Der Erfolg von Joe Biden geht uns alle an

USA Wenn der künftige Präsident seine Ankündigungen wahr macht, könnten die Vereinigten Staaten wieder eine internationale Führungsrolle ausüben
Ausgabe 03/2021
In den vier Jahren seiner Präsidentschaft will Joe Biden 2.000 Milliarden US-Dollar für das Klima investieren
In den vier Jahren seiner Präsidentschaft will Joe Biden 2.000 Milliarden US-Dollar für das Klima investieren

Foto: Drew Angerer/Getty Images

Am ersten Tag seiner Präsidentschaft will Joe Biden wieder dem Pariser Klimaabkommen beitreten, das sein Vorgänger gekündigt hatte. Aber noch weit mehr hat Bidens Partei im Wahlkampf versprochen. Die US-Demokraten wollen ihr Land bis 2035 klimaneutral machen. Deutschland und die EU haben es sich erst für 2050 vorgenommen, China für 2060. Nur ein Ziel zu verkünden, das läuft hierzulande leider oft auf Nichtstun hinaus – weil ein Zweck nie ohne die notwendigen Mittel erreicht werden kann.

Biden dagegen hat auch die Mittel beschrieben. In den vier Jahren seiner Präsidentschaft will er 2.000 Milliarden US-Dollar für das Klima investieren. 500 Milliarden pro Jahr, das wären elf Prozent des Staatshaushalts, gemessen an 2019, oder 2,5 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Donald Trumps Senkung der Gewinnsteuer für Unternehmen will Biden zurücknehmen und alle umweltschädlichen Subventionen abschaffen. Er ist früher als Umweltpolitiker nicht gerade aufgefallen, folgt jetzt aber dem Willen der Wähler:innen. In einer Umfrage des britischen Guardian vom September 2020 hatten zwei Drittel der Befragten angegeben, sie würden einen Präsidenten vorziehen, der auf saubere Energien setzt.

Wenn Biden das wahr macht, können die USA wieder eine internationale Führungsrolle ausüben. In seinem Klimaplan steht der Satz, er werde „jedes Instrument der US-Außenpolitik nutzen, um den Rest der Welt dazu zu bringen, die Klimaziele parallel mit den USA anzuheben“. Dazu gehört, dass er in seinen ersten hundert Tagen einen Klimagipfel der wichtigsten Staats- und Regierungschefs organisieren will.

Diese Verklammerung von Klimapolitik und internationaler Diplomatie ist besonders wichtig, weil man daran wird erkennen können, wie ernst er es meint. Es ist zum Beispiel gemeldet worden, Biden wolle den scharfen Konfrontationskurs gegen China fortsetzen. Aber das Pariser Klimaabkommen hatte sich nicht zuletzt einer Einigung der USA mit China verdankt. Konfrontation oder Klima, da muss Biden wählen.

Das gilt auch für die Konfrontation der USA gegen Deutschland. Nichts deutet bisher darauf hin, dass unter Bidens Führung die Sanktionen gegen die Gaspipeline Nordstream-2 zurückgenommen werden, mit denen das deutsch-russische Projekt noch kurz vor der Fertigstellung verhindert werden soll. Aber gerade im Interesse des Klimas muss es vollendet werden. Darauf hat die Bundestagsabgeordnete Nina Scheer (SPD) hingewiesen, die der nach ihrem Vater benannten Hermann-Scheer-Stiftung vorsteht.

Die Energiewende gebietet zwar die Abkehr von allen fossilen Energien, somit auch vom Erdgas, das die Nordstream-Pipeline transportieren wird. Aber ganz abgesehen davon, dass die US-Sanktionen nur darauf zielen, russisches Gas durch US-amerikanisches Fracking-Gas zu ersetzen, sind sie auch, so Scheer, gegen den klimapolitischen „Wandel durch Annäherung“ gerichtet, dessen Russland dringend bedarf, und mit Russland die ganze Welt. Wenn man nämlich etwas daran ändern will, dass die russischen Staatseinnahmen zu einem Großteil aus Verkäufen von fossilen Energien stammen, muss man mit dem riesigen Land kooperieren, statt es in die Enge zu treiben; nur so ist es möglich, den Umstieg auf erneuerbare Energien auch in Russland voranzubringen.

Ökologie und Entspannung zwischen den Machtblöcken gehören zusammen – daran wird Biden, daran wird auch Deutschland zu messen sein.

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Geschrieben von

Michael Jäger

Redakteur „Politik“ (Freier Mitarbeiter)

Michael Jäger studierte Politikwissenschaft und Germanistik. Er war wissenschaftlicher Tutor im Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin, wo er bei Klaus Holzkamp promovierte. In den 1980er Jahren hatte er Lehraufträge u.a. für poststrukturalistische Philosophie an der Universität Innsbruck inne. Freier Mitarbeiter und Redaktionsmitglied beim Freitag ist er seit dessen Gründung 1990. 1992 wurde er erster Redaktionsleiter der Wochenzeitung und von 2001 bis 2004 Betreuer, Mitherausgeber und Lektor der Edition Freitag. Er beschäftigt sich mit Politik, Ökonomie, Ökologie, schreibt aber auch gern über Musik.

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