Es gibt immer noch Deutsche, die sind auf unser Asylrecht stolz. Der Satz konterkariert die Erwartung, wie über Asyl zu berichten sei. Nämlich nur von der Warte jener Deutschen aus, für die das Alphabet nur noch aus zwei Buchstaben besteht: A wie Asyl und Z wie Zusammenbruch. Aber wir hier am Hegelplatz machen uns gerne einen Spaß daraus, die Erwartungen der Leser zu konterkarieren. Also weisen wir darauf hin, dass in der deutschen Migrationsdebatte regelmäßig jene achtzig Prozent der Deutschen vergessen werden, die mit dem Asylrecht gar nicht so ein großes Problem haben – wer weiß, viele von ihnen halten es vielleicht sogar für eine zivilisatorische Errungenschaft. Wenn das so wäre, würden sich diese Leute jedenfalls in die Tasche lügen. In Wahrheit ist das deutsche Asylrecht ein Hohn.
Nehmen wir mal den Artikel 16a: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Das ist einfach, klar und schön – aber leider falsch. Denn die darauffolgenden Abschnitte 2 bis 5 sorgen dafür, dass das Versprechen auf Asyl, das das Grundgesetz tatsächlich einmal gegeben hat, gleich wieder zurückgezogen wird. Laut Grundgesetz haben Asylbewerber, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen, kein Recht auf Asyl und können zurückgewiesen werden. Da Deutschland nur von sicheren Drittstaaten umgeben ist, trifft das praktisch alle Asylbewerber. Die sogenannte sichere Drittstaatenregelung hat das Asylrecht zur Witznummer gemacht und die Last der Migration den Ländern im Süden aufgehalst. Matteo Salvini, Chef der Lega Nord und Italiens neuer Innenminister, mag ein noch so finsterer Rechtspopulist sein – aber sein Wutausbruch, Italien dürfe nicht länger „das Flüchtlingslager Europas“ sein, den kann man verstehen.
Warum das hier alles noch mal steht? Eigentlich nur wegen Sigmar Gabriel. Der hat nämlich im Tagesspiegel einen Artikel geschrieben, in dem steht: „Weil wir uns nicht getraut haben, aufgeklärt und ohne Schaum vor dem Mund über die Möglichkeiten und Grenzen der Chancen und Risiken der Flüchtlingszuwanderung zu diskutieren, haben wir ein schwarzes Loch hinterlassen. Deutschland droht irrezuwerden an dieser Frage.“
Man hält kurz inne und wundert sich und liest dann unter dem Artikel den Hinweis: „Der Autor war Vorsitzender der SPD und mehrfach Bundesminister.“ Ach, ja! Gabriel hätte etwas ändern können, als es noch nicht zu spät war. Als die AfD noch nicht dabei war, die SPD zu überholen. Als Europa am Migrationszwist noch nicht zu scheitern drohte. Leute wie Gabriel oder Angela Merkel hätten rechtzeitig etwas tun können. Haben sie aber nicht. Auch über die Klimakatastrophe werden wir eines Tages so reden. Wenn wir dann noch können.
Kommentare 11
Das, was Zick-Zack-Siggi nun so unglaubwürdig beklagt, entfaltet sich mit aller Macht im öffentlichen und veröffentlichten Diskurs: Die Flüchtlingsdebatte beherrscht und verdrängt somit alles.
Drei aktuelle Beispiele: 1. Die Wirtschaftskriminalität stieg um mehr als 20 Prozent, ihr Schaden auf mehr als 3 Mrd. Euro. Was unternimmt der Innen-, Heimat- und Sicherheitsminister? Taskforce, Personal- und Sachmittelaufstockung, Gesetzesverschärfungen, Masterplan? Nein, denn Seehofer ist rund um die Uhr mit der Flüchtlingspolitik beschäftigt.
2. Deutschland wird vom EuGH wegen dauerhaft zu hoher Nitratwerte verurteilt, die das Trinkwasser schädigen. Was unternehmen die ehemalige Weinkönigin und der Selfie-Minister Spahn? Kämpft die BILD für sauberes Trinkwasser? Nein, Der Flüchtlingsstreit zwischen CDU und CSU prägt die Titelseiten und Talkshows und die Ministerin wiegelt ab.
3. Deutschland rüstet auf, die Rüstungsministerin fordert 15 Mrd. Euro mehr und verspricht in den USA, 1,5 Prozent des BIP für Rüstung auszugeben, Merkel strebt eine zunehmende Militarisierung der EU an. Gibt es eine öffentliche Diskussion über die aktuelle Bedrohungslage und die Rechtfertigung dieser Aufrüstung in den Medien und in der SPD? Nein, diskutiert wird bestenfalls über die Ertüchtigung von Frontex, Grenzsicherung zur Flüchtlingsabwehr, ergo die Flüchtlingspolitik.
So wichtig der Umgang mit der Migration auch ist, wie steht es mit der Fluchtursachenbekämpfung ?, es ist m.E. eindeutig, dass dieses Thema be- und genutzt wird, um vor allem andere wichtige soziale und ökonomische Probleme und Themen zu verdrängen und letztendlich die AFD groß zu machen.
Wenn es zutrifft, dass achtzig Prozent der Deutschen mit dem Asylrecht gar keine großen Probleme haben, dann wird Deutschland auch nicht so bald am Zuwanderungsthema irre werden.
Irre mag allerdings Gabriel selbst geworden sein, gleich 2015, als er ein hemmungsloses Hasspublikum (wo noch gleich?) als "Abschaum" bezeichnete.
Aber man kann sich auch selbst zu wichtig nehmen. Das Land ist wohl noch einigermaßen bei sich.
Es gibt drei Typen von Politikern, den affirmativ-reaktionären, den opportunistischen und den seltenen Fall des kritischen. Der erstere betrachtet die Welt immer aus der Perspektive der Herrschaftsordnung, der zweite denkt, wenn er in Amt und Würden ist, wie man als Repräsentant der Herrschaftsordnung denken muß, wenn er aber außerhalb des Funktionsapparats steht, nimmt er eine kritische Haltung ein, wobei die Motive sehr unterschiedlich sein können. Immerhin ist der zweite dem ersten ganz klar vorzuziehen. Also Gabriel gebührt Dank für die wahren Worte, mit denen er seine eigene Politik schonungslos desavouiert. Es soll Politiker gegeben haben, die die Diskrepanz von vorher und nachher bemerkt und für ihr Leben etwas daraus gelernt haben. Vielleicht überrascht uns Gabriel auch noch damit, aber die meisten Opportunisten bleiben Opportunisten.
vorder-bänkler, die die flaggen-signale monopolisieren
und nach hinten auf vordermann orientieren, gibts satt.
wenn es einen der vorderen sitz-platz-eroberer später reut(?),
einsicht in seine damalige blindheit/in-kompetenz signalisiert,
wollen mir die tränen nicht kommen:
er hat seine macht reichlich miß-braucht.
Interessant in dem Kontext ist auch die Umdeklaration der Werte, die in der Diskussion und "Aufarbeitung" der BAMF-Affaire passiert. Die formale Regelung und deren Einhaltung soll das Vorbildliche sein, die dadurch unterdrückte Hilfe an Bedürftige, das Mitgefühl, die tätige Hilfe soll das Problem sein.
Wahrhaft, Deutschland ist auf dem Weg zurück in seinen Lieblingszustand, den Faschismus.
||Ach, ja! Gabriel hätte etwas ändern können, als es noch nicht zu spät war. Als die AfD noch nicht dabei war, die SPD zu überholen. Als Europa am Migrationszwist noch nicht zu scheitern drohte. Leute wie Gabriel oder Angela Merkel hätten rechtzeitig etwas tun können. Haben sie aber nicht.||
Sehr, sehr lange schon hätte eine, ihren hehren Präambeln folgende, Bundesrepublik darauf achten können, daß die Unternehmen ihres Landes nicht mit Tyrannen in Übersee paktieren und aus Despotie und Krieg kein Geschäft machten.
Lieber aber förderte man Machenschaften mit allen erforderlichen Genehmigungen und Hermesbürgschaften.
Denn solange Schneewittchen nicht aufwacht, sei das Wohl des Kapitals wohl das der Menschen. (Jedenfalls jener, deren Dinner à trois 5 Riesen kosten darf.)
||Auch über die Klimakatastrophe werden wir eines Tages so reden. Wenn wir dann noch können.||
Eben. Können vor Lachen, nach aller Persiflage eines "Wir" an Menschheit, Gesellschaft und Staat als Flohzirkus ein paar Handvoll Illustrer, denen Geschicke des Planeten über eigene Lebensdauer hinaus erwiesene Wurst ist, während wir benebelt an ihren Lippen hängen.
Unmündigkeit, Freude schöner Götterfunken.
Libysche Lager
Die EU schlägt die Einrichtung von Sammellagern für Flüchtlinge in Nordafrika vor und will etwaige Asylgesuche dort exterritorial bearbeiten. Dies geht aus den Unterlagen für den EU-Gipfel Ende kommender Woche hervor. Demnach sollen künftig Flüchtlinge, die auf dem Mittelmeer aufgegriffen werden, nicht mehr nach Europa, sondern zurück nach Nordafrika gebracht werden. Werden ihre Asylanträge abgelehnt, werden sie von dort in ihre Herkunftsländer abgeschoben.
Der frühere deutsche Außenminister Sigmar Gabriel bringt parallel einen Militäreinsatz in Libyen ins Gespräch. Tatsächlich hat die EU den Schritt zur Nutzung von Lagern in Nordafrika im Rahmen ihrer Flüchtlingsabwehr längst vollzogen. So unterstützt sie internationale Organisationen, die sich in Libyen um in Lagern inhaftierte Flüchtlinge kümmern, um mit ihrer Hilfe einige wenige Flüchtlinge nach Europa zu holen, die Mehrheit hingegen zur vorgeblich freiwilligen Rückkehr in ihre Herkunftsländer zu veranlassen. Die Maßnahmen werden zum Teil von Deutschland finanziert.
>>Sehr, sehr lange schon hätte eine, ihren hehren Präambeln folgende, Bundesrepublik darauf achten können, daß die Unternehmen ihres Landes nicht mit Tyrannen in Übersee paktieren und aus Despotie und Krieg kein Geschäft machten.<<
Ja. Vielleicht hätten wir mal andere Lobbyisten wählen sollen.
Welche pro Gemeinschaft statt pro Kapital.
Das hätte sich dann, so scheint´s, mit Fug und Recht Demokratie genannt.
....."erwiesene Wurst ist, während wir benebelt an ihren Lippen hängen."
.....aber/denn:"WEHdem, DER.....!!!"
„Weil wir uns nicht getraut haben, aufgeklärt und ohne Schaum vor dem Mund über die Möglichkeiten und Grenzen der Chancen und Risiken der Flüchtlingszuwanderung zu diskutieren, haben wir ein schwarzes Loch hinterlassen. Deutschland droht irrezuwerden an dieser Frage.“
'Irre' und im Maskulinistenrausch wohl eher Seehofer. Und dann läuft gerade die Regierung der Republik Österreichs mit Schnapsideen und Verfassungbruch und Bruch der Genfer Flüchtlingskonvention Amok. Flüchtlingen sollen bei Ankunft nun auf 840 € durchsucht werden, mit denen die Kosten des Asylverfahrens abgedeckt werden sollen, was allein die Stadt Wien bei 15.000 Anträgen 2.000000 EURO kosten wird. Ferner sollen die Laptops und Handys durchwühlt werden, um die Herkunft der Flüchtlinge aufzustöbern. Man fragt sich, was das angesichts moderner Datenströme überhaupt bringen soll, außer reine Schikane.
Was viel gravierender ist: Die Einbürgerung soll nicht mehr nach 5 Jahren möglich sein, sondern wird auf 10 Jahre hochgeschraubt, was ein internationaler Rechtsbruch ist.
Da geht sie hin 'die europäische Lösung' (sicherlich wird in