Die USA verlieren Einfluss in Niger: Militär räumt Drohnen-Stützpunkt

Abzug Die Militärregierung in Niger hat das Sicherheitsabkommen mit den USA zu widerrufen. Der Drohnen-Stützpunkt „Base 201“ in Agadez in der Sahara soll geräumt werden. Währenddessen steigt der militärische Einfluss Russlands in der Region
Ausgabe 18/2024
Drohnen-Stützpunkt „Base 201“ der US Air Force in Niger (Archivbild)
Drohnen-Stützpunkt „Base 201“ der US Air Force in Niger (Archivbild)

Foto: piemags/Imago

Mehr als tausend in Niger stationierte US-Militärs werden wohl das Feld räumen. Die Entscheidung scheint unumkehrbar zu sein, nachdem die Militärregierung des westafrikanischen Staates vor einem Monat das Sicherheitsabkommen mit Washington widerrufen hat. Es erlaubte der US-Armee bis dahin, von nigrischem Staatsgebiet aus vorzurücken und dschihadistischen Terrorismus in der Sahelzone zu bekämpfen. US-Gesandte hatten bis zuletzt gehofft, durch Gespräche hinter verschlossenen Türen das seit zwölf Jahren bestehende Abkommen retten zu können. Sie vermochten es nicht.

Nachdem am 15. März ein Regierungssprecher in der Hauptstadt Niamey die andauernde US-Präsenz erstmals öffentlich für „illegal“ erklärt hatte, waren die Würfel gefallen. Der US-Diplomatie blieb nichts anderes übrig, als nach Verhandlungen zwischen Vizeaußenminister Kurt Campbell und Nigers Premierminister Ali Lamine Zeine in Washington ihre Niederlage einzugestehen.

Der nun anstehende Rückzug, der für die kommenden Monate erwartet wird, zwingt zur Schließung des US-Drohnen-Stützpunktes „Base 201“ in Agadez in der Sahara. Erst 2018 komplett eröffnet, kostete dieser Standort 110 Millionen Dollar und sollte auf Dauer als eines der bedeutendsten US-Drohnen-Depots in Afrika aufrechterhalten bleiben. Allein 2019 ist „Base 201“ Berichten zufolge Ausgangspunkt für eine Reihe von tödlichen Angriffen auf Kämpfer des Islamischen Staates (IS) in Libyen gewesen.

Neue russische paramilitärische Einheiten in Afrika

Allerdings waren die Beziehungen zwischen Niamey und Washington seit Juli 2023 angespannt, als Staatspräsident Mohamed Bazoum durch einen Militärputsch gestürzt wurde. Trotz wiederholter US-Forderungen, ihn freizulassen, sitzt Bazoum weiter in Hausarrest. Ganz abgesehen davon, dass die neuen Machthaber seit ihrem Coup keine Anstalten machen, die engen Beziehungen mit Russland zu kappen, wie sie auch die Nachbarländer Mali und Burkina Faso pflegen. Nur wenige Tage nach dem Eintreffen von russischem Militärgerät und Beratern versammelten sich in der vergangenen Woche Tausende Demonstranten in Niamey, um im Gegenzug den Abmarsch der US-Kontingente zu verlangen.

Wie aus Moskau verlautet, ist das dislozierte Militär Teil von Russlands Afrika-korps, einer neuen paramilitärischen Einheit, mit der die „Wagner-Gruppe“ von Jewgeni Prigoschin ersetzt werden soll. Der war im Vorjahr mit einer von ihm angeführten Rebellion gegen die russische Generalität gescheitert und am 23. August 2023 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Gleich nach dem Umsturz in Niger hatte Prigoschin den neuen Männern in Niamey zunächst die Dienste seiner Gruppe angeboten. Mittlerweile warnen US-Militärkommandeure vor einem sich ausbreitenden russischen Einfluss zulasten der USA in der Sahelzone, einer Region in der südlichen Sahara, die sich wie ein Gürtel vom Atlantik bis zum Roten Meer zieht. Die Sorgen wuchsen, als Premierminister Ali Lamine Zeine Ende vergangenen Jahres Moskau besuchte, um über militärische und ökonomische Kooperation zu sprechen. Im Januar folgten Konsultationen in Teheran, unter anderem mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi.

Als Reaktion darauf wurden hochrangige Delegationen aus dem US-Außenministerium und dem Pentagon in Niger vorstellig, um sich für den Erhalt des bilateralen Militärabkommens einzusetzen – ohne Erfolg. Nigrische Politiker zeigten sich sichtlich verärgert darüber, dass sie von amerikanischer Seite verdächtigt wurden, Iran Zugang zu Nigers Uranvorkommen zu ermöglichen und damit das Nuklearprogramm Teherans tendenziell zu fördern. Womöglich war das der letzte Anstoß, die US-Präsenz zu beenden. Damit schwinden westliche Einwirkungsmöglichkeiten auf Niger weiter, da nach dem Staatsstreich im vergangenen Sommer bereits das französische Militärkorps das Land verlassen hatte.

Robert Tait ist Guardian-Kolumnist in Washington

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Übersetzung: Carola Torti
Geschrieben von

Robert Tait | The Guardian

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