Kaum kamen die ersten Meldungen über den Angriff der Hamas auf Israel, standen Linke bereit, die Verbrechen zu relativieren. So schrieb der Journalist Malcolm Ohanwe auf X: „Wenn die Zunge der Palästinenser systematisch abgeschnitten wird, wie sollen sie sich mit Worten wehren?“ Der Tenor war klar: Israel ist selbst schuld an dem Geschehenen – weil es „die Palästinenser“ seit Jahrzehnten unterdrücke.
Doch wer der Auffassung ist, das wahllose Abschlachten von Zivilisten sei eine legitime, sinnvolle, verständliche oder auch nur zwangsläufige Reaktion auf politische und militärische Repression, hat sich entweder noch nie mit anderen Konflikten auseinandergesetzt, in denen diese Logik keinesfalls so zwingend war – oder insge
n auseinandergesetzt, in denen diese Logik keinesfalls so zwingend war – oder insgeheim gar kein so großes Problem damit, wenn Juden sterben.Der „palästinensische Widerstand“ ist nämlich nie einer gegen die Politik israelischer Regierungen gewesen. Das Ziel der dominierenden arabischen Eliten war immer die vollständige Auslöschung der jüdischen Präsenz im Nahen Osten. Dies vertraten zunächst die Nachbarstaaten und Mohammed Amin al-Husseini, Nazi-Kollaborateur und Mufti von Jerusalem, dann die PLO, heute stehen dafür Hamas, Hisbollah, Islamischer Dschihad und PFLP, sowie insbesondere der Iran.Die unfassbare Brutalität des Angriffs der Hamas führt das Wesen der „palästinensischen Sache“ vor. Mord, Vergewaltigung, Verschleppung, Leichenschändung – das ist, wozu „Free Palestine“ führt, so sind die Rufe „From the river to the sea, Palestine will be free“ und „Intifada bis zum Sieg“ zu verstehen: Ziel der „palästinensischen Sache“ ist nicht die Freiheit von Unterdrückung, sondern von Juden. Ihre Konsequenz ist der sadistische Mord, verbunden mit Todesverachtung. Die Hamas weiß, dass sie nicht gewinnen kann, dass sie am Samstag womöglich ihr eigenes Todesurteil unterzeichnet hat – sie will nur möglichst viele Juden vernichten. Und sie weiß auch, dass sie das Leben der Zivilbevölkerung in Gaza aufs Spiel setzt. Die durch israelische Gegenangriffe zu beklagenden Opfer sind ihre Verantwortung.Linke Solidarität mit der HamasUnd die Hamas ist eben kein isolierter Akteur, sie genießt weitreichend zumindest Verständnis. Wer glaubt, eine klare Grenze zwischen der Hamas und der arabischen Gesellschaft vor Ort ziehen zu können, irrt. Das reicht bis in die Diaspora und die Linke. So fand in New York eine Demonstration zur Unterstützung des Angriffs statt, auf der auch ein Hakenkreuz zu sehen war. In Sidney riefen Teilnehmende einer solchen Veranstaltung „gas the jews“. In Berlin-Neukölln verteilten Anhänger der PFLP-nahen Organisation Samidoun Süßigkeiten und schrieben dazu auf Instagram, dass sie den „Sieg des Widerstandes“ feiern. Noch am Tag vor dem Angriff hat die linke Influencerin Nicole Schöndorfer auf Instagram Beiträge geteilt, die zur Unterstützung von Samidoun aufriefen.Der Solidarität mit dem „palästinensischen Widerstand“ geht es nicht um eine Verbesserung der Lebensbedingungen der arabischen Bevölkerung. Sonst würde man über veruntreute Entwicklungsgelder sprechen, darüber, dass die arabischen Eliten seit Jahrzehnten ihre Kraft eben nicht darauf verwenden, staatliche Strukturen aufzubauen, die Bedingung einer Zwei-Staaten-Lösung wären – sondern ihre Energie darauf richten, militärische Kapazitäten zu erlangen, deren Ziel nur eines ist: das Töten von israelischen Zivilisten. Oder wo waren die Sharepics auf Instagram, die Threads auf Twitter, die Leitartikel in linken Zeitungen, als Ende Juli Tausende Menschen in Gaza auf die Straße gingen – gegen die Hamas?Nun dominieren andere Bilder: Jubelnde Menschen in Gaza zerren israelische Geiseln durch den Dreck, arabische Kinder schlagen entführte israelische Kinder, jüdische Einrichtungen in aller Welt müssen unter verstärkten Schutz gestellt werden. Es ist nicht zu leugnen: Viele „Palästinenser“ und ihre Unterstützer finden es richtig, wenn jüdische Zivilisten ermordet werden. Davor verschließt die Linke seit Jahrzehnten die Augen.