Marilyn Monroe: Ihr Herz schlägt links, weshalb das FBI sie beschattet
Zeitgeschichte 1953 Die Schauspielerin Marilyn Monroe ist als Weltstar die Schönheitsgöttin schlechthin. Als ihr Film „Gentlemen Prefer Blondes“ in die Kinos kommt, führt der Titel bald ein Eigenleben
Bei Pflegefamilien und in einem Kinderheim wuchs sie auf, arbeitete in einer Rüstungsfabrik: Marilyn Monroe, hier als Lorelei Lee
Foto: Ronald Grant/Imago Images
Marilyn Monroe gibt nach wie vor Rätsel auf; ihre Person wird törichterweise oft reduziert auf eine nicht eben intelligente Blondine. So klang es auch nicht besonders wohlwollend, was die New-York-Times-Rezensenten zu ihrer mit Tanz, Schlagfertigkeit, Klamauk und Musik inszenierten Filmkomödie Gentlemen Prefer Blondes einst anzumerken hatten. Gegen Ende „driftet und versinkt“ das Werk in die Tiefe, wo die Wracks unbrauchbarer Drehbücher lägen, urteilte das Blatt am 16. Juli 1953 nach der Premiere in New York. Die Times bemühte eine nautische Sprache, denn der Film unter Regie von Howard Hawks spielt hauptsächlich auf einem Passagierdampfer unterwegs nach Frankreich. Dort will die als Showgirl arbeitende Lorelei Lee (Monroe) heiraten, aber der
e (Monroe) heiraten, aber der steinreiche Vater des Erkorenen ist dagegen. Mit Hilfe ihrer Freundin Dorothy Shaw (Jane Russell) gelingt Lorelei nach verwirrenden Verstrickungen, inklusive der Suche nach einem gestohlenen Diadem, das Happy End: Lorelei bekommt ihren Mann bei einer Doppelhochzeit. Dorothy hat sich an Bord in den Privatdetektiv verliebt, der im Auftrag des potenziellen Schwiegervaters Loreleis Ehe verhindern sollte.Die einem gleichnamigen Musical nachempfundene Komödie ist so interpretierbar wie das Leben der 1962 im Alter von 36 Jahren verstorbenen Schauspielerin. Marilyn Monroe war viel mehr als das unwiderstehliche Schönheitsideal, das allen Männern den Kopf verdrehte, und Gentlemen Prefers Blondes war mehr als eine Komödie ohne Tiefgang. Monroe spielt mit ihrer sexuellen Ausstrahlung, mit Charme und ihrer Klugheit, um von Männern zu bekommen, was sie will. Selbst ihr Schwiegervater in spe ist beeindruckt. Er fragt Lorelei: „Sag mal, man hat mir gesagt, dass Sie dumm sind. Sie hören sich überhaupt nicht dumm an.“ Antwort Lorelei: „Ich kann klug sein, wenn es wichtig ist. Aber die meisten Männer mögen das nicht.“ Der Senior will wissen, ob Monroe seinen Sohn wegen dessen Vermögens heiraten will. Lorelei korrigiert: „Nein, ich will ihn heiraten wegen Ihres Geldes.“ Das mit dem Geld sei nicht weiter verwerflich, so Lorelei: Geld zu haben, das sei bei einem Mann so etwas wie gutes Aussehen bei einer Frau. „Man würde ein Mädchen nicht heiraten, nur weil es hübsch ist, aber meine Güte, es hilft doch!“Als „Thelma and Louise“ in die Kinos kamBeinahe vier Jahrzehnte nach Gentlemen Prefer Blondes kam Thelma and Louise mit Geena Davis und Susan Sarandon in die Kinos, die Geschichte von zwei starken Frauen, die ihrem tristen Alltag und bestenfalls mittelmäßigen Männerbeziehungen entkommen wollen. Ungeachtet der zeitgemäßen Stereotypen in Gentlemen, was Mann und Frau angeht, gibt es gewisse Ähnlichkeiten zu Thelma und Louise. In beiden Filmen spielen zwei Frauen die Hauptrollen, ungewöhnlich in Hollywood. Getragen werden die Geschichten von einer Freundschaft, die sich nicht von irgendwelchen Männern aus dem Konzept bringen lässt. Dorothy sei die beste, loyalste Freundin, die ein Mädchen haben könne, sagt Lorelei. Beim Happy End meinte Dorothy zu Lorelei: „Denk dran, meine Liebe, zur Hochzeit ist es in Ordnung, Ja zu sagen“. Und die beiden singen: „Wir sind doch nur zwei kleine Mädchen aus Little Rock. Wir kommen aus dem Armeleuteviertel, und nun haben wird es wohl endlich geschafft.“ Diamonds are a Girl’s best Friend, der große Hit im Film, mit Monroe in knallpinkem Satinkleid, ist nicht geldgierig gemeint. Vielmehr findet man darin eine brutal realistische Bestandsaufnahme der Hierarchie in der Gesellschaft und in den Schlafzimmern. Sie bevorzuge einen Mann, der teure Juwelen verschenkt, singt Lorelei. Diamanten seien die besten Freunde eines Mädchens! Küsse zahlten nicht die Miete für die bescheidene Wohnung. „Männer werden kalt, sind erst die Mädchen alt. Und wir alle verlieren am Ende unsere Reize.“Beim Dreh von Gentlemen Prefer Blondes stand Monroe mitten in ihrer Karriere, die rund dreißig Spielfilme umfasste. Die großen Erfolge, Das verflixte 7. Jahr, 1955 unter der Regie von Billy Wilder, 1959 Manche mögen’s heiß, ebenfalls mit Wilder, und 1961 der Western Misfits (Nicht gesellschaftsfähig) sollten noch kommen. Das Drehbuch für diesen Streifen stammte von Monroes drittem Ehemann, dem Schriftsteller Arthur Miller (Tod eines Handlungsreisenden), „kommunistischer Umtriebe“ verdächtigt und 1956 vor das Kongresskomitee für „unamerikanische Aktivitäten“ zitiert. Miller weigerte sich, Namen zu nennen, Monroe stand zu ihrem Ehemann.Zum Judentum konvertiertIm Jüdischen Museum in New York lief vor einiger Zeit eine Ausstellung über zwei Leinwandgöttinnen, die zum Judentum konvertiert sind: Elizabeth Taylor und eben Marilyn Monroe. Diese habe sich nach ihrer Ehe mit Miller 1956 zu diesem Schritt entschlossen, wurde erläutert. Sie habe diese Konversion „ernst genommen“ und mit Arthur Millers Rabbiner Robert Goldburg die Thora studiert. 1961 kam die Scheidung. Monroe blieb allem Anschein nach bei ihrem neuen Glauben.Über die Schauspielerin, die sich angeblich mit Schlaftabletten das Leben nahm, sind endlose Bücher und Artikel geschrieben worden beim Versuch, herauszufinden, wer diese junge Frau denn wirklich war. Es wird spekuliert, Monroe habe unter Depressionen gelitten; sie sei unglücklich gewesen und einsam. Für das Life Magazin fragte ein Reporter sie kurz vor ihrem Tod, ob Freunde sie unterstützt und angerufen hätten, als sie vor Kurzem bei Century Foxvor die Tür gesetzt worden war. Nein, habe Monroe gesagt, mit verwundetem Gesichtsausdruck.Ihr Herz schlug linksGeboren 1926, ist sie bei Pflegefamilien und in einem Kinderheim aufgewachsen. Als Modell entdeckt wird Monroe – damals Arbeiterin in einer Rüstungsfabrik – 1944 von einem Fotografen auf der Suche nach hübschen Frauen. Sie erscheint in Reklameshots und auf Magazin-Covern. Ihre Hollywood-Karriere beginnt 1946 mit dem ersten Vorspielen bei 20th Century Fox. Und Monroes Herz schlägt links. Details sind nachzulesen in einem FBI-Memo vom Juli 1962 (heute auf der Website des Federal Bureau of Investigation zu finden). J. Edgar Hoovers Ermittlungsbehörde hat ihr nachspioniert. So informiert das Memo über ein Mittagessen mit John F. Kennedy, zu dem Monroe eingeladen war. Sie habe den damaligen US-Präsidenten nach der Moral atomarer Tests gefragt. Das Wochenmagazin Time schrieb 2016 unter der Überschrift Marilyn Monroes vergessene radikale Einstellung, sie sei 1960 Mitbegründerin der Abrüstungsorganisation Committee for a Sane Nuclear Policy gewesen. Sie habe „bei Kuba ihre Pro-Castro Einstellung und ihre Unterstützung der damals heranwachsenden Bürgerrechtsbewegung nicht versteckt“. Überhaupt Kennedy. Im Gedächtnis bleibt Monroes gehauchtes und gesungenes „Happy Birthday“ im Mai 1962 bei einer Gala zum 45. Geburtstag des Präsidenten. Monroe in einem eng anliegenden und fast transparenten Kleid. Lief da etwas zwischen Kennedy und Monroe? Oder zwischen Monroe und Kennedys Bruder Robert Kennedy, dem Justizminister? Man weiß es nicht, wie so vieles andere über Marilyn Monroes Leben verborgen blieb.„Die blonde und wunderschöne Marilyn Monroe, glamouröses Symbol des fröhlichen und erregenden Lebens in Hollywood, starb tragischerweise am Sonntag“, berichtete die Agentur Associated Press am 5. August 1962. Der Leichnam habe nackt im Bett gelegen. Zum 60. Todestag erschien bei Netflix The Mystery of Marilyn Monroe: The Unheard Tapes. Man hört ein Interview mit der Schauspielerin: „Wie erzählt man die Geschichte eines Lebens? Die wahren Dinge werden selten verbreitet“, sagt Monroe und lacht: „Gewöhnlich sind es die falschen Dinge.“Der Filmtitel Gentlemen Prefer Blondes hat sich festgesetzt. Die US-Navy produzierte in den 1960er-Jahren einen Film für angehende Offiziere, um ihnen beizubringen, wie man sich auf dem gesellschaftlichen Parkett richtig bewegt. Blondes Prefer Gentlemen – Blondinen bevorzugen Gentlemen – hieß der Film. Der Plot: Charlie und Jack möchten beide mit derselben Blondine anbandeln. Beim ersten Date lassen Charlies Manieren zu wünschen übrig, er spricht mit vollem Mund, futtert die Appetithappen ohne Serviette, weiß nicht, wie man ein Buttermesser benutzt, redet nur über sich selber und nimmt vor der Gastgeberin am Tisch Platz. Charlie bekommt kein zweites Date.