„AfD nicht wählbar“: Deutsche Bischofskonferenz sollten Brücken bauen, nicht Mauern

Meinung Die Deutsche Bischofskonferenz distanziert sich vom Rechtsextremismus der AfD. Er sei unvereinbar mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild. Die katholischen Bischöfe könnten aber noch mutiger sein
Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Foto: epd/Imago

Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat sich mit scharfen Worten von der AfD distanziert. Sie sei für Christen nicht wählbar, erklärt sie in einem Papier und verweist zur Begründung auf den in der Partei dominierenden völkischen Nationalismus, der mit dem „christlichen Gottes- und Menschenbild“ nicht vereinbar sei.

Da die Erklärung auf die bevorstehenden Wahlen in Ostdeutschland zielt, denkt man an analoge Worte von Papst Franziskus, der sich im US-Wahlkampf 2016 zur Wählbarkeit Donald Trumps zwar nicht äußern wollte, aber doch laut urteilte: Wenn „dieser Mensch“ ankündige, eine Mauer zwischen Mexiko und den USA bauen zu wollen, um die Flucht aus Mittelamerika zu stoppen, sei er „kein Christ“. „Ein Mensch, der nur daran denkt, Mauern zu bauen und nicht Brücken, der ist nicht christlich.“ Und zu den Flüchtlingen: „Es sind Brüder und Schwestern, die aufbrechen, vertrieben durch Armut und Gewalt, durch Drogenhandel und organisierte Kriminalität“.

Trumps Mauer wird von den in der AfD laut gewordenen Deportationsplänen noch übertroffen. Gut deshalb, dass sich die DBK in die seit vielen Wochen anhaltende öffentliche Brandmarkung der Pläne einreiht. Richtig bedenkt sie auch, dass die von Franziskus betonte christliche Maxime, „Brücken zu bauen, nicht Mauern“, zwei Seiten hat: Brücken für Migranten, aber auch für AfD-Anhänger, damit sie umkehren. Die Kirche, erklärt die DBK, werde sich dem Dialog mit jenen nicht entziehen, „die für diese Ideologie“ – den in der AfD grassierenden Rechtsextremismus – „empfänglich, aber gesprächswillig sind“. Sollte das schon für jedermann die Maxime sein, ist es nach dem „christlichen Gottes- und Menschenbild“ noch besonders geboten: wegen des Begriffs von Gerechtigkeit, der in dessen Zentrum steht.

Gerechtsein, christlich verstanden, heißt nämlich nicht, das Böse zu vernichten oder auch nur von sich abzuhalten, sondern es ins Bessere zu verwandeln – die Ungerechten gerecht zu machen. Das geht natürlich nur, wenn man sich auf sie einlässt. Was wiederum denen leichter fällt, die einsehen, dass sie auch selber ungerecht sind.

Aus politischem Realismus, der auch sein muss, ist es auch richtig, zwischen Führern und Gefolgschaft der AfD zu unterscheiden. Das tut die DBK, wenn sie erklärt, es sei mit denen zu sprechen, die für die Ideologie empfänglich sind, nicht also mit denen, die sie her- und bereitstellen. Hier frage ich mich aber, ob die DBK nicht mutiger sein könnte. Für Politiker folgt aus der Unterscheidung zweifellos die „Brandmauer“, dass es also keinerlei „Dialog“ mit den AfD-Führern geben soll, wenn auch natürlich ein polemisches Sprechen mit ihnen in den Parlamenten. Bischöfe aber könnten die Führer zum öffentlichen Streit vor Fernsehkameras herausfordern. Um die Gefolgschaft zu erreichen, wäre das ja der schnellste Weg.

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Geschrieben von

Michael Jäger

Redakteur „Politik“ (Freier Mitarbeiter)

Michael Jäger studierte Politikwissenschaft und Germanistik. Er war wissenschaftlicher Tutor im Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin, wo er bei Klaus Holzkamp promovierte. In den 1980er Jahren hatte er Lehraufträge u.a. für poststrukturalistische Philosophie an der Universität Innsbruck inne. Freier Mitarbeiter und Redaktionsmitglied beim Freitag ist er seit dessen Gründung 1990. 1992 wurde er erster Redaktionsleiter der Wochenzeitung und von 2001 bis 2004 Betreuer, Mitherausgeber und Lektor der Edition Freitag. Er beschäftigt sich mit Politik, Ökonomie, Ökologie, schreibt aber auch gern über Musik.

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