Corona: Eine „Ging nicht anders“-Aufarbeitung ist zwecklos

Meinung Aufarbeiten, lernen, heilen, Straferlass? Der bisherige Diskurs zur Aufarbeitung der Pandemie-Politik zu Zeiten von Corona lässt kaum auf eine erfolgreiche Versöhnung hoffen
Ausgabe 15/2024
Was nach Veröffentlichung der RKI-Files oft verdreht wird: Die Impfstoffe sind wirksam gegen schwere COVID-19-Erkrankungen – Infektionen verhindern sie nicht immer
Was nach Veröffentlichung der RKI-Files oft verdreht wird: Die Impfstoffe sind wirksam gegen schwere COVID-19-Erkrankungen – Infektionen verhindern sie nicht immer

Foto: Stefanie Loos/AFP/Getty Images

Plötzlich überschlagen sich alle mit Forderungen nach einer „Corona-Aufarbeitung“. Auch Alena Buyx, die Vorsitzende des Ethikrates. Zur Erinnerung: Das ist die Frau, die während der Pandemie mit vorauseilender Schönfärberei beschäftigt war und nun im Predigersprech „aufarbeiten, lernen, heilen“ will. Zu schnell seien „wir“ zur Tagesordnung übergegangen – nicht etwa, weil man sich fehlverhielt, nein, wegen des Ukraine-Krieges. Ging halt nicht anders.

Das ist das Leitmotiv der sogenannten Aufarbeitung: Ging nicht anders – wegen des Ausnahmezustands. Doch schon, als alles ausnehmend neu war, rieten Fachleute von langen Schul- und Kitaschließungen ab. Und lange kam nichts und niemand dagegen an. „Querdenker“ sowieso nicht. Auch von Unbescholtenen vorgebrachte Einwände gegen menschenfeindliche Absurditäten wie „2G- plus“ wurden fix beiseitegeschoben wie Zweifel an Impfung, Maske und Testabzocke. Gleiches galt für Warnungen vor wirtschaftlichen und sozialen Folgen von „Maßnahmen“ wie Lockdowns und Impfnötigung. Wer auch nur leise fragte, ob die Mittel schädlicher seien als die Krankheit, mutierte dank öffentlich-rechtlicher Tendenzberichterstattung exponentiell schnell zum „Coronaleugner“.

Solange „Ging nicht anders“ herrscht, ist das Gerede von der Aufarbeitung nur das: Gerede. Es soll ein weiteres Mal rechtfertigen, dass nicht nur Kinder vereinsamten, psychisch langzeiterkrankten, häusliche Gewalt erlitten. Diese Opfer galten so wenig wie jene, denen es untersagt war, kranke Angehörige zu besuchen, Sterbende zu verabschieden oder einfach nur ihren Beruf auszuüben. So produziert man Staatsdistanzierung.

Nun hat der SPD-Politiker Michael Müller eine Debatte über einen Straferlass für kleinere Corona-Vergehen losgetreten. Gut so! Aber warum nur hält er eine generelle Entschuldigung für „nicht angebracht“?

Bevor irgendetwas aufgearbeitet oder einander verziehen werden kann, ist eine Bitte darum fällig. Und grundsätzliche Selbstkritik von allen, die Andersmeinende, egal welcher „Seite“, niedermachten.

Statt unaufrichtigen „Ja, aber“-Statements und fortgesetzten Selbstreinwaschungen müssen Betroffene beteiligt werden, etwa in Bürgerräten. Sonst wird das nix mit Lernen und Heilen.

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Geschrieben von

Katharina Körting

Freie Autorin und Journalistin

2024 Arbeitsstipendiatin für deutschsprachige Literatur der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Katharina Körting

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