Kohleausstieg: RWE verpasst sich grünen Anstrich und macht weiter fett Kohle

Meinung Der Energiekonzern RWE hat angekündigt, 2030 aus der Kohle auszusteigen und den fossilen Brennstoff nicht mehr zu fördern. Trotzdem wird der Konzern viel mehr CO₂ ausstoßen, als die deutschen Klimaziele erlauben
Ausgabe 40/2022
Das Kohlekraftwerk Neurath pustet trotz früherem Kohleausstieg weiter Treibhausgase in die Luft
Das Kohlekraftwerk Neurath pustet trotz früherem Kohleausstieg weiter Treibhausgase in die Luft

Foto: Imago / ZUMA Wire

Vergangenen Sonntag übergab Eckardt Heukamp seine Schlüssel an RWE: Der letzte Landwirt von Lützerath war offiziell enteignet. Nur zwei Tage später verkündeten der Konzern, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seine NRW-Kollegin Mona Neubaur, dass RWE den Kohleausstieg von 2038 auf 2030 vorziehen wird. Eine Möglichkeit für die beiden Grünen und RWE, sich wieder so richtig ökologisch zu geben. Dabei war die Ankündigung vor allem eins: reinste Augenwischerei.

RWE bastelt seit Jahren daran, sein schlechtes Image als Klimakiller loszuwerden. Und die Grünen sind, seit sie im Bund der Ampel-Koalition angehören, eher durch umweltschädliche Politik als durch Maßnahmen gegen die Klimakrise aufgefallen.

Das 1,5 Grad-Ziel können wir so nicht halten

280 Millionen Tonnen Braunkohle sollen durch den früheren Ausstieg im Boden bleiben. Was Habeck nicht erwähnt, sind die 290 Millionen Tonnen, die der Konzern somit in den nächsten sieben Jahren noch aus dem Tagebau wird holen dürfen. Das sind 290 Millionen Tonnen zusätzliches CO₂, die so in die Atmosphäre gepumpt werden. Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zufolge dürften in Garzweiler aber nur noch 70 Millionen Tonnen Braunkohle abgebaut werden, wenn Deutschland die Pariser Klimaziele einhalten und die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen möchte.

Parallel zum früheren Ausstieg wurde beschlossen, zwei Kohlekraftwerke, die eigentlich Ende des Jahres abgeschaltet werden sollten, noch bis mindestens März 2024 weiterlaufen zu lassen, um die Stromversorgung in der Gaskrise zu sichern. Auch das Dorf Lützerath soll weiterhin dem Kohlebagger zum Opfer fallen. Beides führt nicht aus der Gaskrise, reitet die Erde aber immer tiefer in den Klimakollaps.

Dass der Kohleausstieg nicht nur „idealerweise“ vor 2038 kommen wird, wie es im Ampel-Koalitionsvertrag hieß, war längst absehbar. Der Kohleabbau wird sich in schon wenigen Jahren wirtschaftlich kaum noch lohnen und ist bereits jetzt deutlich teurer als Solarstrom. Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier einem Konzern, der in der Energiekrise gigantische Profite macht, die Möglichkeit eingeräumt wurde, noch schnell möglichst viel Gewinn aus der Kohle zu ziehen, bevor sie unrentabel wird – und der Ausstieg unausweichlich.

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Geschrieben von

Alina Saha

Redakteurin „Online“

Alina Saha hat in Berlin und Tokio Vergleichende Literaturwissenschaften und Japanstudien studiert. 2019 kam sie als Hospitantin zum Freitag, blieb zunächst als freie Autorin und ist seit Ende 2021 Teil der Online-Redaktion. Ihre Themen sind die Klimakrise, mit Schwerpunkt auf Klimabewegungen, sowie Gesellschaft und Politik Ostasiens.

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