Hubert Aiwanger und der Antisemitismus: Steht das „Nie wieder“ in Frage?

Meinung Wes Geistes Kind der Freie-Wähler-Chef ist, weiß man seit seinen migrationsfeindlichen Sprüchen. Was aber bedeutet die „Causa Aiwanger“ für Gegenwart und Zukunft der Erinnerungskultur? Über einen deutschen Gründungsmythos, der in Gefahr ist
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 36/2023
Hubert Aiwanger stilisiert sich als Opfer der Medien
Hubert Aiwanger stilisiert sich als Opfer der Medien

Foto: Johannes Simon/Getty Images

Wie lange ist lang genug? Wann gilt politische Absolution, zumal im katholischen Bayern, wo sie allsamstäglich im Beichtstuhl erteilt wird? Und was darf als Sühne auferlegt werden? Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat nun Maßstäbe gesetzt: 35 Jahre sind eine lange Zeit, und er findet: lang genug. Weil ein Schülerflugblatt, egal wie „ekelhaft“, eben eine Jugendsünde ist. Weil das Gedächtnis, wie das seines Stellvertreters und Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger von den Freien Wählern, allmählich aussetzt und er sich kaum an etwas erinnern kann, aber, wie Söder meint, „glaubhaft“ Reue zeige.

Retrograde Amnesie ist das Privileg der Politik. Auferlegt wurde Aiwanger ein Beichtzettel in Form ei