Die Linke: Erst in Hessen rausfliegen, dann Sahra Wagenknecht rauswerfen

Linkspartei Nach den Wahldebakeln in Hessen und Bayern beantragen mehr als 50 Linken-Mitglieder wie die Bremer Senatorin Claudia Bernhard und Berlins ehemaliger Kultursenator Klaus Lederer Sahra Wagenknechts Parteiausschluss
Ausgabe 41/2023
Ein früherer Antrag auf den Ausschluss Sahra Wagenknechts aus der Linken war 2022 an der Landesschiedskommission in Nordrhein-Westfalen und an der Bundesschiedskommission der Partei gescheitert.
Ein früherer Antrag auf den Ausschluss Sahra Wagenknechts aus der Linken war 2022 an der Landesschiedskommission in Nordrhein-Westfalen und an der Bundesschiedskommission der Partei gescheitert.

Foto: Imago/Funke Foto Services

Bitter, aber kaum überraschend: 1,5 Prozent hat die Linke in Bayern erzielt, 1,8 Prozent weniger als 2018. Anders als in Bayern, wo sie nie die Fünf-Prozemt-Hürde übersprungen hat, war die Linke in Hessen zuletzt vier Mal in Folge in den Landtag gewählt worden, die hessische Fraktionschefin Janine Wissler trug das bis zum Vorsitz der Bundespartei. Von dem aus musste sie nun mitansehen, wie die Linke nach 15 Jahren mit 3,1 Prozent aus dem Landtag scheidet.

Als Ursache dafür sehen die auf der Seite Wisslers und ihres Co-Chefs Martin Schirdewan vor allem die beständige destruktive Kritik Sahra Wagenknechts. Deren Anhänger Klaus Ernst hingegen deutete das Debakel als Folge eines Kurses hin auf eine „linksradikale Ökopartei“, den die Linke unter dem jetzigen Vorstand genommen habe. „Es schreit nach etwas Neuem“, sagte Ernst dem Bayerischen Rundfunk. Wann es mit dem Neuen denn so weit sei? „Da müssen Sie Sahra Wagenknecht fragen“, sagte Ernst. Aber er hoffe, „dass wir dieses Jahr in dieser Frage noch was hören“.

Der Verein „BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit“

Das öffentliche Interesse daran, ob Wagenknecht nun endlich ernstmache mit der Gründung einer eigenen Partei, war am Wahlabend fast größer als das an den schlechten Linken-Ergebnissen. Mit denen hatten ohnehin alle gerechnet. Der Startschuss für die neue Partei wird aber wohl noch etwas auf sich warten lassen. Dass Ende September beim Amtsgericht Mannheim ein Wahlverein ins Vereinsregister eingetragen und die Kunde davon kurz vor den Wahlen in den Medien platziert wurde, darf als Hinweis an die eigene Anhängerschaft verstanden werden: Liste Wagenknecht ist in Planung, habt Geduld.

Dafür, dass es noch dauert, dürften auch finanzielle Gründe eine Rolle spielen: Wenn sich eine Partei erst 2024 und nicht mehr 2023 offiziell formiert, stehen aufgrund der Parteienfinanzierungsregeln die Chancen um einiges besser, Wahlkampfkostenrückerstattung zu erhalten.

Gut möglich also, dass der gegründete Wahlverein „BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit e. V.“ (BSW für Bündnis Sahra Wagenknecht) mit Ressourcen der Linken am großen Absprung arbeitet, Wagenknecht und ihre Leute aber noch in Partei und Fraktion verbleiben. Letztere ist nun um eine Person auf 38 Abgeordnete geschrumpft – Thomas Lutze, im Saarland spinnefeind mit Oskar Lafontaine, wechselte Anfang der Woche zur SPD. Damit ist die Fraktion, über der auch noch die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu einer möglichen Bundestagswahlwiederholung in Berlin schwebt, ihrem Ende nähergekommen. Zwei weitere Abgänge, und der Fraktionsstatus ist futsch.

Wahrscheinlich ist nun, dass um den Europawahlparteitag Mitte November der Konflikt erneut eskaliert und die Gruppe um Wagenknecht Anfang 2024 mit dem eigenen Projekt an den Start geht. Zeit, um eine Kandidat*innenliste für die EU-Wahlen einzureichen, ist bis März.

Antrag auf Parteiausschluss Sahra Wagenknechts

Andere wollen indes nicht mehr warten: Unter dem Motto „Die Zukunft beginnt – Sahra Wagenknecht muss gehen“ trommeln ihre Gegner*innen dieser Tage in sozialen Medien für einen Ausschluss der 54-Jährigen aus der Partei. 58 Mitglieder aus fast allen Landesverbänden, Amts- und Mandatsträger*innen wie die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard, die sächsische Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz oder der ehemalige Kultursenator Berlins, Klaus Lederer, reichten einen entsprechenden Antrag ein. Die Hürden für einen Ausschluss sind – aus guten historischen Gründen – noch höher als bei anderen Parteien. Allerdings dürfte das zuletzt immer offensichtlicher parteischädigende Verhalten Wagenknechts die Chance für einen Ausschluss gesteigert haben.

Nur: Bis es der Antrag durch die Instanzen schafft, wird die Spaltung wohl schon vollzogen sein. Die Initiative soll also vor allem ein Zeichen sein, sich nicht mehr alles gefallen zu lassen.

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