Niger: Nach Frankreich setzt die Militärregierung nun auch die USA vor die Tür

Westafrika Die Tage für die hochmoderne US-Airbase 201 in Niger sind gezählt, mit der sich bisher der gesamte Luftraum Nordafrikas überwachen ließ. Die Regierung in Niamey stört sich daran, dass die Amerikaner keinen Datenaustausch wollen
Ausgabe 12/2024
US-amerikanische Soldaten in Niger: Müssen Sie das Land verlassen?
US-amerikanische Soldaten in Niger: Müssen Sie das Land verlassen?

Foto: Imago/piemags

„Angesichts der Bestrebungen und Interessen des Volkes“ habe die Regierung das seit zwölf Jahren bestehende Abkommen zur Militärkooperation Niger-USA „mit sofortiger Wirkung“ beendet, so Amadou Abdramane, Sprecher der Militärregierung in Niamey, vor Tagen. Dieser Bruch zeugt von mehr Kühnheit als das Aufkündigen analoger Kontakte mit Frankreich. Bereits Anfang August 2023 fühlte sich der durch einen Putsch an die Macht gekommene Conseil National pour la Sauvegarde de la Patrie (CNSP) dazu gedrängt. Paris hatte sich zu unverhohlen in die inneren Verhältnisse des Landes eingemischt.

Der Kampf gegen bewaffnete dschihadistische Gruppen

Wie die jetzige Maßnahme begründet wird, passt zu dem, was bereits Mali und Burkina Faso erklärten, als sie UN- und EU-Missionen suspendiert wissen wollten. Die größtenteils von westlichen Truppen getragenen Verbände hätten, so Amadou Abdramane, gewonnene Informationen nicht mit den jeweiligen Regierungsarmeen geteilt. Sie seien dadurch „falsch und unilateral“ tätig geworden. Hinter dieser Äußerung steht Unmut darüber, dass Niger keine Kontrolle über das militärische Vorgehen gegen bewaffnete dschihadistische Gruppen hatte. Man sah sich dadurch behindert, kohärente politische Strategien gegen deren Einfluss zu finden, und blieb abhängig von externer Macht.

Da passt es ins Bild, wenn weitere westliche Sicherheitspartner demnächst verabschiedet werden dürften wie die EUCAP Sahel, eine europäische Capacity Civilian Building Mission, die bisher Nigrer polizeilich ausbildete, um sie gegen Terrorismus, Drogenkriminalität und Menschenschmuggel einzusetzen.

Nahe Agadez liegt die zweitgrößte Airbase in Afrika

Anders als Frankreich, das sich gezwungen sah, den Bruch schnell zu billigen und sein Militärkorps abzuziehen, versuchten die USA mit einer Quasi-Anerkennung der Militärregierung ihre Position zu behaupten. Wofür es besonders einen Grund gab: die in der Nähe von Agadez unterhaltene hochmoderne Airbase 201 – nach Airbase 101 in Djibouti die zweitgrößte in Afrika. Sie kostete über 100 Millionen Dollar, ging 2019 in Betrieb und hat zeitweise bis zu 1.000 US-Militärs beschäftigt. Von dort starten Maschinen, die einen riesigen Luftraum überwachen, dazu Drohnen des Typs MQ-9 Reaper.

Dieses bereits in Afghanistan verwendete Equipment erlaubt es nicht nur Niger, sondern den gesamten Sahel zu observieren, einschließlich des Bürgerkriegs in Libyen. Da man in Niamey theoretisch ein Interesse an verlässlichen Luftbildern haben müsste, erschien es zunächst kaum nachvollziehbar, dass eine hochrangige US-Delegation in der vergangenen Woche vorstellig wurde und keine Übereinkunft erzielte. Was ihr offenbar deshalb verwehrt blieb, weil sie bei der Datennutzung zu keinerlei Zugeständnissen bereit war.

Die von General Abdourahamane Tiani geführte Militärregierung hat bereits vor Monaten Moskau kontaktiert und dürfte nun entschlossen sein, Russland als militärischen Partner mehr ins Kalkül zu ziehen. Wirtschaftliche Bande mit China existieren bereits seit Langem. Neu sind Beziehungen mit Iran, der Niger dringend benötigte Energie liefern will, die mit Uranerz bezahlt wird.

Vorerst hätten die USA die Option, ihre Airbase in den Tschad zu verlegen, wo auch Frankreich noch sicher verwurzelt ist und seinem Ziel näherkäme, gemeinsame Stützpunkte in Nordafrika zu betreiben. Wofür vom Standort her ebenso Mauretanien, Benin oder Marokko in Betracht kämen. Ob das jedoch auf Dauer so sein wird, bleibt fraglich.

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