Grünheide ist ein kleines Dorf in Brandenburg. Grünheide hat Gewerbeflächen. Anfang des Jahrtausends hätte dort mal fast der Autobauer BMW ein Werk errichtet. Hat er dann aber doch nicht. Auf den Gewerbeflächen wurden dann Kiefern in Monokultur angebaut. Kiefern wachsen schnell und sind relativ anspruchslos, aus ihnen kann man gut Karton herstellen – für Papier sind ihre Fasern zu lang –, sie sind deswegen nach Fichten die zweithäufigste Baumart in Deutschland.
Das hätte bis vor einigen Jahren wohl niemand voraussehen können, aber dieser Kiefernforst wird gerade zum nächsten Austragungsort des Stellvertreterkriegs zwischen Establishment und Anti-Establishment.
Das liegt daran, dass dann der Autobauer Tesla nach Grünheide kam,
iegs zwischen Establishment und Anti-Establishment.Das liegt daran, dass dann der Autobauer Tesla nach Grünheide kam, um dort eine seiner Gigafactories zu bauen. Also genau da, wo jetzt die Kiefern waren. Die mussten dann weg. Tesla musste allerdings versprechen, als Ausgleich woanders Bäume zu pflanzen, und zwar hochwertigeren Mischwald. Das fanden einige trotzdem schon damals nicht gut – die Grüne Liga klagte und bekam Feuerschutz ausgerechnet von der AfD. Ramona Pop, Berlins damalige grüne Wirtschaftssenatorin, kommentierte: „Wie abwegig, eine Kiefernplantage zu einem Wald zu erklären.“ Aber Grünheide wurde noch nicht zur neuen Frontlinie.Die oszillierte damals noch zwischen dem Hambacher Forst und Lützerath, zwei Orten, die dem Braunkohletagebau weichen sollten. In Grünheide hängten sich 2020 nur zwei Aktivistinnen für einige Stunden in die Bäume.Gigafactory-GüterbahnhofJetzt sind es um die 80. Denn Tesla will seine Gigafactory erweitern und einen Güterbahnhof bauen. Und jetzt sind die Kämpfe im Hambacher Forst und in Lützerath ausgefochten.Weil Kiefern winzige Äste haben, hängen die Baumhäuser der Aktivist:innen dazwischen wie notdürftig gebaute Ufos. Auf den Bannern steht „Saubere Autos sind eine dreckige Lüge“ und „Water is a human right“. Die Polizei will den Protest verbieten, dann erlaubt sie ihn unter der Auflage, die Baumhäuser abzubauen. Die Baumhaus-Aktivist:innen reichen einen Eilantrag ein, nun dürfen sie vorerst bleiben.Die Polizei spricht von einer „Gefahrenprognose“ und vom gebotenen „Rückbau“ der Baumhäuser, als handle es sich um Atomkraftwerke und nicht um Hütten in Baumkronen. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) befürchtet, „bisher uninteressierte, gewaltbereite“ Menschen könnten sich angezogen fühlen, die sich ein „europäisches Zentrum gegen den Ökofaschismus“ wünschten. Die antikapitalistische „Vulkangruppe“ setzt einen Strommast in Brand und legt die Autoproduktion für mehrere Tage lahm.Gemeinde Grünheide schlägt einen Kompromiss vorDie Gemeinde Grünheide weht dazwischen mit der weißen Fahne und schlägt einen Kompromiss vor – nur etwa die Hälfte des Waldes zu roden –, aber der hört jetzt schon keiner mehr zu. Denn es geht hier natürlich niemandem um die Kiefern.Es steht die Frage im Forst: Ist das hier der richtige Schauplatz? Nun, jeder gefällte Baum ist erst mal schlecht fürs Klima. Und bis ein neuer Ausgleichsmischwald gewachsen ist, dauert es mal gut und gerne 50 bis 100 Jahre. E-Autos sind zwar besser als Verbrenner, aber Tesla-Boss Elon Musk ist zugleich völlig irre und der Inbegriff einer kapitalistischen Hassfigur.Natürlich gibt es gute Gründe, dagegen zu sein, dass sich das Establishment in Grünheide seinen Palast im grünen Tarnumhang ausbaut und sich einfach aus der Krise herauskonsumieren will, anstatt vielleicht mal gar nichts zu bauen. Und dagegen darf man protestieren und das darf auch für viele unangenehm sein. Sonst wäre das Baumhauscamp ja einfach nur ein neuer Hochseilgarten. Die machen zwar Spaß, aber auch nichts wirklich besser.Placeholder authorbio-1