Offenbar ist die Europäische Union in eine geopolitische Phase eingetreten. Sie will nicht mehr nur als Wirtschaftsunion und Handelsmacht gesehen werden, sondern auch als wichtiger außenpolitischer Akteur, der in Europa für Ordnung sorgt. Deshalb forciert die EU den Beitritt der Ukraine und Moldaus, deshalb wurde die „Europäische Politische Gemeinschaft“ (EPG) gegründet – ein Forum für alle Europäer, die sich gegen Russland und Belarus stellen.
Vereint gegen Wladimir Putin, das war die Parole bei den ersten beiden EPG-Treffen in Prag und in Moldau. Doch schon beim dritten Gipfel kürzlich in Granada sind die Europäer an ihre Grenzen gestoßen. Zum ersten Mal stand die Ukraine nicht mehr im Mittelpunkt. Das Treffen wurde vom S
#228;er an ihre Grenzen gestoßen. Zum ersten Mal stand die Ukraine nicht mehr im Mittelpunkt. Das Treffen wurde vom Streit über die Migrationspolitik überschattet. Zudem drängten andere außenpolitische Konflikte wie in Bergkarabach und im Kosovo nach vorn.Spanien will den Kosovo nicht als Staat anerkennenDoch auf diese Konflikte weiß die EU keine Antwort. In Bergkarabach hat sie tatenlos mitangesehen, wie die armenische Bevölkerung mit Militärgewalt vertrieben wurde. Im Kosovo findet sie keine Lösung für den Dauerkonflikt mit Serbien. Die EU-Staaten sind sich nicht einmal einig, ob sie Kosovo als Staat anerkennen sollen. Gipfel-Gastgeber Spanien weigert sich ebenso wie Griechenland oder Zypern – und das, obwohl das Land EU-Mitglied werden soll.Die ganze Ohnmacht der Europäer offenbart sich jedoch in der Ukraine, also jenem Land, mit dem die Schaffung der EPG begründet wurde. In Granada mussten die EU-Politiker einräumen, dass sie mit dem russischen Krieg und den Folgen überfordert sind. „Europa kann nicht die Lücke füllen, die die USA hinterlassen“, erklärte EU-Chefdiplomat Josep Borrell auf Fragen nach einem möglichen Stopp der amerikanischen Finanz- und Waffenhilfe.Kein Ende des Ukraine-Krieges ohne die USANeu ist das nicht. In der Ukraine-Politik läuft die EU seit Jahren den USA hinterher. Die Amerikaner haben die Ukraine schon aufgerüstet, als die Europäer noch auf den Minsker Friedensprozess hofften. Ohne US-Hilfe hätte das Land dem russischen Überfall nicht widerstehen können. Und ohne die USA wird der Krieg wohl auch nicht beendet werden. Die EU hat nicht einmal einen eigenen Plan; sie verlässt sich ganz auf Washington und Kiew.Dennoch nehmen die EU-Politiker den Mund voll – zu voll. Wir helfen der Ukraine so viel und so lange wie nötig, heißt es in Brüssel. Doch ob das überhaupt leistbar ist, wurde nie geklärt. Erst jetzt, da die Republikaner in Washington beginnen, die Ukraine-Hilfe infrage zu stellen, wacht man auf und stellt erschrocken fest, dass es hinten und vorne nicht reicht.Wenn die Republikaner in den USA gewinnenUm nicht völlig nackt dazustehen, hat die EU ein neues Waffen-Beschaffungsprogramm auf den Weg gebracht. Zudem will Brüssel noch einmal 50 Milliarden Euro für die Ukraine lockermachen. Doch diese Programme erfüllen wohl eher den Zweck, die 27 EU-Staaten auf Kriegskurs zu halten und mögliche „Ausrutscher“ bei der Europawahl 2024 zu verhindern. Eine Versicherung gegen einen Rückzug der USA sind sie nicht.Auf den nicht mehr undenkbaren Fall, dass die Republikaner die Präsidentschaftswahlen im Herbst 2024 gewinnen und die Hilfe für die Ukraine einstellen, sind die Europäer nicht vorbereitet. In Granada wurde darüber jedoch nicht einmal diskutiert. Die „Europäische Politische Gemeinschaft“ hat sich als leere Hülle erwiesen, die den realen Problemen nicht gewachsen ist. Ein Gipfel reicht eben nicht, um Geopolitik zu machen.