Frau sollte nicht zu viel erwarten

Gleichberechtigung Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer gibt sich kämpferisch. Zur Feministin macht sie das aber noch lange nicht
Ausgabe 50/2018
Einen Ehering, wie sie ihn trägt, würde sie gern Hetero-Paaren vorbehalten sehen: Annegret Kramp-Karrenbauer
Einen Ehering, wie sie ihn trägt, würde sie gern Hetero-Paaren vorbehalten sehen: Annegret Kramp-Karrenbauer

Foto: Carsten Koall/Getty Images

AKK heißt sie nun also. Das Kürzel findet sich jetzt auch bei Wikipedia, nicht zu verwechseln mit der Altkatholischen Kirche, obwohl es da durchaus gewisse Verbindungen gibt. Dahinter verbirgt sich ein komplizierter Doppelname, den AKK übrigens dem Gleichberechtigungsgrundsatz von 1957 verdankt, der auch das Namensrecht umfasste, aber erst in den siebziger Jahren von den Frauen entdeckt wurde. Wer was auf sich hielt, tat sich diese schrecklichen Vermählungswortungeheuer an, bis sie endlich vom väterlichen „Mädchen“-Namen abgelöst wurden. Seither kann man ungefähr das Baujahr der angesprochenen Damen abschätzen – und in rund 30 Jahren werden sie wohl aussterben.

Die AKK war also ziemlich selbstbewusst, als sie 1984 einen Bergbau-Ingenieur heiratete. Ob sie im saarländischen Püttingen mit Lesben und Schwulen zu tun hatte, wissen wir nicht, aber sicher, dass sie gegen die Homo-Ehe ist, das hat sie immer wieder verlauten lassen auf der Groupie-Tour mit Jens Spahn, der zwar auch aus der Pampa – westfälisch – kommt, aber in dieser Hinsicht eigene Pfade suchte. Dagegen hatte Friedrich Merz nur das berühmte Mofa vorzuweisen.

Im öffentlichen Wettbewerb, wer nun konservativer ist, gibt es bei AKK deshalb Punktabzug. Andererseits war sie in den Siebzigern sicher auf keiner §218-Demo, sonst könnte sie nicht so bescheuert über Frauen reden, die sich zu einer Abtreibung entschließen, und Ärztinnen, die ihnen dabei helfen.

Als Politikerin dagegen hat sie das Kleinreden von Frauen erlebt, bis ganz zuletzt am eigenen Leib mit dem Label „Mini-Merkel“ – was gar nicht leiblich gemeint war. Bei Anne Will platzte ihr – so ging es am Montag durchs Netz – der Kragen, als sie sich unter anderem als saarländische „Bürgermeisterin“ bezeichnen lassen musste: Sie verbitte sich die Art, wie hier über sie gesprochen werde – und Politikerinnen ganz allgemein. Richtig wütend war sie.

Eine solche Frau ist die Union gewöhnt, bei Merkel in der DDR lag ein offizieller Erziehungsauftrag zugrunde, bei AKK bundesrepublikanische Selbsterziehung. Feministisch einzugemeinden ist AKK deshalb aber nicht, vielleicht ist sie eher so etwas wie der lange Arm der alten bürgerlichen Frauenbewegung, die immer ein bisschen versöhnend wirken wollte. Versöhnen kommt übrigens von Söhnen, und mit den Jungs wird AKK ihre Probleme haben. Die Töchter sollten nicht allzu viel von ihr erwarten.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

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