Signa-Pleite: Unter den Gläubigern von René Benko sind zwei österreichische Ex-Kanzler

Crash Die Signa-Holding des Finanzjongleurs René Benko hat nicht mehr genügend Geld, um laufenden Verpflichtungen nachzukommen. Ihre Insolvenz macht eine Abwicklung unumgänglich. Tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr
Ausgabe 49/2023
500 Millionen Euro, die René Benko nicht hat, sind bis Ende Dezember fällig
500 Millionen Euro, die René Benko nicht hat, sind bis Ende Dezember fällig

Foto: Robert Haas/picture alliance/SZ Photo

Vor 200 Jahren, als die Zeiten noch lustiger waren, machte sich der große französische Sozialist Charles Fourier den Spaß, eine Hierarchie der Bankrotte und der Bankrotteure zu erstellen. René Benko und die Pleite seiner Signa-Holding hätten ihm gefallen. Ein Ehrenplatz in Fouriers Ranking der unverschämtesten Pleitiers wäre ihm sicher gewesen. Keine Frage, Benko ist am Ende. Die Dachgesellschaft Signa-Holding seines Hunderte Firmen umfassenden Imperiums hat offiziell ihre Insolvenz erklärt. 500 Millionen Euro, die Benko nicht hat, sind bis Ende Dezember fällig. Die Abwicklung dieses Firmengeflechts wird Tausende von Arbeitsplätzen vernichten, gerade in Deutschland. Allein in München droht Galeria Kaufhof, Sportscheck und sonstigen Traditionsfirmen das Aus, andere deutsche Großstädte bekommen die Folgen der Pleite ebenso zu spüren.

Die für manche goldenen Zeiten der Niedrigzinsen

Die Zentralbanken haben die Finanzkrise durch niedrige Zinsen bekämpft. Das waren goldene Zeiten für Finanzinvestoren wie Benko, die problemlos an billige Kredite herankamen. Man warf ihm und seinesgleichen Millionen nach. Es gehört zu den Gepflogenheiten im Kapitalismus, dass die Reichen und Wohlbetuchten das Recht haben, ihr Geld sinnlos zu verschleudern. No risk, no fun – so lange, bis die Blase platzt.

Als die Zinsen wieder stiegen, bedingt durch Pandemie, Krieg und Energiekrise, wurde es absehbar eng für die Glücksritter, die vom billigen Geld anderer Leute leben. Die Baubranche und Immobilienkonzerne hat die Mischung von steigenden Zinsen, Inflation und rasant steigenden Kosten als erste hart getroffen, also auch Finanzjongleure wie Benko, die mit immer komplexeren Firmenkonstrukten Geld machten.

Aber ohne Kredit läuft nun einmal nichts im real existierenden Kapitalismus. Allein in Hamburg sind es neun Bauprojekte, darunter der Elbtower, das Alsterhaus und die Gänsemarkt-Passage, die es hart trifft. Es sei denn, andere Investoren springen ein. Bis dahin wird gezittert wie bei den Gläubigern. Benko und seine Signa-Gruppe schulden laut der bei Gericht eingereichten Gläubigerliste insgesamt 273 Firmen und Personen viel Geld. Darunter sind Großbanken in Deutschland und Österreich, Sparkassen, etliche Luxushotels, eine erkleckliche Zahl von Helikopterfirmen, sogar das Finanzamt Innsbruck und zwei österreichische Ex-Kanzler: Alfred Gusenbauer und Sebastian Kurz. Die Liste ist vorläufig, jeden Tag melden sich weitere Gläubiger.

Luftschlösser statt Leistungsprinzip

Mit René Benko fällt ein Leitbild des gegenwärtigen Kapitalismus, der smarte Finanzjongleur, der Leitbilder wie den ehrbaren Kaufmann oder hart arbeitenden Mittelständler verdrängt hat. Statt Ingenieuren und Organisatoren beherrschen Windbeutel und Dampfplauderer das Feld, windige Gestalten ohne Skrupel, die ebenso in der Politik reüssieren. Vom guten alten Leistungsprinzip bleibt nicht viel, wenn mit heißer Luft gehandelt und mit Luftschlössern große Vermögen gemacht werden.

Manchem guten Bürger kommt das Grausen angesichts dieser Geschäftselite. Nur neu und unerhört ist das alles nicht. Perioden der Schwindelblüte, des Kredit- und Anlagebetrugs in großem Stil, kommen in der Geschichte des Kapitalismus immer wieder vor. Auf den Schwindel folgten naturgemäß Krach und Krise. In der Regel waren Politiker beteiligt. Neu ist lediglich, dass die Affären heute mit massiven Staatshilfen, erschlichenen Subventionen sowie Krediten öffentlicher Banken genährt werden.

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