Linke stehen vor der heißen Phase einer der wichtigsten Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre: In diesen Tagen, am 26. Februar, startet die Unterschriftenaktion für das Volksbegehren zu „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“. Bis Ende Juni müssen in Berlin 170.000 Unterschriften gesammelt werden, damit es dann zum Volksentscheid kommen kann. Stimmt bei einem solchen dann eine Mehrheit von mindestens 613.000 Menschen mit Ja, ist der Senat gezwungen, den Willen der Berliner*innen zum Gesetz zu machen.
Inhaltlich geht es ums Ganze – ums Eigentum. So verwundert es nicht, dass Kapital und kapitalfreundliche Politiker angesichts der Kampagne die Angst vor Sozialismus schüren. Dabei vertuschen die vermeintlichen Enteignungskritiker, dass im Kapitalismus ständig enteignet wird. Für Autobahnen, Bahnstrecken oder klimakillende Kohlegruben werden ganze Dörfer einkassiert. Und auch bei „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ geht es eigentlich um eine Ent-Enteignung. Denn der Konzern Deutsche Wohnen ist deshalb der größte Akteur auf Berlins Immobilienmarkt, weil einst ein rot-roter Senat in kommunaler Hand befindliche Wohnungen verkauft hat.
Doch nicht nur der Inhalt macht die Kampagne zu einer entscheidenden, auch ihre Form. Jahrelang haben Linke gepredigt, man solle endlich raus aus der linken Blase. Genau das passiert hier: Mieter*innen in Not können konkrete Unterstützung bei ihren Auseinandersetzungen bekommen. Linke, meistens ja selbst irgendwo zur Miete wohnend, kämpfen nicht nur für irgendwelche Leute, sondern mit ihnen.
Und so zeigt sich hier, dass es um mehr als ein Volksbegehren geht. Entlang gemeinsamer Interessen organisieren sich die einkommensschwache Rentnerin, der Alt-Autonome, die prekär beschäftigte Designerin.
Da wird das Unterschriftensammeln selbst zu einer Massenaktion: Bereits jetzt haben sich in Berlin mehr als 1.000 Menschen dafür gemeldet, in den kommenden Monaten in 16 Kiezteams Unterschriften zu sammeln. Und so hängen heute schon Zehntausende Plakate in der Stadt – in Kreuzberg wie in den Außenbezirken Marzahn, Köpenick und Spandau.
Aber: Die Unterschriften müssen erst einmal gesammelt werden: 170.000 in vier Monaten, das sind knapp 1.500 am Tag – eine sportliche Aufgabe. Zumindest für alle Menschen in Berlin mal eine gute Gelegenheit, mitzumachen, statt nur lässig danebenzustehen; und für Menschen an anderen Orten ein Anlass, zu überlegen, wie die Kampagne unterstützt und was von ihr für die eigene Arbeit gelernt werden kann.
Kommentare 15
Schöne Initiative. Auch weil nun Diskussionen über Enteignungen zum Wohle des Gemeinwesens salonfähig geworden sind. Mir hätte aber der positive Begriff „Vergesellschaftung“ besser gefallen – egal, weil zu spät. Wünsche viel Erfolg.
„Warum enteignen?“
Sollte es nicht klappen, würde ich es mal mit einer Renditebegrenzung auf wenige % versuchen. Es kann nicht sein, dass sich gierige Spekulanten aus aller Welt an der Grundversorgung der Bevölkerung eine goldene Nase verdienen. Das Mietenhöhe-Wohnkomfort-Verhältnis ist extrem in die Schieflage geraten.
||Aber woher sollen "Linke" auch nur irgendetwas von Ökonomie oder Markt- Mechanismen begreifen, in ihrem bodenlosen faschistoiden Hass auf alle, die irgendetwas leisten und nicht "vom Staat" leben wie 90% der "Enteignungs"- Faschisten.||
Hat "Hardworkero8" mal irgendwo gelernt, zu recherchieren?
Ich denke, das wird er auch nicht wirklich wollen. Schließlich glaubt er ja, es durch harte Arbeit, bar Anderer Goodwill und Connekte, und mitnichten von Staat / Volk lebend zu etwas gebracht zu haben. Ist einzig ehrenhafte Gilde doch jene der Krämer, Pfeffersäcke und Knechter. Während feistes Aufschlagen für geniale Dienste ohne Rücksicht auf Bewandtnis auf Umgebung, deren prekäre Mehrheit halt nie hart arbeitend, faul & träge sich an den Früchten ehrlich Schwitzender zu laben erlaubt.
Und natürlich haben Linke keine Ahnung davon, wie man seine Zeitgenossen ordentlich abledert. Das sind ja auch Träumer von Friede, Freude, Eierkuchen, und so´m Quatsch.
Das vorbeischlurfende Gesocks da draußen sehen zu müssen, während Guiseppe vor abendlichem Menü einen aufs Haus serviert, kann Einem aber auch den wohlverdienten Appetit verderben.
Als so richtig gut Informiertem, der es in der Schule für selbstverständlich hielt, daß Kalle, Gerda, Guschtl und Moni ihn abschreiben ließen.
Selektive Wahrnehmung? … Immer diese Fremdwörter!
^korr: ohne Rücksicht auf Bewandtnis der Umgebung,
Wo wohnen Sie denn?
Entweder Sie sind jemand, der gerne hohe Mieten zahlt, oder sie haben Angst vor Enteignung. Beides müssen Sie nicht. Schauen Sie sich an, was die Initiative will.
Letztlich wird es um einen Kauf gehen. Es muss ja eine Entschädigung gezahlt werden. Wie ich das finden soll, weiß ich noch nicht. Teurer Spaß. Aber es wäre eine gute Sache, wenn perspektivisch der Wohnungsanteil der Kommunen auf ca 2/3 aller Wohnungen erhöht würde.
Das Grundgesetz ist da sehr eindeutig.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 14
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
In einer Demokratie ist Ghetoobildung abzulehnen. lesen Sie die sozialrechtlichen Urteile- das Jobcenter hat Mieten in Mischbezirken aus diesem Grund zu übernehmen. Im übrigen, ich war da bevor hier das Wohnen hipp wurde. Andere bestimmt auch. Jedes Mehrfamilienhaus sollte 1/3 Arme, 1/3 Mittelstand als Mieter*innen haben, 1/3 steht zur freien Verfügung des Vermieters. Dabei müssen günstige Wohnungen natürlich auch Standard haben.
Enteignungen sind Alltag Z.B. beim Strassenbau. Liebe Vermietende, so ein Bündnis hätte es nicht gegeben, wenn nicht ettliche von ihnen, masslos profigetrieben gewesen sind. Mietsteigerungen um 300 % nach Modernisierung, Mobbing von Altmietern. Und im übrigen jede Modersierung ist igrendwann abezahlt- der Vermieter kassiert weiter. Ich gehe davon aus, dass die "investitionen" bereits getilgt sind, so dass die Wohnungen auch wieder an den Senat gehen können.
Da die Mieten in Berlin so extrem sind, verlagert sich die Wohnungssuche in anliegende Städte.Ich wohne in einer diesbezüglichen Stadt und bin froh, daß ich die Wohnung habe, bevor sich die Berliner Verhältnisse festgesetzt haben und die Mieten ebenso steigen.Der Verkehrsknotenpunkt macht es möglich, trotzdem die Arbeit und die Zeit in einen Einklang zu bringen.Die Mieten steigen, denn die Nachfrage steigt und steigt.
Deutsche Wohnen enteignen ist ok, aber erst wenn die Immobilienblase geplatzt ist, dann wird es viel billiger, sie zu entschädigen.
Nur, daß dies hier nicht eintreten wird:||Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.||
In Plutokratie wird man nicht ausrechnen,
# wieviel bei der Privatisierung tatsächlich gezahlt wurde
# wieviel anschließend investiert
# und eingenommen worden ist
, um festzustellen, daß so eine Deutsche Wohnen eine Menge übermäßigen Profits zurückzuzahlen hat, welcher dann an zuvor geschröpfte Mieter zu verteilen wäre.
Entschädigung wird die gleiche Art Hohn sein, wie jener privatisierter Energiekonzerne, welche die unabsehbar kostenintensive Endlagerung von Atommüll beim Staat abladen, und dann noch "Entschädigung" einklagen durften.
Große Ausnahme an Dorado der Spezi-Gesellschaft: UMTS-Versteigerung.
... Falls noch jemand Fragen dazu hat, wer in faktischen Gesellschaftssystemen Mandant und Souverän ist.
Ja, ist auch meine Befürchtung, dass sich der Senat über den Tisch ziehen lassen würde und die Immobilienkonzerne daraus noch ein Riesengeschäft machen würden. Muss aber nicht sein. Am Ende kommt es darauf an, wie klug die Akteure auf der ‚guten Seite‘ sind.
||Am Ende kommt es darauf an, wie klug die Akteure auf der ‚guten Seite‘ sind.||
Da kommen mir Zweifel, ob man berliner Bevölkerung teilnehmen, geschweige denn bestimmen läßt.
Und letztlich kämen die Wenigsten auf solch Systemik. Die hat man dem Gemeingeist doch gründlich abtrainiert.
Der Verhandlungsstand wird ab Verhandlungszeitraum ohne vorausgegangene Umstände und Geschäftigkeit anberaumt; und Niemandem wird die einseitige Kastration auch nur auffallen.
Es wäre im Rahmen gängiger Scheuklappe und freischwebenden Konstrukts.
Wollen wir darüber wetten, ob es sich so fügen wird (durchkommendes Volksbegehren vorausgesetzt, natürlich)?
Wetten würde ich nicht.;) Ich bewahre mir aber gerne ein Quäntchen Optimismus - natürlich immer im Möglichkeitsbereich. Wenn man schon etwas wagt, dann sollte man nicht von vornherein mit einer Niederlage rechnen. Dann könnte man es ja auch gleich sein lassen.
Klar; als etwa Unterschriftensammler würde ich mir den Erfahrungswert natürlich verkneifen.
(Eine Richtung bleibt immer noch besser als ihr Gegenteil. Allein die Salonfähigkeit des Begriffs Enteignung -von Pfeffersäcken- ist inmittem Neoliberalismus überaus beachtenswert.)
Hier hört uns / mein Unken ja Keiner. ... Außer Algorithmen und deren Sachbearbeiter. ;O/
Habe vergessen, mich beim Autor für unverblümten Artikel zu bedanken.
Der Mann hat das Herz am richtigen Fleck.