Wie Pink, Taylor Swift oder Beyonce für ihre Konzerte trainieren
Fitness Wie schaffen es internationale Stars, Abend für Abend eine dreistündige Bühnenshow hinzulegen? Fitnessexperten über die harte körperliche Arbeit hinter dem Glamour
Eine Stunde Yoga, eine Stunde Training vor den Shows: Popstar Pink muss sich wie eine Athletin vorbereiten
Foto: Imago/Avalon
Ein nettes Gesicht, eine gute Stimme und ein paar Tanzschritte reichten vielleicht früher, um ein Popstar zu werden. Heutzutage ist das noch nicht mal eine Minimalanforderung, wie Taylor Swift in einem Interview mit dem Time Magazine verrät. „Jeden Tag war ich auf dem Laufband und habe dabei die gesamte Setlist laut gesungen“, erzählt sie über ihre Vorbereitungen zu ihrer aktuellen Eras-Tournee. „Rennen für die schnellen Songs und schnelles Gehen für die langsamen Songs. Drei Monate lang habe ich Tanztrainings absolviert, weil ich es in meine Knochen bekommen wollte.“
Wer die Eras-Tour live oder im Kino gesehen hat, weiß, warum sie sich so anstrengen muss. Die Show besteht zu gleichen Teilen aus Pop-Extravaganz und Ausdauerleistung:
n hat, weiß, warum sie sich so anstrengen muss. Die Show besteht zu gleichen Teilen aus Pop-Extravaganz und Ausdauerleistung: Fast drei Stunden lang muss sie abwechselnd Kostüme wechseln, kraftvoll tanzen und Sprints von einem Ende der Bühne zum anderen hinlegen – und das alles, während sie singt. Swift ist kein Einzelfall. Auch Beyoncés Film Renaissance dokumentiert die körperliche Arbeit, die eine solche Tournee mit sich bringt. Die aktuelle Celebration-Tour der 65-jährigen Madonna, die im April 2024 nach 78 Konzerten zu Ende geht, macht deutlich, wie lange dieser Einsatz dauern kann.Placeholder image-1„Wir behandeln sie wie Athleten: Welche Belastung können wir dem Körper zumuten?“, fragt Dan Roberts. Der in London ansässige Personal Trainer ist einer der wenigen Fitnessexperten, die sich mit der, wie er es nennt, „seltsamen Welt des Promi-Trainings“ beschäftigen. Meistens geht es darum, Schauspieler für Superheldenrollen (oder hemdsärmelige Szenen) in Form zu bringen; einige seiner Kunden stehen am Broadway sechs Monate lang jeden Abend zwei Stunden lang auf der Bühne. Aber er arbeitet auch mit Adeligen und berühmten Musiker*innen. Wegen der Geheimhaltungsvereinbarungen darf er keine Namen nennen – aber er kann über die Vorbereitung sprechen.Manchmal wird Roberts eingeflogen, um einen Künstler oder eine Künstlerin während einer Tournee zu unterstützen. Häufiger arbeitet er mit anderen hochkarätigen Trainern in der ganzen Welt zusammen, um seine Stammkunden zu betreuen. Er trainiert auch diejenigen, die nur auf der Durchreise nach London sind. Sein erster Schritt besteht darin, die Bedürfnisse des Einzelnen und die Ziele zu ermitteln. „Jemand wie Beyoncé zum Beispiel hat sehr energiegeladene Tanzroutinen, während Liam Gallagher einfach nur dastehen kann“.Muskelaufbau vor dem KonzertNormalerweise beginnt die körperliche Vorbereitung auf eine Tournee drei Monate im Voraus, sagt Roberts. Den meisten Stars ist Sport nicht fremd, und sie kommen oft mit alten Verletzungen. Keiner sagt: „Mein Körper ist großartig“, sagt Roberts. Jono Castano, ein weiterer Personal-Trainer, und in Sydney ansässig, stimmt ihm zu: „Viele von ihnen wissen, was sie tun müssen. Was sie essen und wie sie trainieren sollen. Es geht darum, sie daran zu erinnern und sie zur Vernunft zu bringen.“Unumgänglich ist der Aufbau von Flexibilität und allgemeiner Kraft, um Verletzungen zu vermeiden, wenn man Nacht für Nacht tanzt. Roberts konzentriert sich vor allem auf die stabilisierenden Muskeln rund um die Knöchel. Es bestehe selten die Notwendigkeit, Muskeln oder den Fettanteil aufzubauen, so der Trainer. Roberts erinnert sich aber an eine Popstar-Kundin, deren Körperfettanteil viel zu niedrig war, um sich Nacht für Nacht anstrengen zu können. „Sie kam gesundheitlich mit dem Leben davon, aber sie hatte keine Menstruation, was immer ein Warnzeichen ist. Ich wusste, dass die Tournee hart für sie werden würde, denn sie aß nicht so viel, wenn sie gestresst war.“Das Ziel war in diesem Fall, ihren Körperfettanteil zu erhöhen und ihn für die Dauer der Tournee zu halten. Neben den Anforderungen der nächtlichen Auftritte gibt es jedoch oft ein weniger offensichtliches „Nebenziel“, sagt Roberts, wie z. B. das Abnehmen oder Zunehmen von Muskeln vor einem Auftritt auf einem roten Teppich oder einer Filmrolle. „Diese Menschen sind zunehmend ihr eigener Brand und müssen multiple Dinge tun, um die Marke oben zu halten.“Der Popstar Rita Ora, eine Kundin von Castano, kam oft müde zu den Sitzungen, „was verständlich ist“, sagt er. „Aber als sie sah, was ein Training bewirkt, nämlich die Freisetzung von Endorphinen, fühlte sie sich danach viel besser und positiver.“ Sogar das offene Ohr eines Trainers, der einfach nur zuhört und Ratschläge für den jeweiligen Tag gibt, könne wertvoll sein. „Ich sage immer: Wenn Sie sich nicht jeden Tag 45 Minuten Zeit für sich selbst nehmen können, dann müssen wir einen Blick in Ihr Inneres werfen.“ Für einige Prominente sei das Training sogar eine Art Flucht.Auch Stars müssen überzeugt werdenDer Trainer ist nicht nur eine Art Ad-hoc-Therapeut, der zur Stelle ist, wenn es brennt, sondern muss auch die unterschiedlichen Anforderungen des Zeitplans des Stars erkennen und berücksichtigen. Für Stars auf Taylor Swifts Niveau könne das bedeuten, dass der Trainer als ein Rädchen in einer gut geölten Maschine diene, so Roberts. Für jeden Bedarf werde gesorgt: „Es ist wie eine Firma.“ Taylor Swifts Team zum Beispiel bestehe zeitweise aus bis zu 40 Vollzeitmitarbeitern, mit Dutzenden weiteren, die für die Touren unter Vertrag genommen werden. Ein so großes Unterfangen wie die Eras-Tournee biete tägliche Massagen, routinemäßige Kraft- und Fitnessmessungen und eine Ernährung, die genau auf die Bedürfnisse des Stars abgestimmt ist.Placeholder image-2Der schwierigste Teil der Arbeit eines Trainers bestehe manchmal darin, den Star davon zu überzeugen, dass der Trainer etwas zu bieten hat. Stars auf dem Niveau von Mick Jagger und Madonna, die ihr Leben der Performance gewidmet haben, könnten komplette Kontrollfreaks sein, sagt Roberts. „Das ist keine Beleidigung. Deshalb sind sie so erfolgreich. Aber es ist sehr schwer, sich hier als Trainer durchzusetzen. Egal, wie gut man sich hält: Sobald man sich wehrt, wird man gefeuert“.Sind die Künstler unterwegs, wird das Training oft auf ein Mindestmaß reduziert. Auch Ruhetage werden eingeplant, um die Energie und das Wohlbefinden der Stars zu schützen. Roberts schätzt, dass die Stars bei einer einzigen Show um die 1.000 Kalorien verbrennen, manchmal sogar zwei- oder dreimal so viel. Aber es ist nicht die gleiche Anstrengung, wie für einen Durchschnittsmenschen oder einen sehr fitten Menschen wie Roberts. Er habe noch nie mit Swift gearbeitet, vermutet aber, dass eine dreistündige Show für sie so sein könnte, wie für viele von uns ein 5-km-Lauf: ermüdend, aber nicht vernichtend. „Sie hat die Muskeln und Energie in den letzten 15 Jahren aufgebaut“, so Roberts. Viele Künstler*innen scheinen an der Grenze zum Übermenschlichen zu stehen. Pink, die für ihre Luftakrobatik in ihren Shows bekannt ist, macht eine Stunde Cardio und eine Stunde Yoga, bevor sie auf die Bühne geht. „Manchmal fühle ich mich mehr wie ein Athlet“, sagte sie einmal.Vor einem Auftritt kommunizierten Sänger*innen mit akrobatischen Bühnenshows nur noch das Nötigste. Superstars feiern danach nur selten, sagt Roberts, weil sie ihre Marke ebenso schützen müssen wie ihr Instrument: „Sie trinken ihren Honigtee oder etwas Ähnliches, gehen früh ins Bett und ruhen sich aus“.Proteinshakes statt Alkohol„Man sieht, was die Künstlerinnen und Künstler durchmachen, und das ist immens“, sagt Niamh McCarthy, die Gründerin von Mindful Nation, einer Meditations-App für Künstler*innen. In ihrem früheren Leben war McCarthy vier Jahre lang als Assistentin der Managerin von U2 unterwegs. Nachdem sie das Tourneeleben hinter sich gelassen hat, ist sie nicht überrascht, dass jüngere Stars wie Justin Bieber und Shawn Mendes Konzerte absagen, um sich auf ihr Wohlbefinden zu konzentrieren. „Von ihnen wird nicht nur erwartet, dass sie auf die Bühne gehen und jeden Abend alles geben, sondern auch, dass viele Dinge nach der Show obligatorisch sind: Ihr Label und die Verlage wollen Sie sehen und mit Ihnen reden. Sie sind einfach so beschäftigt.“Aber die imagebewussten Künstler von heute „werden nicht ihren Ruf ruinieren oder eine Show absagen, weil sie verkatert sind. Sie sind zu professionell“, sagt Roberts. Nur wenige seiner Kunden sind dem Klischee des harten Lebens und Trinkens gerecht geworden, und „sie waren in Rockbands, wo sie sich einen Dreck um ihr Aussehen scherten“. Roberts erinnert sich an die Arbeit mit einem Sänger, der einen Proteinshake ablehnte, weil er Zusatzstoffe enthielt. „Ich sagte: 'Kumpel, du hast gestern Abend vier Lines Koks gezogen' – Prioritäten setzen ist wichtig.“
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