Keine Biker-Lederjacken für Frauen

Tal der Träumer Uber und Airbnb sind die zwei höchstdotierten Start-ups der Welt. Zwischen beiden gibt es einen großen Unterschied
Ausgabe 13/2017
Uber-CEO Travis Kalanick: Was ist bei diesem Investorenliebling schiefgelaufen?
Uber-CEO Travis Kalanick: Was ist bei diesem Investorenliebling schiefgelaufen?

Foto: Money Sharma/AFP/Getty Images

Erinnern Sie sich noch an Mitt Romney? 2011 ging der Präsidentschaftskandidat mit dem Satz „Corporations are people, my friend“ in die Geschichte ein. Damals, als es noch um echte Wahlkampfthemen ging, bevor wir versehentlich einen faschistischen Oompa-Loompa zum Präsidenten gewählt haben. Romney glaubte auch, dass 47 Prozent der Bürger Sozialschmarotzer sind, seine ökonomischen Ansichten passen so gut zu meinen eigenen wie weiße Socken zu Sandalen.

Dass aber Unternehmen auch nur Leute sind, ist in gewisser Weise trotzdem wahr, und es ist wichtig, sich ab und zu daran zu erinnern. Romney meint damit eher, dass Unternehmen mehr Rechte haben sollten, vor allem wohl das Recht zur Steuerflucht.

Nehmen wir uns mal Uber und Airbnb zum Beispiel, die beiden höchstdotierten Start-ups der Welt, mit einem Scheinwert von 68 und 35 Milliarden US-Dollar. Sie haben brav ganze Industriezweige zerrüttet, kommen dabei öfters mit Behörden ins Gefecht und wollen demnächst an die Börse gehen. Damit hört es mit den Gemeinsamkeiten allerdings schnell auf. Uber hatte das, was wir im Start-up-Optimismus „ein paar schlechte Wochen“ nennen. Die Presse ist voll von Berichten über inhärenten Sexismus, einen psychopathischen CEO und über dubiose Strategien, um Behörden und Konkurrenz auszutricksen. Was ist bei diesem Investorenliebling so schiefgelaufen? Obwohl Unternehmen wie Uber einen Vorstand haben, der im Interesse des Unternehmens handeln wird, werden die allermeisten Entscheidungen letztlich doch von einzelnen Menschen getroffen, die ihre eigenen Ziele und Motivationen haben.

Kleines Beispiel: Die Navy Seals der Software-Welt sind die Funktionssicherheitsentwickler. Dass sind die, die um zwei Uhr morgens wachgeklingelt werden, wenn irgendwas nicht funktioniert. Um diesem Ruf gerecht zu werden, spendierte Uber dem gesamten Team Biker-Lederjacken. Nur die Frauen im Team bekamen keine, weil Uber für deren Schnitt im Einkauf nun mal keinen Mengenrabatt hatte. Natürlich steht in keinem Vorstandsbeschluss, dass Frauen von nun an diskriminiert werden sollen. Irgendwer mit der Weitsicht eines sozial völlig überforderten Maulwurfs hat diese Entscheidung getroffen. Anreize sind lokal. Nicht Uber hat also versagt, sondern die Menschen, die falsche Anreize schaffen und verfolgen. Apropos Anreize: Airbnb hingegen hat im Zuge von Trumps Einreiseverbot im Februar Millionen an die American Civil Liberties Union gespendet und Betroffenen Gratis-Logis angeboten. Dafür gabe es Lob – aber auch Kritik, weil Airbnb das Dekret zu PR-Zwecken benutze. Doch Airbnbs Angestellte sind im Schnitt progressiver und politisch aktiver als die von Uber – das ist bewusster Teil des Einstellungsverfahrens.

Das führt dazu, dass Airbnb weitaus mehr Immigranten und Frauen einstellt als Uber, und letztlich waren es die eigenen Angestellten, die von ihrer Firma forderten, Gesicht zu zeigen. Dass das auch noch gut für die Marke ist, ist ein Nebeneffekt, wenn auch kein zufälliger. Kritik dafür gibt es trotzdem. Man kann es halt nicht allen recht machen.

Manuel Ebert hat Neurowissenschaft in Osnabrück studiert. Er lebt und arbeitet als Berater in San Francisco

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Geschrieben von

Manuel Ebert

Manuel Ebert ist Autor, Ex-Neurowissenschaftler, und Data Scientist. Seine Consulting-Firma summer.ai berät Firmen in Silicon Valley.

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