Ronya Othmanns Roman „Vierundsiebzig“ über den Genozid an den Êzîden: Ein notwendiges Buch

Völkermord Im August 2014 verüben Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats schwere Verbrechen an den Êzîden im Nordirak. Ronya Othmann, Tochter eines Êzîden, stellt sich in „Vierundsiebzig“ dem Unbegreiflichen. Ein erschütterndes, notwendiges Buch
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 11/2024
Auch Jahre nach dem Angriff des IS leben noch zahlreiche Êzîd:innen als Flüchtlinge, wie hier in Dohuk im Irak
Auch Jahre nach dem Angriff des IS leben noch zahlreiche Êzîd:innen als Flüchtlinge, wie hier in Dohuk im Irak

Foto: IMAGO / ZUMA Press

Um es vorwegzunehmen: Dieses Buch ist kaum auszuhalten. Doch gerade deshalb sollte man es lesen. Denn es ist ein eindrückliches Exempel für die Kraft, die Literatur noch in ihrem Scheitern aufbringen kann. Wie soll man über einen Genozid schreiben? Wie über enthauptete Kinder, versklavte und vergewaltigte Frauen, Massengräber und vollkommen zerstörte Dörfer? Ronya Othmann versucht es in ihrem neuen Buch Vierundsiebzig ganze 500 Seiten lang.

Es beginnt am 4. August 2014. Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats erobern den Nordirak. Das heißt auch: die Siedlungsgebiete der Êzîden. Es kommt zur Katastrophe, die Islamisten fallen in die Region rund um die Stadt Shingal (oder Sindschar) ein, töten Tausende Männer, verschleppen u