Robert Habeck kapituliert vor der fossilen Industrie

Meinung Jetzt also doch: Robert Habeck sieht in der CO₂-Speicherung eine Möglichkeit, die Klimaziele doch noch zu erreichen. Warum das einer Kapitulation gleichkommt
Ausgabe 09/2024
Raus aus der Klimakrise: Robert Habeck sieht in der CCS-Technologie den letzten Ausweg
Raus aus der Klimakrise: Robert Habeck sieht in der CCS-Technologie den letzten Ausweg

Foto: picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Ohne die Speicherung von Treibhausgasen im Erdboden sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Das jedenfalls glaubt Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen. Er hat deshalb die dazugehörige CCS-Technologie ins Zentrum seiner Carbon-Management-Strategie gestellt.

Doch was so professionell klingt, ist in Wahrheit eine Kapitulation. Statt den Ausstieg aus den fossilen Energien Öl, Gas und Kohle voranzutreiben und die Industrie zur realen CO₂-Reduktion zu zwingen, verwaltet die Politik lieber den Klimadreck. Das ist ein großer Fehler, denn anders als Habeck behauptet, gibt es bis heute weder den Beleg, dass CCS dem Klimaschutz nutzt, noch dass sie eine ausgereifte Technologie ist.

Selbst wenn alle weltweit geplanten Projekte funktionieren würden, könnten sie bis zum Jahr 2030 weniger als ein Prozent der globalen Emissionen speichern. In den paar Jahren, die uns für Klimaschutz noch bleiben, setzt die Politik auf eine Phantomtechnologie.

Außerdem ist CCS teuer und gefährlich. Tritt das CO₂ wieder aus – und Leckagen sind unvermeidbar –, kann es schwere Gesundheits- und Umweltschäden anrichten. Ausgerechnet unter der ohnehin ökologisch gestressten Nordsee will Habeck aber die Klimagase speichern. Vor allem ermöglicht CCS der Öl- und Gasindustrie, ihr schmutziges Kerngeschäft unter einem grünen Deckmantel fortzuführen.

Das Center for International Environmental Law zählte auf der jüngsten Klimakonferenz in Dubai fast 500 CCS-Lobbyist*innen aus der Öl- und Gasindustrie. Sie nutzt die CCS-Technologie schon seit den 60er Jahren, um mehr Öl aus geologisch schwierigen Lagerstätten zu pressen. Drei Viertel des abgeschiedenen CO₂ werden für diesen Zweck verwendet. In den USA gilt das so geförderte Öl als klimafreundlich und wird subventioniert. Die Gasindustrie nutzt CCS, um fossilen Wasserstoff als blau und „sauber“ zu verkaufen, obwohl der noch klimaschädlicher ist als Methan.

Indem Habeck CCS künftig für Gaskraftwerke erlauben will, geht er sogar noch einen großen Schritt hinter die Vereinbarung von Dubai zurück: In der war der Einsatz dafür – hart erkämpft – ausgeschlossen worden. So haben die Regierungsgrünen mal wieder eines ihrer Ideale geopfert und den Klimaschutz zugunsten der fossilen Industrie abgesagt.

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