Die AfD vor dem Rechtsruck

Flügelkampf Dreierspitze oder König Lucke? Eine ARD-Dokumentation zeigt, wie der Führungsstreit in der AfD zum Richtungsstreit geworden ist. Die Protagonisten reden erstaunlich offen
Noch hat er gut lachen: Bernd Lucke
Noch hat er gut lachen: Bernd Lucke

Foto: Carsten Koall / Getty Images

Ja, die Pegida-Forderungen könne er alle unterstützen. Alexander Gauland sitzt eigentlich für die AfD im Brandenburger Landtag, ist dort sogar Fraktionsvorsitzender. Heute jedoch ist er in Dresden auf der Demo gegen die Islamisierung des Abendlandes. Vom Kamerateam lässt er sich gerne begleiten, es ist ein politisches Statement – auch im Machtkampf innerhalb der Partei.

In der „Alternative für Deutschland“ brodelt es schon seit langem. Hier sammeln sich Eurokritiker und Ausländerfeinde, Wirtschaftsliberale und Erzkonservative. An der Spitze ist ein offener Machtkampf ausgebrochen, Bernd Lucke möchte seine beiden Ko-Sprecher absägen und alleiniger Parteichef werden. Wie aus dem Führungsstreit ein Richtungsstreit geworden ist, das zeigt eine 15-minütige Dokumentation, die von der ARD leider im Nachtprogramm versteckt wurde (Mittwoch, 21. Januar; 23.45 Uhr). Ihr Titel: „Machtkampf der Wutbürger – Flügelkampf in der AfD“.

Zu Pegida gehen oder nicht?

Durch Pegida ist der Streit eskaliert. Die AfD muss sich zu der neuen Bewegung positionieren. Bislang konnten die parteiinternen Differenzen in der Ausländerpolitik medial unter den Teppich gekehrt werden. Jetzt ist das nicht mehr möglich. Gauland geht zur Pegida-Demo, Lucke hingegen will nicht mit Pegida zusammenarbeiten. Und der Europaparlamentarier Hans-Olaf Henkel warnt Gauland vor laufender Kamera davor, die Demo zu besuchen.

Ohnehin nehmen die Spitzenpolitiker der AfD kaum ein Blatt vor den Mund; ganz anders als die Pegida-Wutbürger, die ständig über die „Lügenpresse“ schimpfen. Die Redebereitschaft ist vor allem deswegen erstaunlich, weil die Männer das politische Spiel kennen – teilweise aus ihrem Leben vor der AfD – und wissen müssten, dass die öffentliche Diskussion über Differenzen schnell zur öffentlichen Selbstzerfleischung werden kann, wenn die Partei nur noch mit Negativmeldungen in die Schlagzeilen kommt.

Als Linker für Lucke?

Aber kurz vor dem Parteitag muss die Führungsfrage geklärt werden. Dreierspitze wie bisher oder König Lucke? Als Linker wünscht man sich fast schon Luckes Alleinherrschaft, um einen weiteren Rechtsruck durch einen Machtzugewinn für die beiden Hardliner Alexander Gauland und Frauke Petry zu verhindern. Doch Lucke hat es nicht einfach: Wie soll er glaubhaft für eine Einzelspitze als besseres Modell werben, wenn alle wissen, dass er sich gerne selbst in dieser Position sieht?

Die Doku zeichnet den Flügelkampf nach und endet mit dem vorläufigen Kompromiss, der in der vergangenen Woche vorgestellt wurde: Zunächst soll es zwei Vorsitzende geben, ab Dezember nur noch einen. Dieses Ergebnis kommt in dem Film leider etwas kurz, dadurch scheint es so, als hätte sich Lucke weitgehend durchgesetzt. Die Autoren sehen das anders, wie sie selbst bei der Pressevorführung des Films sagen: Möglicherweise entscheidet sich der Parteitag doch noch für eine Dreierspitze oder es gibt im Dezember einen offenen Kampf um den Parteivorsitz. Vor Bernd Lucke liegt noch ein weiter Weg bis zu seiner Krönung.

Machtkampf der Wutbürger – Flügelkampf in der AfD. Ein Feature von Marie-Kristin Boese und Tim Herden. Mittwoch, 21. Januar 2015, 23.45 Uhr, ARD; anschließend in der Mediathek

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