Weltraumschrott wird gefährlich: Die Satelliten von Elon Musk killen ab 2035 Erdbewohner

Kolumne Laut der amerikanischen „Federal Aviation Administration“ hat Elon Musks Unternehmen Starlink mehr als 5.000 Satelliten in die Erdumlaufbahn geschossen. Deren Trümmer könnten ab 2035 alle zwei Jahre einen Menschen töten oder verletzen
Ausgabe 44/2023
Da trifft einen gleich der Starlink
Da trifft einen gleich der Starlink

Foto: TU Braunschweig / picture alliance / dpa

Svenja Beller ist freie Journalistin und Buchautorin. Für den Freitagschreibt sie die Kolumne „Forst und Wüste“ über Klimapolitik, Umweltschutz und was sonst noch alles schief geht.

Mit folgenden Worten beginnt ein neuer Bericht namens Interconnected Disaster Risks der Universität der Vereinten Nationen: „Wir Menschen denken oft, dass Prozesse einfach und vorhersehbar sind. Wenn wir Wasser brauchen, drehen wir den Hahn auf und es kommt Wasser heraus.“ Bei der dazugehörigen Pressekonferenz neulich wirft Jack O’Connor, Meeresökologe und einer der Leitautor*innen der Studie, mit Metaphern um sich, um auf möglichst vielfältige Art zu verstehen zu geben: Wir sind so gut wie am Arsch. Wir rasten mit einem Auto auf eine Klippe zu, sagt er, und wir zögen immer mehr Klötze aus dem Jenga-Turm.

Wenn Ihnen „Jenga“ nichts sagt, haben Sie die 80er und 90er verschlafen (oder Sie waren da noch nicht geboren). Es handelt sich um ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem man Holzklötze aus einem Stapel zieht, bis dieser umfällt. Unklar ließ O’Connor, ob wir das gleichzeitig tun, also ob wir im Auto sitzend und Jenga spielend auf die Klippe zurasen oder ob wir erst über die Klippe rasen und dann an ihrem Fuße im Autowrack Jenga spielen – oder umgekehrt.

Der erste Satz ist übrigens sowohl metaphorisch als auch wörtlich gemeint: „Wir öffnen den Wasserhahn und plötzlich kommt nichts mehr heraus. Dies wird als Kipppunkt bezeichnet, und Kipppunkte können irreversible, katastrophale Auswirkungen für die Menschen und den Planeten haben“, heißt es weiter im Bericht. Einer dieser Kipppunkte ist eben die Erschöpfung des Grundwassers, mehr als die Hälfte aller unterirdischen Wasserreservoirs würden schneller erschöpft, als sie auf natürliche Weise wieder aufgefüllt werden könnten.

Weitere Kipppunkte, vor denen die Forschenden warnen, sind das eskalierende Artensterben (eine Million Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht), die Gletscherschmelze (die Hälfte der Gletscher weltweit werden bis 2100 vollständig geschmolzen sein), unerträgliche Hitze (rund 500.000 Menschen sterben deswegen jedes Jahr), der Verlust von Versicherbarkeit (seit den 70ern haben sich die Kosten von Katastrophen versiebenfacht) und Weltraumschrott.

Bleiben wir mal bei diesem letzten Punkt. Vielleicht haben Sie die leuchtenden Ketten am Himmel gesehen, die Elon Musk mit seinem Unternehmen Starlink in die Erdumlaufbahn schießt. Laut der Federal Aviation Administration sind es schon mehr als 5.000 Satelliten. Sie warnt, dass deren Trümmer ab 2035 alle zwei Jahre einen Menschen töten oder verletzen könnten. Noch viel größer ist das Risiko einer Art Massenkarambolage im Weltraum: 34.260 Objekte umkreisen die Erde, nur rund ein Viertel davon sind funktionstüchtige Satelliten, der Rest ist Müll. Dazu kommen rund 130 Millionen Trümmerteile, die zwischen einem Millimeter und einem Zentimeter groß sind. Weil sie sich mit einer Geschwindigkeit von rund 25.000 Kilometern pro Stunde bewegen, können sie alle großen Schaden anrichten.

Bis zum Jahr 2030 könnten mehr als 100.000 neue Raumfahrzeuge in die Umlaufbahn gebracht werden, prognostizieren die Forschenden. „Irgendwann wird dies einen Punkt erreichen, an dem ein einziger Zusammenstoß eine Kettenreaktion auslöst, die dazu führt, dass unsere Umlaufbahn so dicht mit Schrapnellen bedeckt wird, dass sie unbrauchbar wird. Die bestehende Weltrauminfrastruktur würde schließlich zerstört werden, und künftige Aktivitäten im Weltraum könnten unmöglich werden.“

Ferdinand von Schirach hat mal in einem Interview gesagt, er würde sich das Foto Pale Blue Dot anschauen, das die Erde winzig klein aus einer Entfernung von etwa sechs Milliarden Kilometern zeigt, um weltliche Probleme in eine andere Perspektive zu rücken. Gut, dass darauf der ganze Müll nicht zu erkennen ist.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden