Jemenkrieg und kein Ende? Gedanken zu Neujahr

Die Mitschuld des Westens Der Jemenkrieg geht ins sechste Jahr, ein Ende ist nicht absehbar. Der Westen schaut meist weg – gerade weil ihn eine erhebliche Mitschuld an Krieg und Katastrophe trifft

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Am 1. Januar sind es 1743 Tage seit dem Eingreifen der Saudis und ihrer Verbündeten in den Bürgerkrieg im Jemen. In der Nacht vom 25. auf den 26. März 2015 bombardierte die saudische Luftwaffe ein Wohnviertel neben dem Flughafen der Hauptstadt Sanaa, der eigentlich getroffen werden sollte (1). Aus dem Bürgerkrieg wurde ein internationaler (nicht erklärter) Krieg.

Bei direkten Angriffen und Kampfhandlungen, an den weiteren Folgen der Zerstörungen der Infrastruktur und der weitgehenden Blockade des nördlichen Jemen durch die saudische Koalition sind nach einer UN-Schätzung bis Jahresende 2019 etwa 230.000 Menschen ums Leben gekommen (2). Der Krieg hat im Jemen die gegenwärtig weltweit schlimmste humanitäre Krise verursacht – aber wen bei uns kümmert das wirklich?

Von einzelnen Höhenflügen abgesehen, lassen westliche "Mainstream"medien ("öffentlich-rechtliche" wie "Konzernmedien") das Thema weitgehend links liegen. So wie auch die Politik in unserem sich selbst so sehr preisenden "Westen".

Von Anfang an hat der Westen die saudische Intervention im Jemen massiv unterstützt, militärisch (Waffenlieferungen; Auftanken von Kampfflugzeugen; Pilotenausbildung; personelle Unterstützung im Luftwaffen-Einsatzzentrum wie bei der Wartung der Kampfjets), politisch (Anerkennung der pro-saudischen Marionettenregierung; Durchsetzung von UN-Resolutionen, die die saudische Intervention begünstigen; Niederbügeln der Opposition im eigenen Land gegen Waffenverkäufe und gegen dieUnterstützung der Saudis) und natürlich auch propagandistisch.

Gleich in den ersten Tagen feierte die westliche Doppelmoral hier neue Triumphe: Zwar hatte sich im Jemen ein sehr ähnliches Putschszenario abgespielt wie wenig zuvor in der Ukraine, aber der Westen positionierte sich nun genau andersherum. Es machte eben genau das den Unterschied, ob ein pro-westlicher oder ein eher pro-russischer Präsident weggeputscht worden war (3). Die weiteren Folgen waren dann wieder sehr wohl vergleichbar: Verbündete des Westens massakrierten Tausende von Zivilisten.

Bei der propagandistischen Begleitung spielten und spielen die Mainstream- und Konzernmedien eine entscheidende Rolle, quasi als Transmissionsriemen der Regierungspolitik - und -propaganda. Dass die Medien diese Rolle immer öfter spielen, ist nichts Neues, es gilt eben von der Tendenz her auch für den Krieg im Jemen, von einigen löblichen Ausnahmen abgesehen. Das geschieht durch Vernachlässigung des Themas, Übernahme der schrägen Vorgaben der Regierungs- und US-Positionen, Übernahme des oft bizarren "Wordings" und der Einordnung der Ereignisse ("Framing") sowie mangelnde kritische Recherche.

Die Vernachlässigung und ansonsten oft genug verdrehte mediale Darstellung ist kein Zufall, sondern hat Methode (4). Im Jemen kann der "Westen" beim besten Willen keine selbstlobenden positiven Schlagzeilen nach dem beliebten Mainstream-Mantra "Wir sind die Guten" gewinnen, bei aller möglichen Gedankenakrobatik geht das nicht. Also ist der Jemen kaum ein Thema. Selbst die Verbrechen der Gegenseite – also der Huthis – taugen kaum dazu, dieses Mantra zu verbreiten. Also bleibt der Jemen weitgehend ausgeblendet.

Und so kommt auch im Fall des Jemen der abstoßende Charakterzug westlicher Mainstreammedien zum Tragen, dass über menschliches Leid, über Opfer von Krieg, Gewalt und menschengemachten Katastrophen nicht unter mitmenschlichen oder auch nur objektiv-sachlichen Aspekten berichtet wird, sondern die Berichterstattung hierüber immer dem übergeordneten Narrativ "Wir im Westen sind die Guten" untergeordnet wird. Es wird also unterschiedlich ausführlich und mit unterschiedlichem Tenor berichtet, je nachdem ob ein westlicher Akteur oder ein Verbündeter des Westens, oder aber ein Gegner des Westens bzw. ein gegnerischer Verbündeter derartige Taten begangen haben.

Das war etwa bei der Mainstream-Berichterstattung über die Ereignisse in Afghanistan, in Syrien und im Irak ständig zu beobachten – nur die von den Gegnern des Westens ermordeten Zivilisten waren ausführliche Berichte und Empörung wert, nicht aber die Opfer vor allem amerikanischer Angriffe. Nicht anders war es auch bei der Berichterstattung über den Krieg in der Ostukraine 2014/15.

Hauptzweck der Mainstream-Berichte über Kriegsopfer ist also eben nicht menschliches Mitleid mit den Opfern oder die Ablehnung von Kriegen, sondern die Zielsetzung, Gegner des Westens vorzuführen, anzuprangern und zu verurteilen. Dabei werden dann durchaus auch mal Propaganda-Fakes oder unbewiesene Behauptungen zu Tatsachen umdeklariert (5).

Man kann hier also einmal mehr (wie schon oft) ein Versagen (oder besser: eine in voller Absicht begangene Manipulation der Leser) des Medienmainstreams beklagen. Wenn es um die Opfer von Kriegen geht, ist das freilich besonders ekelhaft und menschenverachtend.

Es geht aber sogar noch eine ganze Spanne widerlicher: Wenn einer Journaille (ein anderer Ausdruck passt hier nicht) Politiker und Militärs noch zu zahm sind und sie nun dazu angestachelt werden sollen, endlich anzugreifen oder noch aggressiver vorzugehen. Das war in US-Mainstreammmedien 2019 immer wieder im Bezug auf den Iran zu lesen, da war Trump einer solchen Journaille zu friedlich und wurde dafür kritisiert, dass er noch immer vor einer robusten Militäraktion zurückschreckte. In Deutschland hat 2014/15 die "Zeit" versucht, noch mehr Gewaltanwendung in der Ostukraine das Wort zu reden (6) – und das in einer Zeit, als ukrainische Truppen und Milizen dabei waren, durch Luftangriffe und dauerhaften Artilleriebeschuss von Städten und Dörfern Tausende von Zivilisten umzubringen...

Ein Journalismus, der alle Themen – und eben auch das der Kriegsopfer – dem selbstlobenden Narrativ "Wir im Westen sind die Guten" unterordnet, ist kein Journalismus mehr. Er verzichtet auf das, was Journalismus zu sein hat (und was der Mainstream immer noch von sich behauptet), er ist zur Propaganda geworden, die im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht, ist nur noch eine Art Trompete für eine bestimmte Politik, in diesem Fall für die US-amerikanische Machtpolitik, der auch die deutsche Politik verpflichtet ist.

"Wir im Westen sind die Guten" ist eines der unverrückbaren Hauptnarrative des medialen Mainstreams, soweit es um den Themenkomplex USA, transatlantische Beziehungen, Westbindung, Geopolitik, Verteidigung, NATO geht. Und sehr viele Themen hängen hier mit dran: Entspannung und Kriegspolitik, Aufrüstung, Feindbildaufbau Russland, böser Putin, Syrienkrieg, böser Assad, Iran, Afghanistan, Libyen, Putsch in Bolivien, Venezuela, alles was mit der Ukraine zu tun hat, selbst North Stream... In allem wird weitgehend dem Narrativ gefolgt, Abweichung und Kritik sind allenfalls punktuell (sie werden etwa gerne an einzelnen Personen festgemacht, z. B. Trump), aber nicht grundsätzlich.

Dieses Hauptnarrativ dominiert somit sehr viele Themen, der Jemenkrieg ist nur eines davon.

Die US-Politik und damit auch der Medien-Mainstream interessieren sich dabei kaum je für den Jemen und seine Menschen an sich, sondern vor allem in Verbindung mit der Geopolitik der USA bzw. den geopolitischen Interessen der USA, auf denen diese Politik basiert. Und dabei geht es vor allem um den Fortbestand der US-amerikanischen Vorherrschaft im Großraum Naher Osten und nicht nur dort, sondern weltweit (7). Nützlich – und damit grundsätzlich als positiv zu sehen – sind daher alle mit den USA verbündeten Staaten und Gruppierungen, die diesen Interessen nützen, schädlich – und daher als negativ zu sehen – sind alle Staaten und Gruppierungen, die sich der US-Hegemonie tatsächlich (oder auch nur vermeintlich) widersetzen, oder, wenn sie Pech haben, auch nur einem US-Verbündeten im Weg sind.

Also kommt westliche Politik den Saudis soweit als möglich entgegen (das gilt grosso modo auch für die mediale Berichterstattung), Iran dagegen gilt Politik wie Medien als "Feind", der mit allen Mitteln eingeschränkt und gezähmt werden muss.

Und so wird im Zusammenhang mit dem Jemen auffällig oft über die Rolle des Iran im Jemen berichtet – und diese dabei häufig kräftig aufgebauscht. Eine solche Berichterstattung dient also hauptsächlich der Propaganda gegen den Iran – ganz im Sinn der US-Geopolitik – , sie zeigt auch ganz allgemein, wie sehr die Berichterstattung über den Jemen vom Thema Iran dominiert und verzerrt wird.

Der Jemen ist eher nur zufälliger- und unglücklicherweise ins Visier des großen Schachspiels der US-Geopolitik geraten. Präsident Obama war es daran gelegen, die über das Nuklearabkommen mit dem Iran deutlich verärgerten Saudis zu besänftigen. So ließ er den Saudis im Jemen nicht nur freie Hand, sondern unterstützte sie auch militärisch, politisch und propagandistisch. Und der mediale Mainstream zog mit. Unter Präsident Trump änderte sich zwar die Politik der USA gegenüber dem Iran wieder deutlich. Von Einhegen durch Abkommen wurde nun auf Unterwerfung durch Aggression umgeschaltet.

Mit Trumps Aufkündigung des Nuklearabkommens mit dem Iran fiel zwar im Grund Obamas ursprünglicher Beweggrund für die Unterstützung der Saudis im Jemenkrieg weg. Aber nun wurde Saudi-Arabien zum wichtigsten Eckstein für Trumps Anti-Iran-Strategie. Es gilt also jetzt noch mehr, die Saudis bei Laune zu halten, und dazu gehört eben auch, sie im Jemenkrieg weiter zu unterstützen. Trumps Beziehung zu Saudi-Arabien gestaltete sich besonders eng, immer wieder setzte er sich für sie ein, sei es mit Vetos gegen Parlamentsbeschlüsse zu den Waffenexporten oder nach dem Khashoggi-Mord.

Die Gründe dafür reichen von Trumps primitiver Logik von Politik als Business – die Saudis sind die Weltmeister beim Kauf amerikanischer Rüstungsgüter – bis hin zu offensichtlich persönlichen Motiven. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, der ohne irgendein politisches oder diplomatisches Amt eine entscheidende Rolle in Trumps Außenpolitik, ist eng mit dem saudischen Kronprinzen verbandelt.

Worauf ich hinaus will: Die amerikanische Jemenpolitik ist nicht vom Jemen her konzipiert und gedacht, Jemen ist für die US-Außenpolitik wenig mehr als ein "Kollateralschaden" bei der Verfolgung der geostrategischen Interessen, und diese sind allein vom Verhältnis der USA zu den konkurrierenden entscheidenden Mächten in der Region, Saudi-Arabien und Iran, bestimmt. Ein "Kollateralschaden" mit bis jetzt etwa 230.000 Toten, einem weitgehend zerstörten Land, einem "failed state" als dauerhafter Brutstätte des Terrorismus und der schlimmsten humanitären Katastrophe weltweit.

Dieser ursächliche Zusammenhang zwischen dieser Katastrophe und westlicher (besonders amerikanischer) Weltpolitik wird in Politik und Mainstreammedien fast durchweg ausgeblendet, und das auch in den viel zu seltenen Fällen, in denen Kriegsgräuel und humanitäre Katastrophe offen und ausführlicher dargestellt werden. Im Bedarfsfall kann man dann noch die Saudis mit ihrer Art der Kriegführung als Bösewichte präsentieren, was nur begrenzten Mut erfordert, ist deren Ruf beim westlichen Publikum doch ohnehin schon gründlich ramponiert. Aber an die hinter ihnen stehenden Amerikaner und sonstige westliche Verbündete geht die Berichterstattung kaum je heran.

Die amerikanischen Kriege und die amerikanische Geopolitik haben seit 1990 allein in der muslimischen Welt etwa vier Millionen Todesopfer gefordert (8). Diese Toten sind Folge des keineswegs geheimen und mit allen denkbaren Mitteln von extremer Gewalt über Hungerblockaden, erpresserischem Druck bis Regime change betriebenen Zieles, den USA bzw. realiter deren beherrschender Oligarchie politisch, militärisch und wirtschaftlich die Weltherrschaft zu sichern. Damit haben sich die USA zweifellos unangefochten den ersten Platz in einer Liste der Schurkenstaaten auf diesem Planeten gesichert. Genau das hat im Übrigen Noam Chomsky schon 2001 gesagt (9).

Negatives zu dieser Außenpolitik wird uns gerne bewusst ganz verschwiegen, oder es wird relativiert (bedauerlicher Einzelfall; Unfall; Versehen; Missgeschick) und nur so berichtet, dass ein größerer Zusammenhang nicht erkannt werden kann: als Einzelmeldungen – und damit als Einzelfälle – oder gerne auch personalisiert. Dann ist angeblich eine Einzelperson schuld, derzeit gerne Donald Trump.

Es geht aber eben nicht um Einzelfälle oder angebliche Unfälle oder um das Handeln einzelner Personen. Die Einzelpersonen sind austauschbar, es hat nie eine große Rolle gespielt, wer Präsident der USA war, entscheidend in Kriegsverbrechen verwickelt waren sie alle, ob man nun (nur nach 1980) Reagan, Bush I, Clinton, Bush II, Obama und eben Trump nimmt. Wer von ihnen hat weniger als den Jahresdurchschnitt der letzten 30 Jahre (allein in der muslimischen Welt!) von über 130.000 Toten entscheidend politisch zu verantworten?

Es geht um das System als solches, das offensichtlich zwangsläufig dauerhafte Kriege, Kriegsverbrechen und Kriegsverbrecher hervorbringt.

Und damit stellt sich auch die Frage, welche Rechtfertigung es noch geben sollte für die NATO – ausgerechnet ein Militärbündnis mit einem Schurkenstaat, der seit 30 Jahren durchgehend alle 4 Minuten einen Menschen allein in der muslimischen Welt umbringt. Das ist freilich noch einmal ein ganz anderes Kapitel, auf das einen die vielen Toten der US-Außenpolitik aber zwangsläufig hinführen müssen. Als Verbündete im Rahmen eines solchen Bündnisses werden wir mitschuldig.

Wünschen wir dem Jemen also für 2020 endlich ein Ende des Krieges und der Hungerblockade. Vielleicht schaffen es die USA ja auch, im neuen Jahr nur alle 5 Minuten einen Muslim (10) ums Leben zu bringen. Das wäre doch schon mal ein Fortschritt. Was den Frieden in der Welt angeht, war 2019 allerdings alles andere als ein gutes Jahr, und das dämpft auch den Optimismus für 2020 (11).

(1) http://poorworld.net/Yemen/YemenImages1.htm

(2) https://www.middleeasteye.net/news/yemen-death-toll-surpass-230000-end-2019-un-report

(3) https://www.freitag.de/autoren/dklose/ukraine-und-jemen-doppelmoral-vom-feinsten

(4) Frühere Beiträge des Verf. zum Thema:

https://www.freitag.de/autoren/dklose/medien-und-propaganda-vergessener-jemen (1.6.2016)

https://www.freitag.de/autoren/dklose/der-jemenkrieg-immer-noch-vergessen (18.9.2016)

Für Syrien aufschlussreich: https://www.youtube.com/watch?v=N4kJ7zqxVKA.

(5) Ein besonders krasser Fall ist offenbar der Umgang mit dem angeblichen (?) Giftgasangriff der syrischen Luftwaffe auf die Stadt Douma am 7. April 2018: Ein Artikel vom 28. Dezember von Caitlin Johnstone zum OPCW-Skandal und zum Versagen der Medien (längeres Zitat in Übersetzung als Anhang unten):

Deutsche Übersetzung: https://www.theblogcat.de/uebersetzungen/opcw-das-schweigen-der-medien-28-12-2019/

Originaltext: https://medium.com/@caityjohnstone/medias-deafening-silence-on-latest-wikileaks-drops-is-its-own-scandal-ad0d28fe0c5c.

Der mediale Mainstream vermeidet dieses Thema offensichtlich konsequent, denn jetzt scheint das westliche Narrativ ernsthaft bedroht zu sein. Joutnalismus wäre etwas anderes, aber es geht eben vor allem um ein Propagandanarrativ, das man nicht aufgeben will oder darf.

Und auch: https://www.rt.com/news/477018-media-silence-opcw-ridiculous/.

Berichte zum OPCW-Skandal auf Deutsch: https://www.heise.de/tp/features/Whistleblower-OPCW-Bericht-zum-Giftgasanschlag-in-Douma-einseitig-4568877.html

https://www.heise.de/tp/features/OPCW-Dokument-ordnete-die-Loeschung-eines-Berichts-zum-Vorfall-in-Duma-an-4624063.html

https://www.anti-spiegel.ru/2019/angeblicher-giftgas-angriff-in-duma-neue-dokumente-zeigen-weitere-faelschungen-im-opcw-bericht-auf/

https://peds-ansichten.de/2019/12/wikileaks-douma-giftgas-opcw-faelschungen/

Weitere englischsprachige Berichte: https://original.antiwar.com/Dave_DeCamp/2019/12/29/wikileaks-releases-even-more-opcw-douma-documents/

https://www.globalresearch.ca/new-evidence-opcw-doctored-douma-syria-report/5698988

Googeln Sie doch einmal die Kombination OPCW und Douma, mit zeitlicher Eingrenzung auf ab dem 21. Dezember und schauen Sie, was kommt. Johnstone hat immer noch recht (1. Jan., 9.30 Uhr).

Bezeichnend für den Umgang der Mainstreammedien mit dieser Sache sind die Vorgänge beim US-Magazin Newsweek. Ein Journalist, der über die Vorgänge bei der OPCW berichten wollte, wurde massiv daran gehindert; daraufhin kündigte er und machte die Angelegenheit mit zahlreichen internen Details öffentlich: https://tareqhaddad.com/2019/12/14/lies-newsweek-and-control-of-the-media-narrative-first-hand-account/ (englisch), und kürzere Berichte auf Deutsch: https://www.nachdenkseiten.de/?p=57268. und Englisch: https://www.theamericanconservative.com/articles/a-newsweek-reporter-resigns-a-counter-narrative-wont-die/.

Eine kritische Auseinandersetzung mit den geleakten Aussagen und Dokumenten habe ich nur außerhalb des Mainstreams gefunden, mit heftigem Widerspruch in den Kommentaren: https://al-bab.com/blog/2019/12/leaked-opcw-documents-what-they-really-show-about-douma-investigation.

(6) https://www.zeit.de/politik/ausland/2014-07/ukraine-russland-separatisten-krieg und https://www.zeit.de/politik/ausland/2015-02/ukraine-krieg-putin-pro-waffen-russland-usa-eu.

(7) Hierzu auch interessant: https://www.freitag.de/autoren/dklose/unsere-weltordnung-auf-den-punkt-gebracht

(8) http://www.stopwar.org.uk/index.php/news-comment/2615-unworthy-victims-western-wars-have-killed-four-million-muslims-since-1990. und auch https://www.middleeasteye.net/opinion/unworthy-victims-western-wars-have-killed-four-million-muslims-1990 und http://www.worldfuturefund.org/Reports/Imperialism/usmurder.html. Die Ermittlung solcher Zahlenwerte ist natürlich immer sehr schwierig. Es gab eine Berechnung in den USA, die von weniger Toten ausging, sie wäre etwa auf die Hälfte hinausgelaufen. Allerdings, auch "nur" zwei Millionen Tote lassen die USA nicht gut dastehen. Andererseits gibt es aus der arabischen Welt die Angabe, dass es deutlich mehr als vier Millionen Tote wären. Ich halte mich hier also an den "Mittelwert".

(9) "As I use the term “rogue state,” the leading “rogue state” in the world is the United States. That’s the neutral term", https://chomsky.info/200105__/ . Dazu auch Chomsky https://chomsky.info/199804__/. So ist das Fragezeichen, das der Verf. noch 2015 hierbei machte, überflüssig: https://www.freitag.de/autoren/dklose/die-usa-ein-schurkenstaat. Hier auch interessant: https://www.huffpost.com/highline/article/sanctions/.

(10) Das ist deshalb hier so formuliert, weil es sich bei den der Rechnung zugrundeliegenden Toten nur um Muslime im Nahen Osten handelt. Alle anderen kommen ja noch zusätzlich oben drauf, etwa die Opfer der US-Blockade von Venezuela, pro Jahr um die 20.000: https://www.independent.co.uk/news/world/americas/venezuela-sanctions-us-excess-death-toll-economy-oil-trump-maduro-juan-guaido-jeffrey-sachs-a8888516.html und der vollständige Bericht: http://cepr.net/images/stories/reports/venezuela-sanctions-2019-04.pdf.

(11) https://www.nachdenkseiten.de/?p=57342.

Caitlin Johnstone über die Massenmedien im OPCW-Skandal

Das Schweigen der Massenmedien über den OPCW-Skandal wird zu einem eigenen Skandal, der von gleicher oder vielleicht sogar größerer Bedeutung ist als der OPCW-Skandal selbst. Es eröffnet eine ganze Reihe von Fragen, die für jeden Bürger der westlichen Welt von enormer Bedeutung sind. Fragen wie: Wie sollen Menschen an der Demokratie teilnehmen, wenn sich alle Medienkanäle, die sie normalerweise konsultieren, um fundierte Abstimmungsentscheidungen zu treffen, entschieden weigern, ihnen von der Existenz so wichtiger Nachrichten wie dem OPCW-Skandal zu berichten? Wie sollen die Menschen gegen solche Verschwörungen des Schweigens angehen, wenn es keinen Mechanismus gibt, um die gesamten Massenmedien für ihre Komplizenschaft verantwortlich zu machen? Und nach welchem Mechanismus vereinigen sich all diese Medien in dieser Verschwörung des Schweigens?

Wir können sicher sein, dass diese Geschichte in Nachrichtenredaktionen auf der ganzen Welt auf ähnliche Weise getötet wird und möglicherweise werden dieselben Ausreden verwendet. Solange keine anderen "seriösen" (d. h. etablierten) Nachrichtenkanäle über diese Geschichte berichten, kann sie als Nicht-Story behandelt werden, wobei im Bedarfsfall eine betrügerische, von der US-Regierung finanzierte Operation zur Steuerung von Narrativen zur Rechtfertigung herangezogen wird.

https://medium.com/@caityjohnstone/medias-deafening-silence-on-latest-wikileaks-drops-is-its-own-scandal-ad0d28fe0c5c

Zum Schluss: Ein paar Filme

Die scharfsinnige und scharfzüngige Rania Khalek hat auf satirische Art die unterschiedliche Berichterstattung westlicher Mainstreammedien über Protestbewegungen in verschiedenen Ländern aufs Korn genommen. Da macht es eben einen himmelweiten Unterschied, ob in pro-westlichen oder anti-westlichen Staaten protestiert wird. Es ist Ihr Pech, wenn Sie in Frankreich oder Bolivien demonstrieren, gehen Sie besser nach Hongkong. Gönnen Sie sich die gut 5 Minuten (auf Englisch), dann haben Sie mehr über Mainstreammedien verstanden als nach langer Lektüre. Schade, dass Khalek noch nichts dergleichen über Kriegsopfer gemacht hat – das wäre aber vielleicht doch zu makaber gewesen.

Eingebetteter Medieninhalt

(alternativ in youtube: https://www.youtube.com/watch?v=yL104Pw1FoY

Rania Khalek persifliert CNN (und den Mainstream insgesamt). Da wird diskutiert, ob die US in einem Land namens Badistan militärisch eingreifen sollen (sollen sie, natürlich):

Should the US Intervene in Badistan?

fake news segment where “experts” discuss whether the US should militarily intervene in a made up country called Badistan. Rania Khalek plays all the characters.

https://www.youtube.com/watch?v=KHkM0qrm61U

Mainstream-Korrespondenten im Nahen Osten, satirisch von Rania Khalek gesehen:

The segment that I had the most fun producing was a parody poking fun at western reporters in the Middle East. Possibly the most fun I had all year

https://www.youtube.com/watch?v=-Mb0ojg99ag = https://twitter.com/RaniaKhalek/status/1210601274921623552

und noch ein paar Kurzfilme:

My segment on the danger of former US intelligence officials being hired as “analysts” by cable news outlets

https://twitter.com/RaniaKhalek/status/1210603033341636609

CNN was VERY upset about my segment on the US attempted coup in Venezuela. I’m lucky to work at an outlet where I can be honest about what was happening there.

https://twitter.com/RaniaKhalek/status/1210596468169555968

My segment on how crippling US sanctions are killing ordinary people from Syria to Iran to Venezuela.

https://twitter.com/RaniaKhalek/status/1210600863686909953

The American public needs to know about the brutal impact of the Trump administration’s economic blockade on Iran. Here, ABC News documents how sanctions have cut access to life-saving medicine, including cancer drugs for kids.

https://twitter.com/SinaToossi/status/1210573739513004034

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Dietrich Klose

Vielfältig interessiert am aktuellen Geschehen, zur Zeit besonders: Ukraine, Russland, Jemen, Rolle der USA, Neoliberalismus, Ausbeutung der 3. Welt

Dietrich Klose

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