Ich fühle mich noch immer schuldig, wenn ich mir vor Augen halte, dass meine Lieben dort festsitzen. Aber zu sehen, wie viel Solidarität bei den Protesten in London bekundet wird, gibt mir Hoffnung. Als meine drei kleinen Kinder und ich im August in Gaza ankamen, freuten wir uns auf einen zweimonatigen Urlaub, um die Familie dort zu besuchen, nachdem wir zehn Jahre damit verbracht hatten, unser Leben im Vereinigten Königreich aufzubauen. Ich bin Radiologin, seit ich kleine Kinder habe Vollzeitmutter, während mein Mann als Chirurg an einem Hospital arbeitet.
Der Plan war, den Kindern im Alter von neun und vier Jahren sowie 18 Monaten schöne Erinnerungen zu ermöglichen, wenn sie ihre Verwandten und den Ort kennenlernen, an dem ich aufgewachsen bin. Mein Mann blie
Mann blieb wegen seiner Arbeit in London zurück.Nach einer 14-stündigen Reise wollte ich meine Mutter ganz herzlich umarmen und mich mit dem köstlichen Kuchen verwöhnen lassen, den sie backen kann. Ich wollte Zeit mit alten Freunden von der Universität verbringen und die Sonnenuntergänge am Strand von Gaza genießen. Aber am Morgen des 7. Oktober wachten meine Familie und ich um sechs Uhr in unserem Haus im nördlichen Al-Remal-Viertel auf. Wir hörten laute Geräusche und beeilten uns, um Nachrichten zu hören und zu erfahren, was passiert war.Das letzte Wiedersehen mit meinem Vater in Al-RemalIch hatte nicht einmal die Gelegenheit, den Schock zu überwinden, als wenig später, um Mitternacht, der Krieg begann. Was folgte, war eine Woche schlafloser Nächte – das Haus bebte und wurde wegen der Luftangriffe in seinen Mauern erschüttert. Und dann kam der israelische Befehl zur Evakuierung. Mit Herzen voller Verzweiflung verließen wir Al-Remal und machten uns auf den Weg zum Lager Al-Nuseirat im Süden. Das heißt, wir fuhren mit einem Pferdewagen bis zu einem Punkt, von dem aus wir vier Stunden laufen mussten. Ich trug mein Baby auf dem Arm und einen Rucksack mit den wichtigsten Dokumenten auf dem Rücken, die anderen Kinder an meiner Seite. Es gab ein Tuch für jeden von uns gegen den Staub, ein bisschen Milch und ein paar Windeln.Mein Vater konnte uns wegen seiner schlechten gesundheitlichen Konstitution nicht begleiten. Als wir losgingen und uns immer mehr von ihm entfernten, spürte ich tief in mir, dass es das letzte Mal sein würde, ihn zu sehen. Nachdem wir wochenlang nichts von ihm gehört hatten, erhielt meine Mutter am 7. Dezember einen Anruf: Mein Vater sei von einem israelischen Scharfschützen in den Rücken geschossen worden, als er in einer Schule der Vereinten Nationen Schutz suchen wollte. Er sei verblutet, da er keine medizinische Versorgung erhielt. Panzer hatten das UNRWA-Gebäude umstellt.Wir traten auf unter Trümmern verborgene LeichenIch lebe mit einem großen Schmerz, weil ich weiß, dass wir seinen Körper niemals wieder erreichen können. Meine drei kleinen Kinder, meine Mutter, meine an den Rollstuhl gefesselte Großmutter und ich – wir mussten danach noch mehrfach die Orte verlassen, von denen wir gehofft hatten, dort Sicherheit zu finden. Überall drängten sich Vertriebene. Wir schliefen nachts auf dem Boden, blieben ohne Nahrung und sauberes Wasser, ohne Privatsphäre und Sicherheit. Und wir sehnten uns nach unserem normalen, friedlichen Alltag, den wir von zu Hause kannten, nach warmen Mahlzeiten und einem Lachen am Tisch. Bei jeder Evakuierung haben wir Menschen und Dinge zurückgelassen, die wir liebten. Wir gingen und traten auf die unter Trümmern verborgenen Leichen.Mein Mann bemühte sich, eine Verbindung herzustellen und die Stimmen seiner Kinder am Telefon zu hören. Er setzte sich durch unzählige Anrufe und Mails für unsere sichere Rückkehr ein und konnte erreichen, dass mein Name und die Namen der Kinder auf eine Evakuierungsliste gesetzt wurden. So überquerten wir am 22. Dezember die Grenze zwischen Rafah und Ägypten. Ich fühlte mich erst sicher, als meine Füße ägyptischen Boden betraten. Dort war es so, als könnte ich wieder atmen. Zwei Stunden später erhielten meine Mutter und meine Großmutter Order, das Lager Al-Nuseirat zu verlassen und nach Rafah zu gehen. Inzwischen sind sie dort, schlafen in einer Garage und bleiben weitgehend ohne Wasser wie Versorgung.Ende Januar endlich kamen wir wieder in London an, und meine Kinder konnten wieder zur Schule gehen, aber jede Nacht halten sie sich die Ohren zu, wie sie es in Gaza taten, wenn ringsherum Bomben einschlugen. Sie umarmen sich jetzt häufig, wie ich sie in Gaza zu umarmen versuchte, wenn es in der Nähe Detonationen gab. Ich wollte sichergehen, dass wir – wenn wir sterben sollten – dann gemeinsam sterben.Zurück in London, erinnern sich die Kinder an jedes Detail des KriegesNach diesen 77 Tagen im Krieg können sich die Kinder an jedes Detail erinnern, an die schrecklichsten Augenblicke während des Fußmarsches unter dem ständigen Bombardement in einem angeblich „sicheren Korridor“. Während wir diese Hölle durchlebten, dachte ich immer wieder: „Wie ist das möglich? Wie kann niemand aufhalten, was passiert? Weshalb lassen uns die Welt und ihre Entscheidungsträger diese Erfahrung machen?“Wenn ich in London die Unterstützung der Menschen spüre, die unsere Geschichten kennen und ihre Solidarität zeigen, verspüre ich Erleichterung. Ich hoffe nur, dass die britische sich den anderen Regierungen anschließt, die wollen, dass eine Waffenruhe von Dauer ist, um den sich ausbreitenden Völkermord zu stoppen.