, nicht mehr undenkbar. Das Terrain ist bearbeitet. Die Europawahlen haben es gezeigt.
Und Zemmour darf seine Rolle spielen. Er hat demnächst einen täglichen Fernsehauftritt zur besten Sendezeit. Die Youtube-Videos werden ihn multiplizieren. Er wird Unentschlossenen zumindest eine Orientierung geben. Nach rechts. Im Interview auf BFMTV gibt er dem RN mit Marine Le Pen keine Chance gegen Macron, wohl aber einer „Union nationale“ mit Marion Maréchal, der traditionellen Rechten und der gaullistischen Linken. Der Auftritt in der Palmeraie ist damit als Initiiation zu verstehen. Dort gab er sich sehr „pessimistisch“. Ein strategischer Pessimismus?
Die Zemmourschen Auftritte sind offensichtlich nicht zu verhindern. Die „Société du spectacle“ braucht ihn aus ökonomischen und politischen Gründen. Die sozialen Netze tragen sein „Gift“ (Noirel) weiter, wie das Beispiel Alain Soral zeigt. Widerlegungen und Aufzeigen der Irrtümer Zemmours sind wichtig, laufen aber Gefahr zu verpuffen oder den Ideologen zu viktimisieren (die Beispiele Soral und Dieudonné sprechen für sich). Sie bleiben auch an der Oberfläche. Rorty folgend, schlägt Noiriel vor, mit den Regeln der identitären Grammatik zu „spielen“, die Menschen erfahren zu lassen, dass „die da“ genauso viel vom „wir“ haben, wie „wir“ von „ihnen“. . Das klingt abstrakt. Es gibt aber konkrete Erfahrungen, zum Beispiel Ansätze gemeinsamer Aktionen von Gelbwesten und dem „Comité Adama“ aus der Banlieue parisienne. Die soziale „Identität“ kann dabei die identitäre Grammatik verändern, etwa im Kampf der Arbeiter („wir gemeinsam“) gegen die Patrons („die Ausbeuter“), der zur Zeit Drumonts eine wichtige Rolle bei der Integration der „immigrierten Arbeiter“ spielte.
Im Grunde geht es um den Ersetzung des oft lähmenden Kommunitarismus durch die Renaissance der sozialen Frage. Damit kritisiert Noiriel explizit den unnachgiebigen Kommunitarismus von Gruppen wie „les Indigènes de la République“, was ihm wiederum Kritik von einigen Linken eingebracht hat. Dass aber ein Zemmour (wie andere Rassisten und Fremdenfeinde) vom militanten Kommunitarismus lebt, ist evident. Dass macht wiederum die Volte, die Macron mit seiner neuerlichen „Entdeckung“ angeblich gewichtiger Immigrationsprobleme unternimmt, umso gefährlicher. Um Noiriel und Foessel wieder aufzunehmen: der Kampf gegen Hetzer wie Zemmour ist nur erfolgreich, wenn er gleichzeitig vehement für die Weiterentwicklung der alten Ideale von 1789 und (!) 1793 geführt wird. Eine Sechste Republik ist überfällig.
Marc Angenot, La Parole pamphlétaire. Paris 1982 (Payot)
Pascal Durand/Sarah Sindaco (éd.), Le discours néo-réactionnaire. Paris 2015 (CNRS Editions)
Edouard Drumont, La France juive. Paris 1886 u. 1889 (galica.fr.)
Michael Foessel, Récidive.1938. Paris 2019 (puf)
Gérard Noiriel, Histoire populaire de la France, Paris 2018 (La découverte)
ders., Le veinin dans la plume, Paris 2019 (La d´couverte)
Eric Zemmour, Le suicide francais, Paris 2014 (Albin Michel)
ders., Destin francais, Paris 2018 (Albin Michel)
Kommentare 50
Danke, wie immer informativ und ermutigend engagiert.
Danke, wie immer informativ und ermutigend engagiert.
Leider konnte ich nicht mehr den klugen, aber auch kritiserbaren Artikel von Natacha Polony in "Marianne" v. 7.10. einarbeiten. Kurze Auszüge:
"Eric Zemmour verwirft den Islamismus nicht im Namen der Freiheit, sondern im Namen einer Religion (i.e. der Katholizismus), der genau so total wäre."
"Die Ideen E. Z's bekämpft man nicht durch Diabolisierung, sondern durch die präszise Analyse ihre ideologischen Substrats."
Und (sicher diskussionswürdig):
"Der Kampf gelingt nicht durch Wohlwollen gegenüber dem Kommunitarismus, wie ihn "Le Monde" besingt, sondern durch die Verteidigung der Laizität, der Integration und der republikanischen Werte, die sowohl E.Z. als auch die Islamisten und ihre Komplizen zurückweisen. Es ist schon eine merkwürdige Methode dieses Apokalyptikers, den einzigen Wall anzugreifen, der uns vor dem schützt, was er zu fürchten vorgibt."
Kurzer Kommentar: Selbst bei einer so klugen Journalistin wie Polonyi werden gewisse Grenzen deutlich. Der Kampf gegen Faschismus (in erster Linie!) und Islamismus ist vor allem ein sozialer, und erst dann ein ideologischer. Vom reaktionären Bild des Walls mal abgesehen.
Gerne gelesen. Danke für den Beitrag und das Update.
Der Sieg Karl Martells war eine fragwürdige Sache. Als Muslime hätten die Germanen die Welt erobert.
Das Zitat kommt mir irgendwie bekannt vor.
"Es wirkt langsam komisch, dass die Linksorientierten immer häufiger Rechte, Faschisten und Antisemiten thematisieren. Bekommen die nicht schon genug Beachtung und damit angeblich Bedeutung durch die Hofierung der konservativen Elite, bzw. deren Medien, deren Notnagel, Buhmann und "Markenartikel" - alles gleichzeitig - sie offensichtlich sind?"
Aber genau das, iDog, versuche ich darzustellen. Der ganze Prozess bekommt im Moment, auch angeschoben durch die Macronie, einen neuen Schub. Das ist äußerst gefährlich. Darum auch der Hinweis auf 1938.
Ansonsten beobachte ich ziemlich erfreut die zarten Blüten der "Convergeance des luttes". Die Besetzung des Einkaufszentrums "Italie 2" war ein voller Erfolg: Extinction Rebellion, Gilets jaunes, Comité Adama, viele Studenten, Schüler, Lehrer, alle bereit zum Widerstand, ratlose Flics...
Zum "totalitären, jakobinischen, kriegerischen Linken": Ich finde die Parlamentsrede Mélenchons zur Immigration sehr gut, wenn man sie mit den anderen Deputierten vergleicht. Das republikanistische Pathos mag stören (mich zum Beispiel), aber er ist nun mal so. Es gibt nicht wenige, die das mögen.
Hitlers wirre Ansichten finden leider fortwährend neue Anhänger. Old Grinzkuntz träumt wohl, wenn die Faschisten Muslime gewesen wären, hätte Old Adolf bei Stalingrad gesiegt und heute gehörte ihnen nicht nur Deutschland sondern die ganze Welt.
Die Belesenen unter den rechten Flügelstürmern machen sich manchmal zum Schenkelklopfen den Spaß, mit einem extraabsichtlich schlecht getarnten Zitat von Hitler zu provozieren. Zemmour geht analog vor, mit anderen Referenzen. Sehr gerne wendet er Sprüche von Marx oder den 68ern auf die linken Republikaner an: "Wir sind alle Katholiken der Vendée".
Was soll man von einem intellektuellen Polemiker halten, der, mit Alain Finkelkraut, nicht einmal "Lily", das enigmatische Chanson Pierre Perrets zur Immigration, als Stoff für das "Bac" ("Abi") erträgt und vor etwa einem Jahr seiner Landsfrau Hapsatou Sy von Angesicht zu Angesicht während eines TV- Talks ins Gesicht schleuderte, ihre Mutter hätte ihr besser einen französischen Vornamen gegeben?
Später verschärfte er seine Aussage noch: << C’est votre prénom qui est une insulte à la France. La France n’est pas une terre vierge. C’est une terre avec une histoire, avec un passé. Et les prénoms incarnent l’histoire de la France.>>
Zemmours Vorgehen ist notorisch und daher will er auch eine neue, ganz alte, nationale Geschichtsschreibung, die besonders den weißen Franzosen wieder entdeckt, den es letztlich nie gegeben hat, nie geben konnte, sowenig es bei uns die Germanen gab.
Man kann diesem Herren, er agiert, betrachtet man das psychologische Grundmuster, nicht anders als so mancher alte weiße Herr hierzulande und in Webforen, nicht mit Sach- und Fachwissen beikommen, weil seine Welt angefüllt ist mit Illusionen ("Arier", "Germanen", "Franken"). Wer aber, will seine Illusionen verlieren?
War Zemmour aber je anders, 2014, 2018, 2019? Im Grunde argumentiert er seit den frühen 2000er Jahren nach dem gleichen Muster.
Gegen den allgemeinen Angriff von Rechts, der sich nun organisiert, hilft letztlich nur ein breites Bündnis, bei dem die Linke nicht führt, höchstens mitmachen kann, weil sie zu schwach ist und längst nicht mehr die Massen erreicht, die ihr einst einmal vertrauten. Da wird man, wohl oder übel, mit der "Macronie" inoffizielle und unausgesprochene Friedensverträge abschließen müssen, um das blonde Gift von Rechts abzuwehren.
Zemmours unerträgliche Auftritte hatten aber auch aktuell gute Folgen. Bei RTL, Sie schrieben es, sowie einigen anderen (Print-)Medien, darunter auch Le Figaro, wird er so schnell nicht wieder im Rampenlicht stehen oder Platz eingeräumt erhalten, selbst gestaltend tätig zu sein.
Zum Schluss dieser Betrachtung kommt mir noch ein Gedanke: Die meisten Katholiken Frankreichs, jene die die Kirche verteten, jene die sich bekennen, jene die gar politische Macht ausüben, wirken doch weniger steril, als dieser von Visionen getriebene mediale Mönch.
« Discriminer, c'est choisir, c'est sélectionner. Discriminer, c'est la liberté de travailler avec qui on veut. Ce n'est pas une injustice, ce n'est pas un délit (...). Les patrons ont le droit de refuser d'embaucher des noirs ou des arabes. », erklärte Zemmour 2010.
Solche Aussagen werden nicht besser oder wahrer dadurch, dass gerade in den USA, vor dem Supreme Court, diese Frage für das wichtigste Land der Erde neu entschieden wird: Haben Arbeitgeber das Recht, nach der Verfassung des freiesten und (selbst)gerechtesten Landes der Erde, Arbeitnehmer bezüglich deren sexueller Präferenz abzulehnen oder zu kündigen? - Man sieht, wie weit die Reaktion fortgeschritten ist. Mehr als ein Dutzend Staaten der USA und die Trump- Regierung bejahen das und werden es vor Gericht verteidigen.
Beste Grüße und Dank für den aufschlussreichen Artikel, der auch zurückführt in die Zeit von Drumont und seinem großen Gegenspieler Zola, in der, mit bis zu fünfmal täglich Presse und Pamphleten, die Saat des Populismus besonders viele vergiftete Früchte in den modernen Gesellschaften hervorbrachte, die heute wieder austreiben, obwohl man sie für endgültig vertrocknet hielt
Christoph Leusch
Finkielkraut, nicht Finkelkraut. C.L.
++ ... um dann von Zemmour mit einem einfachen „Das ist falsch“ ausgeknockt zu werden. Wenn Fachhistoriker Zemmour seine zahlreichen Fehler vorhalten, laufen sie stets ins Leere. Zemmour hat halt immer recht. "++
Das kommt mir sehr bekannt vor auch in anderen Debatten. Ansonsten sehr informativ. Aber es ist auch wirklich so, dass die Liebe zum Detail und zur ausführlichen Begründung und Herleitung den Bach runtergehen. Die sozialen Medien sind ein Teil des Problems dabei.
„Zum Schluss dieser Betrachtung kommt mir noch ein Gedanke: Die meisten Katholiken Frankreichs, jene die die Kirche vertreten, jene die sich bekennen, jene die gar politische Macht ausüben, wirken doch weniger steril, als dieser von Visionen getriebene mediale Mönch.“ D’accord. Doch sollte man diese Faschisten nicht beim Namen nennen?Von „Mönch“ kann bei diesem/n Demagogen keine Rede sein. Der Katholizismus, auch wenn hier zur Zeit ein spannender und spannungsreicher Kampf um die Rolle der Frau und den Zölibat abläuft, hat mit populistischen, rassistischen insbesondere migrationsfeindlichen Anschauungen nicht, aber auch gar nichts mehr zu tun. Selbst in der Frauenfrage ist der im 21. Jahrhundert angekommene Katholizismus nicht so reaktionär wie dieser Idiot Zemmour. Ich muss das hier noch nicht einmal mehr ausführen. Was Rom zum rechten, faschistoiden Populismus in Italien und anderswo sagt, ist schnell abrufbar.Das Jesuitenflüchtlingswerk zum Beispiel leistet auf Malta resp. im Mittelmeerraum wie weltweit Großes- lange vor Rackete et al (was deren Leistung nicht schmälert).Hapsatou Sy: In dem Fall finde ich die Haltung des Senders, für den Sy arbeitete, skandalös. Sy hat daraufhin nicht nur eine sehr erfolgreiche Online-Petition mit Unterschriften von Hunderttausenden gesammelt, sonder ihren eigenen Sender gegründet. Überhaupt ist Zemmour incl. der Zeitung, für die er seit Jahren schreibt, ein beredetes Beispiel dafür, wie sehr reaktionäres insbesondere fremden- und frauenfeindliche Denke im Bürgertum verwurzelt ist. Übrigens, kaum verwunderlich, wenn man sich mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt hat, wenn man neuere Entwicklungen beobachtet auch: das Abdriften der NZZ, die Journalistenlastigkeit der AfD….PS: Schreibt, kolumnisiert der nicht mehr für den Figaro?LG am
Vorab, es jüdische Rezeptionen Über Zemmour, die diesen alt aussehen lässt resp. sich von ihm distanzieren!
Das Geschwafel Zemmours über das „Französische Schicksal, „Frankreichs Suizid“- Abstieg, Niedergang, Untergang- ist wirklich grotesk und erinnert an Oswald Spengler insbesondere die Schriften „Jahre der Entscheidung. Erster Teil. Deutschland und die weltgeschichtliche Entwicklung“ und „Preußen und der Sozialismus“, in denen sich der Autor u.a. in die Welt Philipp II von Spaniens, eines Militärs mit berittenen Kavallerie zurückschwadroniert, allerdings Nazis für widerlich hält, nicht nur weil die fortschrittswillig waren.
Ich frage mich angesichts der Rhetorik Zemmours warum Wissenschaftler lächerlicherweise glauben, mit Zemmour ernsthaft diskutieren zu können, wo sie nach solchen Diskussionen einfach nur blöd dastehen, ihm aber nicht nur eine Plattform geliefert sondern durch ihre Reputation auch intellektuelle Bedeutung zugemessen haben. Für diese Schüsse ins eigene Knie habe ich kein Verständnis. Was steckt dahinter?
Interessant finde ich die Parallele, der identitären >>Grammatik“ Zemmours mit der Edouard Drumonts. Drumont, dessen 1886 erschienes Werk „La France juive“<< . In seinem Werk „Vom Vorurteil bis zur Vernichtung. Der Antisemitismus 1770-1933. bezeichnet t der Historiker Jacob Katz das Jahr 1879 für „ein Wendejahr in der jüdischen Geschichte unserer Zeit: jetzt beginnt der Antisemitismus“. Als beredtes Zeichen nennt er das Auftreten des Hofpredigers Adolf Stoeker als antisemitischen Agitator und die Veröffentlichung einer zuvorderst von Vorurteilen geprägten Analyse des „jüdischen Problems“ in den Preußischen Jahrbüchern. Beide Ereignisse im Oktober und November, die eng im Zusammenhang mit der Reichsgründung und einer in Aussicht gestellten neuen Verfassung mit einer Reformulierung (Säkularisierung) von Religion stehen, erstaunten die Öffentlichkeit und riefen von da an breite antijüdische Aktivitäten hervor. An die Spitze der „Bewegung“, die als „“Berliner Bewegung“ in die Annalen eingegangen ist und „Bewegung“ als antijüdische Einstellung und Aktivität etablierte, stellte sich mit politischen und sozialen Aktionen eben dieser Protestant Stoecker. Katholische gegen die Moderne gerichtete Zeitschriften folgten. Allerdings so richtig hoffärtig machte dann Theodor Mommsen 1879 mit seiner Antwort auf Treitschke den wuchernden Antisemitismus in akademischen Kreisen.
Nun das Ganze reizt zu ausufernden Ausführung (für die Zemmour ja auch steht), eben weil Zemmour zu jenen gehört, die inzwischen die Gutintegrieten, die migrantischen Erfolgsgeschichten ins Visier genommen hat. Doch passt diese Parallele mit dem 19. Jahrhundert noch. Wo sind die Kontinuitäten? Für Zemmour bestehen die, da er „Vichy“ leugnet. Auf diesem Hintergrund ist auch sein und seiner faschistoiden Mitstreiter Angriff auf ein Justizsystem zu sehen, das etabliert und installiert wurde nach dem 2. Weltkrieg und Auschwitz, um die Bürger vor einem antidemokratischen, antiliberalen und letztendlich menschenunwürdigen Staat zu schützen.
PS: Mal wieder ein Danke für diesen Blog. am
!!! die Veröffentlichung einer zuvorderst von Vorurteilen geprägten Analyse des „jüdischen Problems" des istorikers und politischen Publizisten Heinrich von Treitschke
Ein Erklärungsansatz für die - im Vergleich zur Bundesrepublik - breiten Akzeptanz der Zemmour-Thesen in der frz. Bevölkerung ist die Kontinuität des "Roman national" (mit seinen Gründungsmythen der III. Republik 1871-1940). Das "Wir die Gallier" scheint im nationalen Kleinhirn verankert, auch wenn sehr viele eher spielerisch oder gar sozialkritisch damit umgehen. Seit langem identifiziert sich die Rechte mit diesem Abendlandretter Karl Martell (über den die Quellen nicht sehr viel hergeben), mit Johanna, Bonaparte etc. Noch in den 80er Jahren waren sie Schulbuchhelden. Noch (oder gerade?) heute lieben viele die Fernsehserien aus der Kammerdienerhistorie von Stéphane Bern ("Sécrets d'histoire"), für den Geschichte noch immer die Geschichte der großen Männer und schönen Frauen ist und das historische Erbe Frankreichs aus trutzigen Burgen und edlen Schlössern besteht, frei nach dem Motto: "Ehre den Palästen und Verachtung den Hütten".
Angesichts dieser majestätischen Ewigkeit können die Revolutionäre, vor allem die bösen Jakobiner und Kommunarden, die Feministinnen und Kommunisten nur als Zerstörer des bewährten alten "lieblichen Frankreich" interpretiert werden. Das Volk soll arbeiten und bewundern. Punkt. Und natürlich stolz auf die Nation sein. Zum Glück will das Volk, der große Lümmel (Heine) oft etwas anderes.
Das Unerträgliche ist, dass der scharfe Zemmour (eher Le Pen-affin) und der sanfte Bern (eher Macronist) sich ihre kulturelle Hegemonie (in bestimmten Gruppen der Bevölkerung) mit nicht wenigen gleichgesinnten Kollegen teilen, die mit den Mitteln der "Debatte" ( in offen gezeigter unfairer Unausgewogenheit gegen alles Kritische, was man aber doch zum Abwatschen braucht) jeden Ansatz radikaler Veränderung abwürgen können. Typische Beispiele solcher "Debatten": "Geht den Gelbwesten der Atem aus?" oder "Ist Mélenchon noch präsidiabel?" oder "Was bringt uns die Reform der Renten?". "Ist Zemmour zu weit gegangen?" "Greifen die Arbeitsreformen?" Im Vergleich zu dieser Propagandakunst ist die deutsche Talkshow ein Salon der Aufklärung. Übrigens gibt es immer Debattenteilnehmer aus dem Umfeld des RN.
Danke für die Kommentare.
Zum Beispiel für den Hinweis auf den kontextuellen Zusammenhang der Drumont &Co. mit den deutschen Antisemiten, die übrigens in der "France juive" (1886) zuweilen zustimmend zitiert werden. Auch wenn für die frz. Antisemiten Deutschland ein Feind, und die Juden die Agenten des Kaisers waren.
Dass Zemmours historische Spekulationen an Spengler erinnern, ist ebenfalls wohl kein Zufall. Es ergibt sich aus den ideologischen Prämissen. Auch hier die Pose des durch keinen Einwand zu erschütternden Wissenden des Laufs der Dinge. Spenglianer würden jetzt auf das unerreichte Niveau ihres Meisters hinweisen. Vielleicht wäre historische Quellenarbeit angesagter. Zemmour beschränkt sich in der Regel auf konservative Historiker, gerne aus früheren Jahrzehnten, gerne auch aus dem Umfeld der Action francaise (Bainville).
Seine Relativierung Vichys und Rechtfertigung Pétains sehe ich auch als Folge seiner Ideologeme. Der Schatten muss weg gewischt werden. Glücklicherweise sind die Fakten dank der von ihm angegriffenen sozial- und ideologiekritischen Historiographie so bekannt, dass ihm sein "Recht auf eine freie Interpretation" (noch) nicht hilft. Aber die Geschichte geht weiter. Die Macronie zeigt sich als genuin rechte Bewegung (im frz. Sinn), wirtschaftsliberal und unerbittlich autoritär. Der Präsident himself bezeichnete Pétain als "guten Soldaten". Und die Errungenschaften der Conseil national de la Résistance werden (sind es zum Teil) peu à peu abgebaut.
Viele hoffen auf die große "Convergence des luttes". Denn es ist deutlich: Der Kampf gegen den Faschismus (in seiner zeitgemäßen Form) gelingt nur über den Widerstand gegen die neoliberalen Reformen der Bewegung, die ihr Gründer "la République en marche" nannte. Und der gestern bei der nationalen Ehrung der vier ermordeten Polizisten glaubte, sagen zu müssen:
"Lehrer, Beamte, Ärzte, Ehrenamtliche sind an den sensibelsten Orten der Republik vereint, um vor der Radikaliserung zu warnen, sie zu detektieren und gegen sie zu handeln... Die ganze Nation muss sich einig sein, sich mobilisieren, handeln... Dieser unterirdische Islamismus (Drumont sprach vom "unterirdischen Judentum", ww), der die Kinder Frankreichs korrumpiert, erfordert eine Gesellschaft der Wachsamkeit..."
Nachdem ich einiges von Zemmour gelesen habe, bin ich mir sicher, dass der Spengler und Calr Schmidt gelesen hat. Die wörtlichen Parallelen sind zu deutlich.
„Die Macronie zeigt sich als genuin rechte Bewegung (im frz. Sinn), wirtschaftsliberal und unerbittlich autoritär. Der Präsident himself bezeichnete Pétain als "guten Soldaten". Und die Errungenschaften der Conseil national de la Résistance werden (sind es zum Teil) peu à peu abgebaut.“, stellen Sie fest.
Als ich Ihren Blog las, gingen mir als erste Gedanken Jacob William Rees-Mogg und das Johnson Kabinett durch den Kopf. Letzter wird ja gerne als Clown verschrieen. Doch wenn man sich mit Rees Mogg beschäftig, was ich in den letzten Wochen getan habe incl. stundenlangen Zuhörens und Schauens der Debatten im Britischen Unterhaus, dann wurde mir insbesondere durch den reaktionären., gerade auch in seinem das 2. Vatikanische Konzil leugnenden Katholizismus resp.die Demokratie und ihre Institutionen verhöhnenden Reden des "Katholiken" Rees-Mogg klar, was diese City Boys (das sind sie ja bis auf Ausnahmen alle) vorhaben. „Britain First“ war übrigens ein Slogan von Oswald Mosley. Mich wundert, dass die Britische Presse Johnson und andere nicht wegen der Nähe zu diesem ekelhaften adligen Faschisten jagen. Den kriegsjargon haben sie ja schon drauf.
"Als Muslime hätten die Germanen die Welt erobert." ???????
"Mönch", Anne Mohnen, schrieb ich wegen meiner Savonarola- Assoziation. Es gibt da so ein Profil- Portrait des schwarzen Mönchs, von Fra Bartolomeo, das ich einst im Klostermuseum San Marco betrachten konnte. "Medialer Mönch", "medialer Armageddon- Mönch", wäre vielleicht noch passender.
Zemmour versprüht so eine heilige Erwecktheit, einen heiligen Eifer. Man könnte auch schreiben, eine Besessenheit. Er verkörpert diesen untergründigen, nie endenden Hass, auf emanzipierte Frauen, dann auf Fremde aller Art und jeden Geschlechts, besonders jene, die erkennbare Merkmale zeigen, die sich nicht assimilieren lassen. Auch Hass, gegen eine reiche Kultur und Kunst, die gerade in Frankreich gar nicht mehr monoform aus seiner alten Nationalgeschichte, vor und kurz nach Charlemange abzuleiten ist.
Bitte bedenken Sie, dass Zemmour, wie andere Rechte auch, die Benimm-, Aussehens- und Kulturregeln definieren möchte, die sich mit der Staatsbürgerschaft bei unserem Nachbarn aber gar nicht verbinden lassen.
Die Verfassung der Grand Nation kennt seine Regeln und die der Rechten nicht! Was bei uns im GG Art. 1 als "Würde" geschützt ist, das sichert Frankreich auch zu. - Diese verfasste, zivilisierte Kultur hat Zemmour nun mehrfach geschändet.
Selbst den RedakteurInnen des Figaro wurde das nun zu viel. Ob letztlich die Eigentümer und Herausgeber dieser Zeitung dem Appell der Redaktion folgen, wird man noch sehen. - Das heißt übrigens nicht, dass der Polemiker und Hetzer aus den Medien verschwindet, als Gast, als Stimmungsmacher, als nun schon länger offen rechter Polemiker. Als Journalist, wird er wohl nicht mehr gelten dürfen.
Sehr richtig ist, dass die katholische Kirche Frankreichs, aber auch die anderen großen Glaubensgemeinschaften, sich klar und deutlich, im Sinne der Verfassung, gegen Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und übertriebenen Anpassungszwang aussprachen. Das Toleranz und Akzeptanzversprechen lebt, unter den Sündern und Sünderinnen, die das Kreuz schlagen und wirklich fromm sind.
Die katholische Kirche Frankreichs hat zwar selbst andere Baustellen (Gleichstellung der Geschlechter, Anerkennung von LGBTQ++) und grauenhafte Misstände (sexueller Missbrauch) aufzuklären, aber in dieser nationalen Frage, wer nun Franzose, wer Europäer sein darf, ist sie franzöischer als mancher Franzose, der heute RN wählt oder eben Gestalten wie Zemmour amüsiert und bestätigend folgt.
Interessant ist übrigens, dass regelmäßig rechte Männer die massiven Grenzüberschreitungen begehen. Da kommen weder Marine noch Marion mit.
Die große Frage für die Linke lautet jedoch, wie sie den Rechtsruck, in einem, wie Deutschland, in vielen Teilen strukturkonservativen Land, abwenden will.
Wie es gewiss nicht geht, weil dem auch die Frranzosen die man als Mehrheit dafür braucht, nicht folgen werden: Man setzt, in einem Aufwasch, Macron und die "Macronie" zu den Rechten ins Boot, um dann gegen alle zusammen Front zu machen. Zum Beispiel durch die Übertreibung, Macron hätte Pétain ausschließlich geehrt, indem er ihn als guten Soldaten bezeichnete und zugleich, ein paar Sätze weiter, das wurde aber nicht von den Großhistorikern der Linken aufgespießt, ihn als kriminellen Politiker einschätzte.
Wer da nicht differenziert, der hat nicht nur die kommenden Wahlen schon verloren, bevor sie stattfanden, sondern bewässert, (un)freiwillig (?), das Feld der Rechten.
Beste Grüße
Christoph Leusch
zu „Mönch“: Unter dem Einfluss von Halle war meinen Tasten etwas schnell.;)
In o.g. Schriften geriert sich z.B. Spengler auch in der Tonlage des Mönches quasi zurückgebeamt ins Zeitalter Philipp II von Spanien. „Zemmour versprüht so eine heilige Erwecktheit, einen heiligen Eifer. Man könnte auch schreiben, eine Besessenheit.“ Ja ein auf Überwindung des modernen, demokratischen Rechtsstaates abhebendes Sendungsbewußtsein, eingebettet z.B. in „Destin français. Quand l´Histoire se venge“ in einen Rundumschlag in wüster französischer Geschichtsaufarbeitung: Chlodwig der Held, Voltaire Vorbild aller Nihilisten, Talleyrand Verräter Napoleons und Frankreichs, de Gaulle Nato-Vasal usw.. Die Elite: Richter, der Rechtsstaat. Kampfansage an die Aufklärung incl. Frauenemanzipation, sein Geschrei gegen „68“ nicht zu überlesen ist. An die Stelle von Antisemitismus treten Islamophobie, Hass auf das System incl. Der Institutionen, die “Aufstieg“ ermöglichen. (Was ja gerne in der Berichterstattung über die Banlieue vergessen wird, dass derzeit unter den Migranten Frankreichs eben jene mit nordafrikanischen Wurzeln statistisch den Hauptanteil an Aufsteigern stellen.)
Frankreich hat viele Baustellen: dazu gehört auch das Verhältnis zu den Religionen- ein anderer Blog.
Die Katholische Kirche Frankreichs ist in einer katastrophalen Lage – Imageschaden im Umgang mit Missbrauch, Priestermangel-, wozu inzwischen auch die Kirchenschändigungen gehören. Anderer Blog!
Zu Macron: den nenne ich nicht in einem Atemzug mit den Rechten- auf einen Fall! Allerding sollte nicht vergessen werden, dass der Neoliberale Macron als das kleiner Übel gewählt wurde...
LG am
zu „Mönch“: Unter dem Einfluss von Halle war meinen Tasten etwas schnell.;)
In o.g. Schriften geriert sich z.B. Spengler auch in der Tonlage des Mönches quasi zurückgebeamt ins Zeitalter Philipp II von Spanien. „Zemmour versprüht so eine heilige Erwecktheit, einen heiligen Eifer. Man könnte auch schreiben, eine Besessenheit.“ Ja ein auf Überwindung des modernen, demokratischen Rechtsstaates abhebendes Sendungsbewußtsein, eingebettet z.B. in „Destin français. Quand l´Histoire se venge“ in einen Rundumschlag in wüster französischer Geschichtsaufarbeitung: Chlodwig der Held, Voltaire Vorbild aller Nihilisten, Talleyrand Verräter Napoleons und Frankreichs, de Gaulle Nato-Vasal usw.. Die Elite: Richter, der Rechtsstaat. Kampfansage an die Aufklärung incl. Frauenemanzipation, sein Geschrei gegen „68“ nicht zu überlesen ist. An die Stelle von Antisemitismus treten Islamophobie, Hass auf das System incl. Der Institutionen, die “Aufstieg“ ermöglichen. (Was ja gerne in der Berichterstattung über die Banlieue vergessen wird, dass derzeit unter den Migranten Frankreichs eben jene mit nordafrikanischen Wurzeln statistisch den Hauptanteil an Aufsteigern stellen.)
Frankreich hat viele Baustellen: dazu gehört auch das Verhältnis zu den Religionen- ein anderer Blog.
Die Katholische Kirche Frankreichs ist in einer katastrophalen Lage – Imageschaden im Umgang mit Missbrauch, Priestermangel-, wozu inzwischen auch die Kirchenschändigungen gehören. Anderer Blog!
Zu Macron: den nenne ich nicht in einem Atemzug mit den Rechten- auf einen Fall! Allerding sollte nicht vergessen werden, dass der Neoliberale Macron als das kleiner Übel gewählt wurde...
LG am
sorry, für die Fehler: die Institutionen etc.... habe ausversehend auf "beantworten" gedrückt.... :(
Wie es gewiss nicht geht, weil dem auch die Frranzosen die man als Mehrheit dafür braucht, nicht folgen werden: Man setzt, in einem Aufwasch, Macron und die "Macronie" zu den Rechten ins Boot, um dann gegen alle zusammen Front zu machen. Zum Beispiel durch die Übertreibung, Macron hätte Pétain ausschließlich geehrt, indem er ihn als guten Soldaten bezeichnete und zugleich, ein paar Sätze weiter, das wurde aber nicht von den Großhistorikern der Linken aufgespießt, ihn als kriminellen Politiker einschätzte.
Wer da nicht differenziert, der hat nicht nur die kommenden Wahlen schon verloren, bevor sie stattfanden, sondern bewässert, (un)freiwillig (?), das Feld der Rechten."
Nein, Columbus. "Man" setzt nicht Macron zu den Rechtsextremen ins Boot, es ist Macron, der in radikalisierter Fortsetzung der Politik seiner Vorgänger viele Menschen ins Boot des RN treibt (und noch mehr in die Wahlenthaltung). Der Präsident ist ein Vertreter des "permanenten Elektoralismus". Seine Methode ist simpel, mehrfach mit Erfolg getestet (und treibt politische Gegner fast in den Wahnsinn): Gegen die Populisten von rechts helfen nur die "Progressisten" der Mitte (vor allem der traditionellen Rechten). Wer Macron nicht wählt, wählt Le Pen. Als er 2002 haushoch gegen Le Pen im zweiten Wahlgang siegte, zeigte Chirac immerhin eine gewisse Scham. Macron scheint diese Stärke nicht zu besitzen.
Aber zum Maréchal, dem "guten Soldaten". Was sagte Macron auf seiner Gedenktour 2018? Ich versuche so wörtlich wie möglich zu übersetzen:
"Auch Marschall Pétain war im Ersten Weltkrieg ein großer Soldat. Voilà. Das ist eine Wirklichkeit unseres Vaterlandes. Es ist auch so ("C'est aussi que...", typisches Macronspeech), dass das politische Leben ebenso wie die menschliche Natur manchmal komplexer sind als man glauben möchte. Man kann ein großer Soldat während des Ersten Weltkriegs sein und verhängnisvolle Entscheidungen während des Zweiten getroffen haben (avoir conduit à des choix funestes pendant la Deuxième".
Macron wörtlich zu übersetzen, scheint mir beim letzten Halbsatz schwierig: "choix" verweist auf bewusste verantwortungsvolle Wahl unter mehreren Möglichkeiten, "funestes" kann auch "katastrophal", "tragisch"...eher selten "kriminell" bedeuten (hier wohl kaum). Wie auch immer. Dass Macron Pétain als "kriminellen Politiker einschätzt", wie Sie schreiben, scheint mir sehr sehr wohlwollend interpretiert.
Und so haben ihn die Nachkommen von Zigtausenden Opfern des Rif-Krieges, darunter zahlreiche Zivilisten, auch nicht verstanden. Ab 1925 befehligte Pétain die französischen Truppen, die im Verbund mit den spanischen Soldaten des Diktators Rivera die Republik des Rif (geführt von Abd el-Krim) zerstörten, unter massivem Einsatz von Senfgas. Pétain war noch nicht einmal zu Verhandlungen bereit. Ein "guter Soldat" kämpft halt bis zum Ende ... des Gegners.
Aber, lieber Columbus, ich kann mir kaum vorstellen, dass nach all dem sozialen Kahlschlag, der Klassenverachtung des Präsidenten und der brutalen Repression von Gelbwesten, Gewerkschaftlern und mittlerweile sogar von braven Klimademonstranten Ihr Macronbild nicht einige Risse bekommen hat. In nicht wenigen Rathäusern haben junge Leute das Bild einfach abgenommen.
Nun, ich kann zwar nicht alle Aufmerksamkeit den lieben Nachbarn widmen, aber es ist leicht zu beweisen, wie klar Macron Pétains Rolle als Staatschef und Politiker einschätzt: https://www.youtube.com/watch?time_continue=76&v=eryhBMs8NMA. Auch dessen Antisemitismus ist ihm bekannt und wird von ihm öffentlich angesprochen. - Nur gesendet und beschrieben wird das weniger häufig, weil man es nicht skandalisieren kann.
Wenn die Linke, die Sozialisten und die Kommunisten, die sich noch Sozialisten nannten, vor 1914 mit ihrer Idee des Internationalismus, des Pazifismus und des Antiimperialismus politisch gewonnen hätten, wäre dieser ganze Erste Weltkrieg unmöglich gewesen. Aber Jaurès und andere, z.B. auch die "Zimmerwalder" blieben in der Minderheit und weitestgehend erfolglos. - Ich könnte auch schreiben, Pazifisten, Antiimperialisten und Internationalisten sind Dadaisten. Sie haben Recht, bekommen es aber nicht, weil ihnen nicht gefolgt wird. - Warum das so ist, gilt es zu ergründen und daraus die passenden Schlüsse zu ziehen.
Es kann auch keine historische Frage mehr sein, dass sich diese Katastrophe der Linken, auf viel massivere und brutalere Art, in Spanien und recht eigentlich in fast ganz Europa, vor dem Zweiten Weltkrieg wiederholte. Und klar ist auch, dass daran die Uneinigkeit unter Linken, ja der Hass, z.B. auf die Anarchisten, und der verheerende Einfluss des Leninismus- Stalinismus auf die Internationale, ihren großen Anteil hatten.
Die Linke treibt sich immer wieder selbst in den Wahnsinn, Wwalkie, der mit (politischer) Vereinsamung und Ohnmacht verknüpft ist, weil sie sich sonst eingestehen müsste, dass nicht sie, mit einer immer besseren Politik und noch viel besseren Polemik, den RN und die Sippe Le Pen aufgehalten hat, sondern der neoliberale und zutiefst bürgerliche, katholische Macron, mit La République en Marche.
Nun muss man beständig jedes Wort Macrons und seiner Minister umdrehen und kommt doch nicht in die Rolle des politischen Opponenten von Gewicht. Diese Rolle besetzen die Rechten, und sie drohen damit Erfolg zu haben.
Wie ich in einem eigenen Blog- Artikel für Brasilien beschrieb, sammeln die auch die besseren, pardon, die erfolgreicheren Polekmiker und Hassredner ein. Ob Linke da mithalten können, wage ich zu bezweifeln.
Der nächste politische Kampf in Frankreich wird, wie bei uns, wie fast überall in Europa, in der Mitte gewonnen oder verloren. In Portugal könnten Linke lernen, was man der entscheidenden Mitte anbieten muss- "anbieten" ist ja etwas, was Linken, aber zum Beispiel auch mir, schwerfällt- um politisch erfolgreich zu sein. - Das ist nicht immer schön und auch viel weniger sozial, als gedacht.
Wie sähe der Horror erst aus, wenn die künftige Präsidentin der Republik, mehr oder weniger jung, blond und eloquent, jedes Jahr einen Kranz am separierten Grab Pétains ablegte, ihn persönlich ehrte, während die "faulen" Migranten außer Landes getrieben würden, um für "Franzosen" Platz zu machen, während die "Érics" eine ganz andere Art Assimilations- und Bildungspolitik, eine andere Medienpolitik umsetzten, die auch ohne Geschichtswissenschaft, aber bestimmt nicht ohne polemische Propaganda auskäme?
Beste Grüße
Christoph Leusch
So sehe ich das auch. Macron ist für mich ein viel kleineres Übel, innenpolitisch. Bezogen auf die EU, ist er ein Idealist und Vordenker, auch der Solidarität in (finanz)ökonomischen Fragen, dem es aber sehr ähnlich ergeht, wie den historischen Linken, im Bezug auf Pazifismus, Internationalismus, Antiimperialismus und Antikolonialismus. Man lässt ihn, allerdings immer freundlich umarmt, politisch verhungern (Besonders geschickt von Merkel und ihren SPD- Mitstreitern betrieben. Sogar mit verteilten Rollen).
Beste Grüße
Christoph Leusch
Die Linke treibt sich immer wieder selbst in den Wahnsinn, ...
Es spricht nichts gegen Kritik, inklusive Selbstkritik (wobei die linke Bandbreite ja meist ziemlich ungenau definiert und von daher auch nicht leicht zu treffen ist). Aber Ihre, Columbus', Liebe zum Europaretter Macron ist selbst ein Teil des "Wahnsinns", oder weniger dramatisch formuliert, Teil linker Irrungen.
Zur Selbstkritik gehört es auch, die eigenen Pflichten und die eigenen Grenzen zu definieren - mit wem man sich im konkreten Fall verbünden kann oder muss, ist frühestens die nächste Frage. Und wenn man definiert, was ist, dann wird man zugeben müssen, dass man als Linker - einer politischen Richtung mit sehr begrenzten ökonomischen Mitteln - nicht die ganze Scheiße auffangen kann, die den Menschen von Mitte & Rechts in die Schädel geblasen wird. Durch Selbstüberforderung, durch idealistische Ansprüche, die an Größenwahn grenzen, macht die Linke sich auch nicht interessanter für Wählerinnen und Wähler, oder allgemein für Unterstützung aus der Basis.
Es ist den Rechten und Mittigen - sie gehören so gesehen untrennbar zusammen - immer wieder gelungen, linke Ideen kämen entweder vom Weihnachtsmann oder vom stalinistischen Gottseibeiuns, und jedes Übel sei kleiner als das linke.
Soll heißen: die Abwägung zwischen Macron und Le Pen ist ideologisch ein interessantes Gedankenspiel, im Ringen um Einfluss aber kaum von Belang.
Ich wünsche uns Linken vor allem mehr Selbstbewusstsein und eine bessere Fähigkeit, Unterschiede auszuhalten und Schnittmengen zu suchen.
Aber vor allem: nach Kräften zu sagen, was Phase ist, anstatt sich politische Barbie-Kens (wieso muss ich jetzt schon wieder an Tony Blair denken?) zu erkiesen.
Glück auf.
"Nachdem ich einiges von Zemmour gelesen habe, bin ich mir sicher, dass der Spengler und Calr Schmidt gelesen hat. Die wörtlichen Parallelen sind zu deutlich."
Soll man das glauben, wenn Sie zwei Spenglersche Werke nennen, zwischen denen 14 Jahre liegen, in der falschen Reihenfolge, und einen der beiden Titel allenfalls vage ahnen? "Preußen und der Sozialismus"...
Außerdem ist der trotz seiner thomistischen Idiotien und seiner mafiösen Päderastisierung und Linkspolitisierung hier so gescholtene Katholizismus trotzdem das einzige Band, dass die europäischen Rechten einander nicht als nationalistische Feinde, sondern als christliche Brüder in einer Art Ordensgeist verbindet. Nationalismus ohne supranationale Seele heißt politisches gegeneinander und, wenn die Pax Americana irgendwann weg sein sollte - Konflikt und Krieg.
Insofern ist die ganze preußische antimediterrane AfD-Richtung tatsächlich dumm, wenn sie vergleichbaren Formationen wie dem Front National von außen die Daumen drückt, weil sie mit diesen nach dem Tag, an beide gesiegt haben, nichts verbindet und "Europa" ist dann allenfalls noch geographische Nachbarschaft.
Eine national-sozialistische Formation wie der Front National ist als Leitpartei von Frankreichs Rechten im Grunde absurd und überhaupt nur dadurch zu erklären, dass die Gaullisten in den Sog des Geldes, politisch: des Liberalismus, geraten sind und unter Sarkozy als schäbig-käufliche Lobbyistenpartei verendeten.
Wenn man den Front National von links kritisieren will, dann nicht, weil er illiberal ist (als links-liberaler hat man schon verloren, nichts stirbt politisch schneller), sondern weil er aufgrund seiner, im Wortsinne, "Un-Katholizität" (was ich nicht theologisch meine), antieuropäisch ist. Der Gründer hatte auf der Rechten nicht Salazar oder so Euro-Konservativ-Mandarinhaftes vor Augen, sondern bewunderte Nazideutschland. Was in der Tat unfranzösisch ist.
Die Frage ist letztlich, ob solche Figuren wie Macron mit seiner milliardärsvernutteten Plastikpartei oder die untoten Resterampen von Sozialisten und Gaullisten nicht noch unfranzösischer sind und die Wette, dass der Wähler das früher oder später mit ja beantwortet, geht man täglich leichter ein.
"Soll man das glauben, wenn Sie zwei Spenglersche Werke nennen, zwischen denen 14 Jahre liegen, in der falschen Reihenfolge, und einen der beiden Titel allenfalls vage ahnen? "Preußen und der Sozialismus"..."
Geht's noch! Ich habe nicht nur diese beiden Schriften von Spengler gelesen, wobei die Reihenfolge, in der ich sie nenne völlig unerheblich ist.
"Außerdem ist der trotz seiner thomistischen Idiotien und seiner mafiösen Päderastisierung und Linkspolitisierung hier so gescholtene Katholizismus trotzdem das einzige Band, dass die europäischen Rechten einander nicht als nationalistische Feinde, sondern als christliche Brüder in einer Art Ordensgeist verbindet" Sind Sie ein Witzbold oder ich Sie eine "rechten Vogel" nenen?
Das von Ihnen eingestellte Video beginnt mit dem Text, den ich zum großen Teil übersetzt habe (auch, indem ich die Schwierigkeiten mit der typischen "Flouidité" des Enarquen Macron beschrieb). Der Rest der Aussagen wurde einige Stunden später aufgenommen. Da war der "gute" Marschall schon in den Brunnen gefallen und hätte fast den Chef mit hinutergezogen. Es handelt sich um ein gequältes mit einem seltsamen kurzen Lachen verbundenem Zurückrudern, d.h., in der auch wieder typischen Als-ob-Korrektur seiner früheren Aussage. Als manchmal aufmerksamer Leser Zemmours kommt mir das bekannt vor. Hängen blieb das (geplante?) Lob des "großen Soldaten", was man ja wohl noch oder wieder sagen darf, n'est-ce pas? Aber ersparen wir uns die Wort-für-Wort-Exegese und die Rezeptionsgeschichte des " bon" mots. Kostet zu viel Zeit.
Ansonsten bin ich manchmal echt erstaunt über Ihren Glauben an das Wahrhaftige der Kommunikationsabteilung der marschierenden Republikaner und ihrer Filialen in den Medien, an die blauen Augen, die nicht lügen können, an die tiefe Humanität Castaners, die gelingende ökologische Transition, das zutiefst humanitäre Eingreifen in Mali und im Tchad, die große Gerechtigkeit der Steuergeschenke an die Superreichen, das hohe Europäertum von Madame Goulard (die als Europabgeordnete für diesen Gefanken 300000 Dollars von einem selbstlosen Thinktank bekommen hat, wofür Macron nun wirklich nichts kann, denn sie war in einer anderen zentristischen Partei), an die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Ordnung ("Repression ist ein Wort, das ich nicht mag", Macron), an die Privatisierung von Bahn, Flughäfen, Autobahnen, selbst die Nationalstraßen stehen angeblich im Angebot, Krankenhäusern, die ökonomische Notwendigkeit der Aushöhlung der Arbeitsrechte etc.etc. Ich könnte Seiten füllen!
Und trotzdem, so wird diesseits des Rheins gesagt, jann nur Macron Le Pen verhindern. Der echte Antifa ist also Macron-Fan. Jenseits des großen Stromes wissen aber immer mehr Menschen: Le Pen ist die Lebensversicherung Macrons. Und umgekehrt, Darum ist der Kampf gegen Le Pen gleichzeitig auch der Kampf gegen Macron. Und umgekehrt.
oder darf ich Sie einen "(r)echten Vogel" nennen, Gritzold? M
So schnell kann es gehen. Gerade erwähne ich sie als schlechtes Beispiel , da erfahre ich, dass Sylvie Goulard mit ihrer Kandidatur als EU-Kommissarin durchgefallen ist, wohl aus unterschiedlichen Gründen, aber auch wegen unerträglicher Arroganz (auch ihres Vorschlägers): 82 Nein-, 29 Ja-Stimmen (die eigene Fraktion).
Goulard kehr zurück an die Banque de France, zu ihrem Mindesteinkommen von 230.000 Euro. Was für ein Wertverlust!
Nee, Sie verstehen das alles ganz falsch, Frau Mohnen. Grinsekuntz ist ein rechter Linksversteher, der ganz furchtbar darunter leidet, dass die Linke nicht einfach nach rechts marschiert und damit schön und erfolgreich wird.
Mit diesem Anliegen ist er schon seit den Kreuzzügen unterwegs, im Namen der Wahrheit und der Liebe (oder umgekehrt, wobei Er allein weiß, wie viele Jahre zwischen beiden liegen).
Nun ja. Und M. le Président versteht das nicht, hat aber so seine Vermutungen ("ressentiments").
Und als progressiver parlamentarischer Demokrat sagte er dieses:
"Ich verstehe nicht, wie es sein kann, dass, wenn die ernannte Präsidentin der Commission mit den drei Gruppenpräsidenten spricht und sie sich in einer bestimmten Sache einig werden, das Ganze sich so entwickeln kann."
Aber er hat ja noch einen anderen Kandidaten im Ärmel.
Ich finde vor allem seine Unterstellungen interessant - "Ressentiments", "Kleinlichkeiten". Das Parlament war nicht kleinlich; es musste nach den Zumutungen der letzten Wochen (Scheiß auf Spitzenkandidaten) dringend mal die Hand heben und sagen, "wir sind auch noch da".
Sonst geht in fünf Jahren keine Sau mehr zur Wahl.
Darum habe ich ja mein Video so ausgesucht,Wwalkie. Da kann jeder Macrons gesprochene Einschätzung Pétains, als "Komplize" von Verbrechen, nachhören.
Macron und seine "Bewegung" fällten schon einige Fehlentscheidungen, in der Innenpolitik und in der Wirtschaftspolitik. Aber der Präsident ließ sich auf harte Diskussionen, auch auf der Straße ein, tauchte nicht weg und korrigierte zum Teil seine Politik.
Vor allem der bei uns undenkbare direkte Diskurs (serh viel Zeit und Nerven kostend), in Versammlungen, in Werkshallen, auf der Straße, gegen heftigste Anwürfe ist lobenswert (Man kann sich ja einmal Emmanuel Macron à Charleville-Mézières ansehen, um den Unterschied, z.B. zu Merkel, Scholz oder anderen Politikern dieses Kalibers zu begreifen).
Fehler werden auch weiterhin nicht ausbleiben. Trotzdem ist er die stärkste, nicht rechte oder rechtskonservative Kraft in Frankreich. Bei der EU- Wahl zeigte sich jedoch auch die völlig Unattraktivität der Linken und der Gelben Westen!
Jetzt, im langen Vorlauf zur Wahl 2022, für die sich die Rechte derzeit breiter aufstellt und auch medial wirksame Persönlichkeiten einsammelt, zeigt sich auf der Linken keine Persönlichkeit, als aussichtsreiche Opposition.
Macron hat gegenwärtig vielleicht ~30 % der Wählenden auf seiner Seite und die hartnäckigen rechten Gegner bringen es auf die gleiche Prozentzahl, vielleicht sogar ein wenig mehr, treten die mit Marion oder Marine an. Die Linke, als Protest, als politische Kraft oder Bewegung, hat bisher kaum eine Chance.
Was soll man sagen? Die Rechte und Macron verstehen wohl doch noch mehr vom politischen Populismus, den uns Chantal Mouffe nahelegt. Ich bin vielleicht weniger gläubig, bezüglich Macrons, als Sie sich denken, aber vielleicht auch ein wenig realistischer in der Einschätzung dessen, um was es 2022 in Frankreich gehen wird.
Ihren Halbsatz, dass der RN und die "Sippe" die "Lebensversicherung" Macrons sind, teile ich. Nur umgekehrt wird da kein Schuh draus, weil es gilt konservative, liberale und vorwiegend bürgerliche Stimmen zu gewinnen, um zu gewinnen. Das linke Spektrum müsste bereit sein Kompromisse einzugehen, um für viel mehr Wähler attraktiv zu werden. Protest allein nutzt nicht.
Dazu kann man auch einmal die knappe Analyse Frau Rhodes in "Le vent se leve" lesen, die sehr gut herausarbeitet, wie die Rechte sich zur Mitte hin verbreitert, um endlich zu gewinnen. Nebenbei geht sie auch auf die Linke ein:
<<Sous le regard bienveillant du patronat et des officines libérales, Marion Maréchal bâtit petit à petit les fondations d’un projet d’unification des droites qui pourrait siphonner jusque dans l’électorat de La République en marche. De l’autre côté du spectre politique, les querelles intestines persistent en dépit du dialogue entamé lors du Festival des idées ou à l’occasion du projet de référendum ADP. Déchirée de toute part, la gauche est aujourd’hui incapable de fédérer pour faire face à la menace qui s’annonce. Il reste deux ans pour faire maison commune et construire une alternative face à celle qui pourrait devenir la première femme à exercer la fonction suprême de l’État.>> - Einsammeln ist angesagt und das gilt besonders für die ominöse Mitte. Da findet das Ringen statt und der Linken läuft die Zeit davon.
Beste Grüße
Christoph Leusch
:-))))))) Konfuzigrinsekunzifutzi
Ich sehe das ein wenig anders, JR´s China Blog.
Linkes Denken und Handeln, auch eine linke moralische oder ethische Einstellung, sollte sich in Herzen und Hirnen jener verbreiten, die eben nicht links sind. Sich selbst kann man immer zulabern und befriedigen, mit dem eigenen besten Wort, der schönsten Argumentation, der besten Dialektik, der umfassendsten historischen Analyse, der Erinnerung an meine/unsere "Helden und Heldinnen" der Geschichte und Kultur (Jaurès, Weil, Kessel,...).
Um das zu erreichen, wenn man selbst und allein nicht attraktiv genug ist, neben aller intellektuellen Überlegenheit; um Mehrheiten zu gewinnen, sollte man sich Bündnispartner in und aus der großen Mitte suchen, die zumindest nicht nach Rechts und ins Autoritäre, in eine ganz andere Staatlichkeit und eben wieder in die Welt des 19. Jahrhunderts hineinführen wollen.
Es gilt also Katholiken und Liberale, Linkszentristen und viele apolitische Menschen zu gewinnen und nicht im eigenen Saft weiter dahinzubrutzeln, bis das feine eigene Politiksteak oder der entsprechende Grünkernbratling verkohlt ist.
Schon die Wahlssyteme und die erwiesene, "angeborene" Konservativität der bürgerlich und wirtschaftlich durchgeprägten Gesellschaften gebieten das, auch in GB.
Corbyn hat nur wirklich gute Chancen, gegen den wilden Boris und dessen Schatten Farage, wenn er und seine Partei Bündnisse mit LibDems und der SNP eingeht, wenn man sich bezüglich der aussichtsreichsten Wahlkreiskandidaten abspricht, sich gegenseitig verspricht, nach der Wahl zusammenzuarbeiten.
In jedem Kreis, Sie wissen das ja, gewinnt die relative Mehrheit und die holt, trotz arger Verluste, im Zweifel immer noch ein strunzkonservativer und neoliberal gesinnter Tory, während sich die anderen Parteien den Rest teilen und damit auch die Erfolglosigkeit.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Ja, wenn man seine bisherigen Nicks mal zusammen täte, ergäbe sich daraus vermutlich ein fantastischer Künstlername. An die meisten davon kann ich mich aber kaum noch erinnern. Nur seine Vorstellung, er habe etwas mit Konfuzius zu tun, fand ich so albern, dass ich das nie vergessen habe. Bessere Leute würden sich erst einmal klar machen, welche Ansprüche so eine Flagge an sie selbst stellt.
Ich sehe das ein wenig anders, JR´s China Blog.
Was genau sehen Sie anders, Columbus? Das wird mir aus Ihrem Kommentar nicht klar - eine detailliertere Darstellung würde vielleicht helfen.
"Rechte und Mittige" gehören nicht zusammen. En Marche ist nicht RN. Usw.
Grüße
Christoph Leusch
Vorschlag, Columbus: Zitieren Sie meine von Ihnen beanstandeten Sätze, und gehen Sie dann auf sie ein. Ich werde nicht versuchen, Ihnen eine Methode vorzuschreiben, aber so, wie Sie es jetzt anfangen, investiere ich keine Zeit in eine Diskussion.
... stellten sich alle modernen Feministinnen hinter die muslimischen Straftäter
Können Sie das belegen?
Seit MeToo wissen wir, dass moderne Feministinnen auch den Rechtsstaat und Justiz abschaffen wollen.
Generalverdacht gegen Männer ist natürlich schlimm, aber Feministinnen sind halt alles Schweine, nicht wahr.
Sie Narr.
Unwichtig, aber leicht zu verbessern, solange dieser wichtige Blogartikel noch Interesse findet:
In den Anmerkungen, "ders., Destin francais, Paris 2014 (Albin Michel)"
"Destin français" erschien 2018.
Dieses Essay- Pamphlet Zemmours, dürfte also noch leicht erreichbar sein, wenn man darauf steht oder sich damit schwarzärgern möchte.
Christoph Leusch
Danke, Columbus. Ist korrigiert.
Und Zemmour hält, was man (wer und warum auch immer) sich von ihm verspricht. In seiner Sendung vom 23. Oktober erklärt er seinem diesmaligen "Sparringspartner" (Marianne):
"Was ich sagen will: Als der General Bugeaud in Algerien eintrifft, beginnt er damit, die Moslems zu massakrieren, ja sogar bestimmte Juden. Und heute bin auf der Seite des Generals Burgeaud. Das bedeutet es, Franzose zu sein."
Kurze Information.
Heute ist Zemmour von einem Pariser Gericht zur Zahlung von 10.000 Euro wegen "öffentlicher Herabwürdigung und Provokation zum Hass" in seiner Rede am 28.9 19 verurteilt worden.
Auch wenn er und seine "politische und mediale Familie" versuchen werden, dieses Urteil zu "kapitalisieren", wird es für simplere antimuslimsche Rassisten hoffentlich abschreckend wirken. Auch die REM wird aufs Grobe verzichten ,müssen.
Ein Jahr später. Ein Jahr vor der Präsidentenwahl.
Wenn ein Gerücht sich bewahrheitet, sagt man gern: Das war doch schon lange klar. Und doch überrascht es, wenn ein Eric Zemmour sich zum Kandidaten erklärt. Zumindest sind alle wichtigen Vertreter der politischen Klasse und ihre medialen Lautsprecher davon überzeugt. Zemmour wird antreten. Das wiederum überrascht mich, denn reale Chancen hat er keine. Um in die zweite Wahl zu gelangen, müsste er sich deutlich von Marine Le Pen unterscheiden, um ihr einen großen Teil Wähler abzunehmen. Auch wenn ein Teil der traditionellen Rechte, die momentan führerlos dahintrudelt, ihm folgen könnte, käme er vielleicht auf 10 Prozent (so die oft fragwürdigen Umfragen). Das ist für ihn zu wenig, für Le Pen zu viel. Es geht ihm wohl darum, das Terrain für eine Präsidentin Marion Maréchal (Le Pen) zu beackern.
Wie auch immer. Die Kandidatur wäre ein Ereignis. Die Karten würden neu gemischt. Wenn die politische Lebensversicherung Macrons (der zweite Wahlgang mit Le Pen) geknackt würde, ergäbe sich der vor sich hindümpelnden Linken (der echten) plötzlich eine Chance, eine kleine, aber immerhin. Ein Rassist als objektiver Helfer der Linken? Das nennt man dann wohl Dialektik.
Es wird wieder spannend.
Wenn die politische Lebensversicherung Macrons (der zweite Wahlgang mit Le Pen) geknackt würde, ...
Eine Chance bietet das freilich nur, wenn die Linke nach einem Wahlsieg nicht weiterdümpelt. Danke fürs Update!