In diesem dreiteiligen Text will ich die Grünen kritisieren. Man wird sagen, das geschehe doch eh schon oft genug. Aber ich schließe mich einer gewissen Kritik an den Grünen nicht an. So wenig, dass es mir darum gehen muss, erst einmal zu sagen, wofür sie keine Kritik verdienen. Meine Methode wird sein, dass ich frage: Was täte eine radikalökologische Partei? Die es leider nicht gibt. An ihr werde ich die Grünen messen. Ich messe sie also nicht etwa an der Linkspartei. Wie sich noch zeigen wird, unterscheiden sich Linkspartei und Grüne in ökologischen Belangen nur ganz unwesentlich.
Die radikalökologische Partei, die es nicht gibt, wäre die zeitgemäße kommunistische Partei. Kommunisten streben bekanntlich eine neue, nicht mehr kapitalistische Gesellschaftsordnung an. In ihr wäre negiert, was den Kapitalismus ausmacht. Das heißt, es gäbe kein Kapital mehr, keine Kapitallogik. Was ist Kapitallogik? Marx hat es definiert: „Das Kapital als solches setzt nur einen bestimmten Mehrwert, weil es den unendlichen nicht at once setzen kann; aber es ist die beständige Bewegung, mehr davon zu schaffen.“ Als diese Bewegung, die alle Grenzen zerstört und überschreitet, ist das Kapital unvereinbar mit ökologischen Gleichgewichten, und das ist heute die Hauptsache. Wer heute für ökologische Gleichgewichte kämpft, muss den Kapitalismus angreifen, und ebenso gilt das Umgekehrte: Wer heute den Kapitalismus bekämpfen will, muss dessen antiökologischen Charakter angreifen, denn das ist die konkrete und konkret sichtbare Gestalt, die er heute annimmt.
Was wird den Grünen vorgeworfen? Zum einen dass sie „nicht links“ seien. Jene radikale Partei wäre das aber ebenso wenig. Rechts ist sie natürlich noch weniger, bloßes Linkssein aber wäre ihr zu billig. Kommunisten sind niemals „links“ gewesen. Man denke an Rosa Luxemburg, die dagegen war, mit damaligen Liberalen einen Parlaments-„Block aller Linken“ zu bilden, oder an Lenin, der gegen das britische „System der zwei Parteien der Ausbeuter“ polemisierte. Eine dieser beiden Parteien war die Labourparty, der man das Attribut „links“ ja wohl nicht absprechen wird. Antonio Gramsci hat es theoretisch erklärt: Die Spaltung der Gesellschaft und ihrer Parlamentsvertretung in zwei Hälften, eine rechte und eine linke, ist gerade die Herrschaftsmethode des Kapitals. Es stellt sich auf beide Seiten und spielt sie gegeneinander aus. Divide et impera. Im Nachkriegsdeutschland konnte man das ständig beobachten: CDU und SPD als potentielle Regierungsparteien, das heißt Anführer von „51 Prozent“-Hälften im Parlament, waren beide gleichermaßen Kapitalparteien.
In der Geschichte der kommunistischen Parteien hat es gegen das „System der zwei Parteien“ oder, bei Verhältniswahlrecht, Parteiblöcken selbst wieder zwei Strategien gegeben, die sich nur scheinbar widersprachen. Die eine war, dass Kommunisten die Zusammenarbeit mit beiden kapitalorientierten Blöcken verweigerten. So die KPD in der Weimarer Republik. Die andere bestand darin, dass sie in beide eingriff, ganz wie das Kapital, nur in entgegengesetzter Absicht. Diese letztere Strategie wurde in den 1970er Jahren von Enrico Berlinguer, dem damaligen Chef der KPI, postuliert und erprobt. Sie scheiterte damals daran, dass der christdemokratische Parteiführer Aldo Moro ermordet wurde. Er hatte sich auf Berlinguer eingelassen und das machte gewissen Kreisen offenbar Angst. Das Gemeinsame der Strategien von KPD und KPI liegt darin, dass sie im Parlament einen dritten Block bildeten, statt am Kampf der einen Parlaments- und damit Bevölkerungshälfte gegen die andere teilzunehmen.
Dass Ökologinnen, denen es ernst ist, um einer dritten Sache willen politisch kämpfen, ist heute auch Menschen klar, die mit dem Kommunismus nichts (mehr) zu tun haben. So schreibt Bruno Latour, der namhafte französische Soziologe, in seinem Terrestrischen Manifest: „Die Ökologisten haben versucht, weder rechts noch links, weder rückwärtsgewandt noch progressistisch zu sein. Es ist ihnen dennoch nicht gelungen, sich der vom Zeitpfeil der Modernen gestellten Falle zu entziehen.“ „Tatsächlich lässt sich die Spaltung RECHTS/LINKS auf zweierlei Weise ‚überwinden‘ bzw. ‚aufheben‘. Man kann sich längs des traditionellen Vektors in die Mitte der beiden Pole setzen. Man kann aber auch den Vektor neu definieren und sich an den dritten Attraktor binden [meine Hervorhebung], wodurch die Palette der Positionen LINKS/RECHTS entsprechend einem anderen Gesichtspunkt zwangsläufig neu aufgeteilt werden muss.“ Wohlgemerkt, die „Palette“ verschwindet dann nicht, sondern bleibt, wird aber umstrukturiert. LINKS bleibt so sehr wie es aufhört, es wird „aufgehoben“ im Hegelschen Sinn. Deshalb stellt Latour „die Frage: Warum hat die auf die soziale Frage fokussierte Bewegung sich der ökologischen Themen nicht von Anfang an bemächtigt, als seien es ihre ureigenen? Sie hätten sich auf diese Weise ihrem Los, obsolet zu werden, entziehen und dem noch schwachen Ökologismus tatkräftig beispringen können. Aber auch andersherum gefragt: Warum hat es die politische Ökologie nicht verstanden, die soziale Frage zu übernehmen?“
Wer stattdessen derart „links“ ist, dass er oder sie die „soziale Frage“ unabhängig von der ökologischen fokussiert, stellt nicht die vorhandene Gesellschaftsordnung in Frage, sondern fordert ihr nur einen „gesamtgesellschaftlichen Betriebsrat“ ab, wie das führende Sozialdemokraten seit Anfang der 1990er Jahre immer wieder einmal ganz offen und ausdrücklich getan haben. Die Titanic, schon in der Nähe des Eisbergs, soll nicht ohne „Kümmerer“ dampfen. Ich erlaube mir das paradoxe Bild, wohl wissend, dass die Gefahr heute nicht in den Eisbergen liegt, sondern darin dass sie schmelzen. Dann gehen nicht nur Küsten unter, die den Meeresspiegel kaum übersteigen, sondern im Eis war auch Methan gebunden und wird nun freigesetzt, eins der Gase, die das Klimatreibhaus anheizen. Ein „Kippeffekt“ der Klimakatastrophe: Wenn nur der erste Damm bricht, brechen viele andere Dämme gleich mit.
Es ist, um das Bisherige zusammenzufassen, müßig, den Grünen vorzuwerfen, dass sie mal mit der SPD, mal mit der CDU koalieren. Denn eine radikalökologische, ja eine kommunistische Partei würde das auch tun. Müßig auch der Vorwurf, die Grünen seien eine Partei des Mittelstands. Wenn sie ein gutes Programm hätten, würde man es doch nicht wegen der Herkunft derer ablehnen, die es geschrieben haben. Es ist nun mal so, Arbeiterinnen haben bisher weder eine ökologische noch radikalökologische Partei gebildet, und auch keine kommunistische. Aber umgekehrt haben „Kleinbürger“, wie man das früher nannte, schon oft in der Geschichte eine revolutionäre Rolle gespielt. Marx zum Beispiel. Ja wie Rosa Luxemburg 1905 verallgemeinert, hatte das Kleinbürgertum „in allen bisherigen modernen Revolutionen die größte, die führende Rolle“ gespielt. Es „war zweifellos der lebendige Kitt“, fährt sie fort, „der in den europäischen Revolutionen die verschiedensten Schichten zu einer Aktion zusammenschweißte, der in Klassenkämpfen, die ihrem geschichtlichen Inhalt nach Bewegungen der Bourgeoisie waren, als Schöpfer und Träger der notwendigen Fiktion vom gesamten ‚Volke‘ fungierte. Dasselbe Kleinbürgertum war auch der politische, geistige, intellektuelle Erzieher des Proletariats“! Marx selbst hatte am Gothaer Programm der SPD die Formulierung kritisiert, im Verhältnis zur Arbeiterklasse seien „alle andren Klassen nur eine reaktionäre Masse“. „Hat man“, fragt er spitz, „bei den letzten Wahlen Handwerkern, kleinen Industriellen etc. und Bauern zugerufen: Uns gegenüber bildet ihr mit Bourgeois und Feudalen nur eine reaktionäre Masse?“
Bleibt der Vorwurf, die Grünen würden den Kapitalismus nicht angreifen. Das würden Radikalökologen allerdings tun. Die Frage ist nur, wie sie es täten. Qua verbaler Beschimpfung? Auch, vielleicht. Aber darauf käme es nicht an. Entscheidend wäre, dass sie den Kapitalismus in der Sache angriffen. Sie wären sachkundig im Hinblick auf die Tatsachen der Ökologie und würden anhand ihrer aufzeigen, dass ökologische Gleichgewichte mit Kapitallogik unvereinbar sind. Wenn ich jetzt dazu übergehe, die grüne Ökologiepolitik zu kritisieren, wird das die Frage sein: nicht ob sie den Sturz des Kapitals verbal beschwören, sondern was sie zur ökologischen Sache zu sagen haben.
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Am Anfang des grünen Europaprogramms 2019 steht ein ökologisches Kapitel und das beginnt so: „Durch saubere Energiequellen kann eine weitgehende Energieunabhängigkeit erreicht, können Klima und Umwelt geschützt und nachhaltige Jobs geschaffen werden. Das ist unser Ziel. Die gute Nachricht: Alle Lösungen dafür stehen bereit, sie müssen nur angepackt werden!“ Da kommt man schon etwas ins Grübeln. Energieunabhängigkeit ist kein ökologisches Ziel. Wie man weiß, führten die USA schon Kriege, um ihr näher zu kommen, und wird sie heute durch Fracking erreicht, eine auch von den Grünen abgelehnte Fördermethode. Die Grünen sind gegen das deutsch-russische Projekt Nordstream-2, da geht es in der Tat um Energieunabhängigkeit, aber nicht um Ökologie.
Das ist also ein etwas merkwürdiger Einstieg, gelinde gesagt. Der aber natürlich nichts daran ändert, dass es richtig ist, „saubere Energiequellen“ für das andere genannte Ziel, den Schutz von Klima und Umwelt, zu fordern. Gemeint sind „regenerierbare“ Quellen, also Sonne, Wasser und Wind, von denen die Umwelt kaum belastet wird. Die Belastung, um die es geht, ist die CO2-Emission, Hauptfaktor des Treibhauseffekts und damit der Klimakatastrophe. Das mittlere CO2-Äquivalent zum Beispiel von Windkraftanlagen liegt bei 9,4 Gramm CO2 pro Kilowattstunde und das ist wirklich wenig, denn ein Gaskraftwerk kommt auf 350 bis 400, ein Steinkohlekraftwerk gar auf 750 bis 1050 Gramm. Es ist also richtig, die ganze Industrie so schnell wie möglich auf „saubere“ Quellen umzustellen, und wenn das einmal gelungen ist, werden auch noch jene 9,4 Gramm wegfallen, denn sie fallen heute nur deshalb noch an, weil die Herstellung und der Transport von Windkraftanlagen nicht ihrerseits von der Windkraft oder einer anderen regenerierbaren Quelle, vielmehr noch fossil, also durch Verbrennung bewirkt wird; die Wind-, Wasser- und Solarwirtschaft produziert anders gesagt, und mit einem Lieblingsausdruck von Marx, noch nicht auf eigener Grundlage.
Richtig, ja klug ausgedacht ist auch das Folgende: Klimapässe für Bewohnerinnen bedrohter Inselstaaten, völkerrechtliche Ansätze zum Umgang mit klimabedingter Migration, Verteuerung der Entstehung von CO2, Rückgabe dieser Besteuerung an die Menschen in Form eines Energiegeldes als Pro-Kopf-Zahlung. „Schlüssel für weniger Energieverbrauch sind die Bereiche Planen, Bauen und Wohnen“, auch richtig, aber nun zeigt sich schon die Linie, die sie übergreifend verfolgen: Sie fordern den „Umstieg auf eine energieeffiziente Elektromobilität, Digitalisierung, effiziente Produktion und energiesparende Produkte mit einer langen Lebensdauer“. Effizienzsteigerung ist eine von drei in der Wissenschaft diskutierten Strategien, die gegen die Klimakatastrophe zum Einsatz gebracht werden kann oder, besser gesagt, hätte gebracht werden können. Denn es ist schon zu spät, die Katastrophe ist schon eingetreten, inzwischen können die möglichen Strategien nur allenfalls das Ausmaß der Katastrophe noch mitbestimmen.
Eine weitere Strategie wird von den Grünen wenigstens angetippt, nicht Effizienz sondern Suffizenz, was mit „Genügsamkeit“ übersetzt werden kann, das wäre also die Strategie, die Menge der produzierten Güter zu verringern. Warum aber nur angetippt? Es ist klar, die Erwähnung dieses Weges erfüllt eine Alibifunktion. Der Grundgestus ist nachgerade entgegengesetzt. Die Unterkapitel des ökologischen Kapitels sind voll von genauesten Detailvorschlägen, ein paar Beispiel wurden genannt, die immer auf Effizienzsteigerung zielen. Effizienzsteigerung heißt, die Menschen könnten weiter so leben – planen, bauen, wohnen - wie gewohnt, nur würde die dahin führende Produktion mit viel weniger CO2-Emmision auskommen, ja irgendwann gar keine mehr benötigen. Da haben sie, wie zitiert, ihre „gute Nachricht: Alle Lösungen dafür stehen bereit, sie müssen nur angepackt werden!“ Und das klingt so, als würden noch mehr Lösungen gar nicht gebraucht. Dennoch sprechen sie am Ende der Unterkapitel kurz und verschämt auch von der Genügsamkeit. So am Ende des Unterkapitels zur Energie: „Wir wollen Anreize setzen, weniger zu verbrauchen und zu konsumieren.“ Dazu wird aber überhaupt nichts Konkretes gesagt, und in der gleich anschließenden Zusammenfassung mit Spiegelstrichen taucht der Punkt nicht mehr auf.
So auch im Folgenden. Das Unterkapitel „Mobilität“ beginnt zwar mit der Losung „mehr ÖPNV, weniger Autos“, wenn es dann aber ausführlich wird, ist beim Thema Auto von „weniger“ gar keine Rede mehr; „gemeinsam mit der Fahrzeugindustrie“ will man nur all das erreichen, was auch diese Industrie erreichen wollen könnte. In nichts wird sie kritisiert, weil an allem, was auch den Grünen missfällt, nur die Regierungen schuld sein sollen. Als handelten diese Regierungen nicht im Auftrag eben dieser Industrie. Auch hier stehen am Ende Alibisätze. Ein „Förderwettbewerb für Städte und Regionen“ soll „gezielt den Autoverkehr verringern“ – aber wie denn, was könnte man vorschlagen, warum steuern die Grünen nicht selbst einen Vorschlag bei? Und wieder folgt eine Kurzzusammenfassung, in der kein „Förderwettbewerb“ mehr auftaucht. Wir werden sehen, in dieser faktischen Abwendung von der Suffizienzfrage liegt das ganze Problem.
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Kommentare 15
Lieber Herr Jäger,
ich empfinde es als wohltuend, dass Sie sich mit dem Thema tiefer auseinander gesetzt haben und demzufolge auch 'organisch' Themen zusammen denken, die sich von einer ideologisch motivierten 'to do' Liste unterscheidet, bei der jeder immer nur wiederholt, was zu tun wäre, gerne unter großzügigem Verzicht auf Details und solche Nebensächlichkeiten wie Sachkunde und Machbarkeit. Auch wenn es nur meine private Befindlichkeitsstörung ist, nie im Leben würde ich mich irgendwie Linken auch nur im Ansatz anvertrauen, denen am Ende der Revolution nichts besseres einfällt als diese oder jene Form der Diktatur und kaum einer kommt weiter. Traurig bis ekelhaft.
Ich denke auch, dass die soziale Frage von der ökologischen nicht getrennt werden kann (damit ist die Fragen des Dürfens hinfällig) und die Lösung kann gewiss nicht sein, dass es auch für die monetär Unterprivilegierten demnächst erschwinglich sein muss, die Umwelt zu zerstören. Billiges Fleisch und billige Reisen für alle, im Namen der sozialen Gerechtigkeit, das wird tendenziell nicht gut gehen. Das Grundrecht auf Kreuzfahrten für alle wäre keine gute Idee. Der Zwang, dass alle Radfahren müssen, ebenso wenig.
Ich setzte auf eine Veränderung des Bewusstseins, in dem Sinne, dass nicht der geistigen Elite klar wird, was zu tun ist, denn denen ist das im Konkreten seit 50 Jahren klar, sondern den kulturell Kreativen, den Meinungsmachern oder -lenkern in einer Gesellschaft, jenen, die die Fähigkeit haben, gesellschaftliche Veränderungen kritisch zu begleiten oder zu hinterfragen, die Druck aufbauen können und deren Funktion es zudem ist, eine noch breitere Schicht auf die richtigen Konzepte hinzuweisen, so dass immer mehr tatsächlich verstehen, worum es geht, warum was zwingend zusammen gedacht werden muss und was als ideologisches Beiwerk rausfallen kann. Zusammen gedacht werden muss, dass die soziale und ökologische Frage und m.E. eine Veränderung des Bewusstseins einer breiteren Spitze zusammen fallen. Natürlich nicht unter Vernachlässigung anderer Themen wie Demographie, Digitalisierung, Zukunft der Arbeit und Wohlstand, Cybersicherheit, innere und äußere Sicherheit und vielleicht ungewöhnlich, der Kreation neuer Statussymbole.
Bei einer weiteren Übersetzung in Praktiken für eine immer breitere Schicht spielen m.E. Argumente eine immer geringere Rolle – nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus der praktischen Beobachtung, dass diese heute schon kaum interessieren: M.E. ist die gefeierte Repolitisierung eher Teil des Problems, als etwas, was erfreuen kann, denn sie führt dazu, dass Themen im Politkblock gedacht werden, so dass eine Entscheidung in der Migrationsfrage die nach dem Umweltschutz bereits mitentschieden hat. Entpolitisierung in diesem Sinne würde bedeuten, dass Themen nicht mehr im stereotypen Block gedacht werden, sondern zunächst einzeln betrachtet werden können, bevor der logische und/oder empirische Zwang sie zu größeren Einheiten zusammenführt. Nicht bei allen, aber einer wachsenden Zahl.
Suffizienz statt Effizienz ist dann eine gute Idee, wenn der Wohlstand weiter hoch bleibt und steigt. Das Projekt wäre erledigt, bevor es beginnt, wenn es als Beschränkung, Mangel oder Verzicht verkauft würde, es muss eine reale Beschränkung als eine Steigerung des Wohlstandes nicht nur verkauft, sondern auch verstanden werden. Sucht und Fettsucht können sich heute schon die monetär Abgehängten leisten, dass Langeweile und innere Leere zusammenhängen ist kein esoterisches Wissen, dass das innere schwarze Loch mit dem täglichen Paket und immer neueren Elektrospielzeug nicht gestopft werden kann, haben inzwischen genügend Menschen erfahren, ein Problembewusstsein wäre vorhanden und – hier kämen die Statussymbole ins Spiel – eine Konzentration (statt Beschränkung) auf die für das eigene Leben tatsächlich bedeutsamen Themen, könnte als der neue heiße Scheiß tatsächlich auch runtergebrochen werden, irgendwelche Zutaten, die einen dann als jemanden ausweisen, der/die dazu gehört, werden sicher gefunden werden.
Das sehr Allgemeine schließt jedoch auch das Konkrete nicht aus. Beim Thema Auto ist es in meiner Region so, dass die Innenstädte und Peripherie so gestaltet sind, dass sie für alle Verkehrsteilnehmer eine Zumutung sind. Zwar gibt es immer auch die Glücksfälle, dass die Haltestelle der Bahn direkt vor der Haustür ist und einen in 8 Minuten stressfrei zum Arbeitsplatz bringt, aber ich fahre als Springer im wesentlichen zu 4 verschiedenen Krankenhäusern, Job bedingt oft sehr kurzfristig. Kurzfristig ist in Sachen ÖPNV bei mir gar nichts zu machen, aus den 15 bis (in der Regel) 25 Minuten Baustellen Slalom mit nervtötender Parkplatzsuche mit dem Auto, würden 1 bis 2 Stunden mehr werden, nach Schichten wie gestern, mit Überstunden kein Vergnügen, wenn man dann um 23:00 zu Hause wäre. Fahrrad geht gar nicht (ich fahr sehr gerne Rad), Radwege sind, wenn vorhanden, oft eine Katastrophe – Glas drauf, Ein-/Ausfahrten für Autos, die einen nicht sehen, sind lebensgefährlich – führen durch dicke Abgase, die Straßen sind so gut wie alle im Arsch und im Dunkeln wegen sehr großer, sehr sehr zahlreicher Löcher lebensgefährlich, zudem habe ich keine Lust, dass mir mein Fahrrad geklaut wird, eine sichere Abstellmöglichkeit ist nicht vorhanden, Leihräder auch nicht. Die Verkehrsplanung ist haarsträubend konzeptlos, da sich niemand wohl fühlt aber gerecht.
Bin gespannt auf die weiteren Teile.
Klar und unaufgeregt.🙄
schon die entgegensetzung
von der kapitalistischen art zu wirtschaften
und ressourcen-schonendem ökologischem wirtschaften
halt ich für einen denk-fehler.
solange es einen zahlungs-kräftigen markt für
ökologisch-vertretbare produktions-ergebnisse gibt
(meinetwegen staats-induziert),
auf dem sich mehrwert-produzierte waren und dienst-leistungen
sich mit gewinn absetzen lassen,
gibt es keine systemischen schranken.
auch wenn eine um-steuerung von privat-konsum
auf einen, der öffentliche bedürfnisse nach vorn rückt,
schwer-praktizierbar erscheint:
eine nachfrage, die über die grund-bedürfnisse hinausgeht,
gegen ein marketing für geltungs-konsum konkurrieren muß,
braucht ein publikum, das besonders aufgeklärt,
in demokratischen strukturen zu wort und recht kommen kann.
Michael Jäger, sehr gute Analyse der insuffizienten Stellen des Wahlprogramms der Grünen. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die Wahlprogramme nur die schön dekorierten Schaufenster der Parteien sind, die nach dem Urnengang mit der "Real"-Politik konfrontiert neu drapiert werden (müssen), haben sie noch weniger Bestand.
Naja, das Problem der Grünen hat vor einigen Monaten ein Kolumnist in den Blättern doch recht gut auf den Punkt gebracht: Progressiver Neoliberalismus. Die Grünen sind nicht nur ein Partei, die unter Umständen Kriege führen und den Sozialstaat radikal zusammenkürzen. Sondern sie stimmten - wo immer auf förderaler Ebene an Regierungen beteiligt waren - auch für Abschiebungen und Verschärfungen im Asylrecht. Bei den Grünen handelt es sich einfach um eine liberal - bürgerliche Partei mit ökologischen Anleihen - ohne sozialen Schwerpunkt. Man versucht, die schlimmsten Auswirkungen des Neoliberalismus etwas zu entschärfen, ekelt sich aber ansonsten vor dem klassischen Arbeiteinnen Klientel von Linkspartei oder SPD. So war Katrin Göring-Eckardt, die maßgeblich an der Konzeption der Hartz IV - Reformen mitgewirkt hat und diese bis heute befürwortet, sehr glücklich darüber, dass sie wenigstens einen Vorschlag durchsetzen konnte, dass Kinder aus betroffenen Familien künftig zumindest ein Schulessen zustünde. Besser kann man die Politik der Grünen nicht zusammenfassen.
Lieber Michael, danke auch von mir, für diesen Beitrag!
Das ist hart, das ist die Wahrheit, mehr ist dazu nicht zu sagen. Es wäre schade um die elektrische Energie für die Server.
Der „Neoliberalismus der Grünen“, das gehört auch zu den Dingen, die ich n i c h t kritisieren würde, weil die Behauptung einfach unseriös ist. Daß sie vor 15 Jahren an Hartz-IV mitgewirkt haben, sollte man ihnen zumindest nicht mehr vorwerfen als der SPD. Hartz-IV ist SPD-Werk, genauer gesagt Frank-Walter-Steinmeier-Werk. Was Robert Habeck jetzt dazu sagt, ist nicht neoliberal.
In ihrem Europawahlprogramm 2019 fordern sie gemeinsame soziale Mindeststandards in der EU und die soziale Absicherung grenzüberschreitenden Arbeitens, ferner kritisieren sie, daß heute Unternehmer ihren Firmensitz dort einrichten dürfen, wo die niedrigsten Mitbestimmungsstandards gelten. Vielmehr soll der höchste Standard, das ist der slowenische, in allen Mitgliedsstaaten verbindlich werden: volle Parität von Arbeit und Kapital in allen Entscheidungen von Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten. Energieeffizienzmaßnahmen „müssen sozial flankiert werden, damit das Wohnen für alle bezahlbar bleibt“. Schließlich fordern sie die EU-weite Mindestlohn-Richtlinie und auch Grundsicherungs-Richtlinie.
Der „Neoliberalismus der Grünen“, das gehört auch zu den Dingen, die ich n i c h t kritisieren würde, weil die Behauptung einfach unseriös ist. Daß sie vor 15 Jahren an Hartz-IV mitgewirkt haben, sollte man ihnen zumindest nicht mehr vorwerfen als der SPD. Hartz-IV ist SPD-Werk, genauer gesagt Frank-Walter-Steinmeier-Werk. Was Robert Habeck jetzt dazu sagt, ist nicht neoliberal.
In ihrem Europawahlprogramm 2019 fordern sie gemeinsame soziale Mindeststandards in der EU und die soziale Absicherung grenzüberschreitenden Arbeitens, ferner kritisieren sie, daß heute Unternehmer ihren Firmensitz dort einrichten dürfen, wo die niedrigsten Mitbestimmungsstandards gelten. Vielmehr soll der höchste Standard, das ist der slowenische, in allen Mitgliedsstaaten verbindlich werden: volle Parität von Arbeit und Kapital in allen Entscheidungen von Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten. Energieeffizienzmaßnahmen „müssen sozial flankiert werden, damit das Wohnen für alle bezahlbar bleibt“. Schließlich fordern sie die EU-weite Mindestlohn-Richtlinie und auch Grundsicherungs-Richtlinie.
Man wird sehen, in wiefern die Grünen sich durchsetzen werden. Das Robert Habeck in Sachen Hartz - IV jetzt die Trümmer seiner Vorgänger aus dem Weg räumen darf, wird genau so lange anhalten, wie sich die Partei noch inhaltlich sondiert. Es stimmt: Mit Leuten wie Cem Özdemir haben zumindest die etwas unsäglicheren Vertreter grüner Politik an Einfluss verloren. Allerdings sehe ich Habeck mit seinen Forderungen zu Hartz - IV weiterhin allein auf breiter Flur. Parteipolitisch festgehalten ist das noch lange nicht. Besorgniserregend bleibt, dass die Grünen - einmal in Regierungsverantwortung - sich mit jedem Kompromiss anfreunden können und ist er noch so faul. Zu glauben, indem man sich marktradikalen bzw. rechten und rassistischen Parteien um den Hals wirft, würde deren Politik entschärfen und eigene Ideale unangetastet lassen, bleibt Selbstbetrug. Allerdings muss ich zugute halten, dass die Grünen, gemeinsam mit den Piraten, zumindest auf europäischer Ebene durch die Art ihrer Forderungen schon den Kontrapunkt eines sozialeren Europas bilden könnten. Das ist beim jetztigen Zustand der EU aber nicht allzu schwer. Und wiefern diese Forderungen am Ende in der selbst grühmten Kompromissfähigkeit untergehen werden - da bin ich wenig optimistisch. Es braucht grundsätzlichere Forderungen um die EU nachhaltig zu reformieren.
Die sozial-ökologische Zukunft braucht Gemeineigentum und sozial-materielle Gleichheit [- damit aber keine ''Gleichmacherei''], weltweit!
Wir brauchen eine ökologische Kreislaufwirtschaft auf der Grundlage des Gemeineigentums an gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsmitteln. Gemeineigentum als materielle Grundlage für die künftige Entwicklung einer ökonomischen, sozialen und ökologischen Kreislaufwirtschaft. –– Gemeineigentum an Grund und Boden, Luft und Wasser, Rohstoffen und Bodenschätzen, Tier -Natur- und Pflanzenwelt.
Um die Existenz und Bedürfnisse aller Menschen [unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und Geschlecht] auskömmlich und gleichberechtigt zu befriedigen, da bedarf es keine weitere (stoffliche) Steigerung der Produktion von Waren und Gütern aller Art. Keine weitere Erhöhung des Verbrauchs von Rohstoffen und Bodenschätzen. Kein weiteres wirtschaftliches Wachstum in Westeuropa (einschließlich BRD, FR, GB und Schweiz), Nordamerika (USA und Kanada) und Fernost: Japan und Metropolen Chinas etc.
Ein für alle Menschen gleichberechtigter, ökologischer und ökonomischer Umbau der Gesellschaft, setzt allerdings die Beseitigung der weltweiten kapitalistisch-imperialistischen Gesellschaftsformation voraus. Eine (entschädigungslose) Enteignung aller gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsmittel. Insbesondere in den heutigen kapitalistischen Weltwirtschafts- und Konsummetropolen. So auch in der heutigen Europäischen Union! Natürlich damit auch in Deutschland!
Wir brauchen die ökonomische, soziale und ökologische (qualitative) Umgestaltung auf der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an Produktionsmitteln. Dafür muss man schon den Kapitalismus beseitigen! ––
Billiger ist die Erhaltung und Fortschreibung der sozial-ökologischen Existenz der Menschheit und Natur nicht zu bekommen.
PS: Damit dürfte aber keine bürgerliche Partei, kein europäisches Parlament und keine Regierung der ''SozialpartnerInnen'' der Wirtschafts- und Monopolverbände, der deutsch-europäischen und weltweiten (quandtschen) Finanz- und Monopolbourgeoisie, einverstanden sein!
13.04.2019, R.S.
Ich halte ehrlich gesagt schon den Gegensatz von Ökonomie und Ökologie (um zunächst mal alle -ismen zu vermeiden) für ein Missverständnis. Ökosysteme und Geld- und Warensysteme folgen derselben Effizienzlogik. Kommunismus und Ökologismus haben dasselbe Problem, nämlich mit ideologischen Argumenten auf technische und systemische Probleme zu reagieren, was logischer Weise nicht funktionieren kann.
Es tut mir Leid, und ich weiß Sie werden das nicht gerne hören, doch halte ich alle gerade so populären ökologischen Debatten für selbsreferenziell und im Grunde für überflüssig.
Selbst wenn Deutschland von heute auf morgen zum ökologistischen Musterland würde, alle nur noch mit Bus, Bahn oder Fahrrad fahren und die Wende zu eneuerbaren Energien vollbracht wäre (wovon wir noch ein großes Stück entfernt sind). Unser Beitrag zur Reduzierung der CO2 Emmission würde trotzdem im globalen Maßstab überhaupt nicht ins Gewicht fallen.
Umgekehrt haben technische Innovationen, eben weil die ganze Welt mittlerweile so technifiziert ist, ungeheure Wirkung. Die Effizienzsteigerung von Akkus um nur wenige Prozent spart im globalen Maßstab um ein vielfaches mehr an CO2 ein als alle ökologistische deutsche Selbstbeschränkung zusammengenommen.
Was die Grünen angeht, so sind die in der Tat keine Arbeiterpartei mehr. Ihr Höhenflug in Bayern wurde in erster Linie von CSU Abwanderern gespeist. Ökologismus bedient den Stolz eines saturierten Milieus, das es sich leisten kann, Bioprodukte und Elektroautos zu kaufen. Und innerhalb dieser Logik ist es konsequent, dass die Grünen mit einer Verzichtsrethorik eher vorsichtig sind.
Auch den Katastrophismus, der ob der Erderwärmung betrieben wird, halte ich für überzogen. Veränderung ist die einzige Konstante der Natur. Und merkwürdiger Weise wird hier immer nur einseitig berichtet, dass Eisbären Lebensraum verlieren und einige Inseln untergehen werden. Dass in den neuen Grünflächen gleichzeitig viel neues Leben gedeiht und durch die Erwärmung der globale Energiebedarf gedrosselt wird, wird geflissentlich übersehen.
Nachtrag.
Für ökologische Wirtschaftsführung und soziale Umverteilung!
Für die drastische Einschränkung des Rohstoffverbrauchs und Massenkonsums in den Wirtschaftsmetropolen und für eine massive sozial-ökonomische Umverteilung des produzierten Mehrwerts und privaten Reichtums, von oben nach unten, weltweit!
Die Grünen sind so „Links“ wie die Erde eine Scheibe ist. Eine andere Art von FDP, eine Klientelpartei für Besserverdienende. Fusion FDP und Grüne würde Sinn machen und der politischen Frontbegradigung dienen.
Diese 2 Sätze sind richtiger als dieser sich windende Artikel und den zustimmenden Kommentaren. Nur eines hätten Sie bei der Scheibe schreiben sollen. "links und Grün". Sieht man z.B in Hessen wie die Grünen ihre (grüne)Seele mitverkaufen so ist der Artikel ein Hohn für alle die, die in dieser Partei einmal grüne Politik durchsetzen wollten und sich dabei extremsten Widerständen ausgesetzt sahen. Ein Artikel zum Fremdschämen und die meisten Kommentare auch. Die Fusion die Sie erwähnen können Sie auch noch um CDU/SPD/ und leider auch Teilen der Linken erweitern. Heinrich Heines Eingangsvers aus dem Zyklus "Zeitgeschichte" bekommt wieder eine Bedeutung.
Da die Grünen weder an die Arbeiterschicht noch an das Leistungsprinzip denken,
werden sie scheitern.