Spaniens Sozialisten wollen mit Resten der Franco-Diktatur aufräumen

Meinung Es geht um den 1978, drei Jahre nach Francisco Francos Tod, geschlossenen Staatspakt, an den sich die Sozialisten nicht mehr halten wollen. Er hat Dogmen fortgeschrieben, die das Selbstbestimmungsrecht von Katalanen und Basken verletzen
Ausgabe 46/2023
Die spanische Rechte demonstriert gegen eine Amnestie für katalanische Aktivisten
Die spanische Rechte demonstriert gegen eine Amnestie für katalanische Aktivisten

Foto: Jorge Guerrero/AFP/Getty Images

Den Demonstranten, die gerade gegen eine Amnestie für 4.000 katalanische Aktivisten protestieren, geht es nicht um Rechtsstaatlichkeit oder Demokratie. Wie auch, wenn Anhänger der rechtsextremen VOX vor Parteilokalen der regierenden PSOE Container anzünden? Und dass die konservative Mehrheit im obersten Justizgremium, dem Consejo General del Poder Judicial (CGPJ), das Amnestiegesetz, dessen Wortlaut noch gar nicht bekannt ist, für verfassungswidrig erklärt, ist schon dreist. Die Mehrheit der Richter dort verweigert seit sechs Jahren die turnusgemäße Ablösung, um ein Nachrücken progressiver Juristen zu verhindern.

Was die spanische Rechte umtreibt, ist die Furcht, dass die Regierung Sánchez den 1978 geschlossenen Staatspakt infrage stellt. Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte sich die Mitte-links-Allianz aus PSOE und Unidas Podemos (jetzt Sumar) auf mehrere Unabhängigkeitsparteien gestützt, dabei aber in der Nationalitätenfrage kaum Zugeständnisse gemacht. Nun ist ausgerechnet die Partei des abgesetzten katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont Zünglein an der Waage und konnte den Sozialisten wichtige Kompromisse abringen. So hat sich die PSOE zu bilateralen, international flankierten Verhandlungen über den katalanisch-spanischen Konflikt verpflichtet.

Die Zukunft Spaniens ist damit offen wie lange nicht. Vermutlich spekuliert Pedro Sánchez darauf, dass die katalanischen und baskischen Abgeordneten auf finanzielle Konzessionen rechnen, doch dürfte es den Unabhängigkeitsparteien vor allem darum gehen, dass ihr Selbstbestimmungsrecht anerkannt wird. Das ist der eigentliche Grund, warum das Establishment in Justiz, Sicherheitsapparat und Medien so kocht.

Seit dem Ende der Franco-Diktatur 1975 war die PSOE immer ein verlässlicher Verbündeter des Staatspaktes, der franquistische Täter vor Sühne schützte und den Nationalismus des Franco-Staates fortschrieb. Dies aufzubrechen, ist erklärtes Ziel der Unabhängigkeitsparteien. Die Anerkennung des Katalanischen, Baskischen und Galizischen im Madrider Parlament vor Monaten war eine erste symbolische Geste. Nun winken Reformen, die Spaniens Plurinationalität gerecht werden. Werden die PSOE und ihr linker Partner Sumar den Mut dazu aufbringen?

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden