Im Interesse der Erben

Lobby Die Stiftung Familienunternehmen nimmt Einfluss auf die Erbschaftssteuer, aber wer steckt dahinter?
Ausgabe 39/2016
Problem erkannt, Problem gebannt
Problem erkannt, Problem gebannt

Bild: Wolfram Steinberg/picture alliance

Familie, das erinnert viele Menschen an einen kleinen, behüteten Ort. Dieses Bild nutzen Familienunternehmen, um in der Öffentlichkeit gut dazustehen: Wir sind besser als die Großkonzerne, in denen Mitarbeiter bloß ein austauschbares Rädchen im kapitalistischen Produktionsprozess sind! Doch mit der Realität hat diese Gegenüberstellung wenig zu tun. Kleine und mittlere Unternehmen können ebenso ausbeuten – und überhaupt: Familienunternehmen können riesig sein, die Besitzer Milliardäre. Der einfachste und effektivste Weg, sehr reich zu werden, ist sogar nur in Familien möglich: das Erben.

Wo sehr viel Geld winkt, da wird mit harten Bandagen gekämpft. Bis zur Einigung vor wenigen Wochen hat die Politik monatelang um eine Neuregelung der Erbschaftsteuer gerungen – während im Hintergrund die Lobbyisten volle Arbeit leisteten. Ganz vorn mit dabei war die Stiftung Familienunternehmen, die in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist und hinter der vermutlich wenige Superreiche stecken. Nach außen schweigt die Stiftung über ihre Geldgeber.

Der Gründer und Vorstandsvorsitzende ist Brun-Hagen Hennerkes, ein Professor. Er hat sich in einem Interview mit Spiegel Online einmal so geäußert: „Wenn wir das Steuerrecht nur danach ausgestalten, dass wir alle erdenklichen Schlupflöcher ausschließen, dann kommen wir auch nicht zu praktikablen Regelungen.“ In den vergangenen Monaten befasste sich die Stiftung etwa mit der Reform der Erbschaftsteuer.

Die jetzt beschlossene Neuregelung bietet immer noch jede Menge Steuervorteile für Firmenerben. Die Stiftung kann sich daher selbst gratulieren, denn sie hat viel Einfluss genommen. Die Lobbyisten, auch von anderen Verbänden, waren offenbar so aufdringlich, dass es selbst die Koalitionspolitiker irgendwann genervt hat. „Es wurde teilweise ziemlich übertrieben“, sagt der CDU-Abgeordnete Ralph Brinkhaus. Ein anonymer Parteikollege wird im Handelsblatt mit den Worten wiedergegeben, er habe den Ansturm wie einen Tsunami erlebt.

In bester Lage

Bundeskanzlerin Angela Merkel hingegen kam der Lobbyismus offenbar sehr gelegen. Im Juni riet sie der Stiftung Familienunternehmen sogar noch in aller Offenheit, die SPD zu bearbeiten: „Wenn Sie sich auch ein bisschen mit den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten befassen, dann ist das sicherlich für die Einigkeit in der Großen Koalition sehr hilfreich.“

Welche Interessen jedoch hinter der Stiftung stecken, das bleibt im Dunkeln. Sie selbst schreibt: „Die Stiftung Familienunternehmen wird von mehr als 400 Firmen verschiedener Größenklassen getragen.“ Welche genau das sind, ist unklar. Einen Jahresbericht gibt es nicht auf der Webseite, und auf Freitag-Anfrage will die Stiftung auch nicht verraten, über welches Budget sie verfügt. Arm kann die Stiftung aber nicht sein, sie hat zehn Beschäftigte und die Hauptstadtrepräsentanz befindet sich in bester Lage Berlins, nur wenige Meter vom Bundestag entfernt.

Vielleicht kommt der Geldsegen von den vielen Familienunternehmen in Deutschland? Aktuell sind es 2,46 Millionen, was 91 Prozent aller deutschen Unternehmen entspricht. Ob die Stiftung aber in deren Namen sprechen kann, ist fraglich. Im Kuratorium sitzen fast ausschließlich Vertreter von Großunternehmen, etwa von Trumpf, Henkel oder Kärcher. Nur drei der 35 Mitglieder stammen aus mittelständischen Firmen, heißt es auf lobbypedia.de. Die Seite wird vom Verein Lobbycontrol betrieben, der die Stiftung Familienunternehmen als „Lobby der superreichen Unternehmenserben und Familiendynastien“ bezeichnet.

Die Stiftung ficht das nicht an. Sie setze sich „für das Familienunternehmertum in Deutschland und Europa ein, nicht aber für die individuellen Interessen einzelner Unternehmen“, erklärt ein Sprecher. Die Stiftung ist sogar gemeinnützig, in der Satzung heißt es: „Zweck der Stiftung ist die Förderung, Information, Bildung und Erziehung sowie der wissenschaftliche Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des Familienunternehmertums in Europa.“

Die Grünen-Politikerin Lisa Paus hat jedoch ihre Bedenken. Es gebe „gute Gründe zu vermuten, dass individuelle materielle Vorteile den Zweck der Stiftung bestimmen“, sagte sie den Stuttgarter Nachrichten. Die Stiftung weist dies zurück. Sie hält ihre Steuervorteile für gerechtfertigt. Und mit Steuervorteilen kennt sie sich ja aus.

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