In vielen Städten Spaniens gab es spontane und stark besuchte Solidaritätsdemonstrationen für Palästina mit einem Meer palästinensischer Flaggen. Es kam dazu in Madrid, Barcelona, Zaragoza, Alicante, Sevilla, Bilbao, Valencia, Pamplona, Valladolid, Albacete, San Sebastián und Santiago de Compostela. Fast überall wurde zum Ausdruck gebracht, dass es um die Solidarität mit Hunderttausenden von bombardierten Palästinensern im Gazastreifen geht und mit der unter Besatzungsbedingungen lebenden Palästinensern in der Westbank – und nicht um Sympathien für die Hamas.
In bürgerlichen Tageszeitungen wie El Periódico de Aragón wird über die Demonstrationen ausführlich berichtet, unter der Überschrift: „Wir sind nicht hier, um zu sagen, ob wir für oder gegen die Hamas sind, was wir wollen, ist die Freiheit unseres Volkes“. Das bezieht sich auf ein Interview mit einem in Spanien lebenden jungen Palästinenser, der davon spricht, wie sehr es schmerzt zu hören, dass seine im Gazastreifen wie einem „Open Air Gefängnis“ lebenden Angehörigen als „Terroristen“ beschimpft werden. Und keinem fällt ein, bei den Protesten in Spanien von „Antisemitismus“ zu sprechen.
Außenminister gegen Streichung von EU-Geldern
Selbstverständlich gibt es zugleich Aktionen zur Unterstützung Israels, dazu nutzt die rechte Volkspartei auch diese Gelegenheit, um gegen die noch amtierende linke Regierung zu trommeln. Da Premier Pedro Sánchez nach der Verurteilung des Terrors der Hamas, Wert darauf legte, den Kontext des Problems im Auge zu behalten und zwischen den unter israelischer Besatzung leidenden Palästinensern und der Hamas zu unterscheiden, wird er von der Volkspartei unverzüglich als „Hamas-Komplize“ beschimpft.
Isabel Ayuso, eine Galionsfigur der Rechten und Regierungschefin der Region Madrid, wollte Berlin in nichts nachstehen und ließ den Regierungssitz auf der Puerto del Sol in den Farben der israelischen Flagge anstrahlen, woraufhin sich 500 Demonstranten vor dem Gebäude versammelten, um ihre Solidarität mit den Palästinensern kundzutun.
Und während die deutsche Ampelregierung noch damit beschäftigt war, herauszufinden, ob sie die eigenmächtige Streichung der EU-Gelder durch den ungarischen EU-Kommissar Olivér Várhelyi gut oder schlecht findet, war der spanische Außenminister Jose Manuel Albares einer der ersten, der diese Streichung empört zurückwies.
Blütezeit spanischer Kultur
Wie ist diese Differenz zwischen der spanischen und der deutschen Reaktion zu verstehen? Das hat sicher zuallererst mit der deutschen Nazi-Vergangenheit und dem Holocaust zu tun, aber auch mit der spanischen Geschichte: Vom achten bis zur „Reconquista“ im sechzehnten Jahrhundert lebten hier Muslime, Juden – die Sepharden – und Christen unter islamischen Herrschern friedlich zusammen: Es war eine Blütezeit spanischer Kultur.
Noch heute gibt es enge Verbindungen zwischen beiden Welten. Viele Spanier wissen allerdings auch noch aus fast 40 Jahren Franco-Diktatur, was ein Leben unter erstickenden Repression bedeutet.
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