Flucht in die Klima-Nische: Was die Hitze für ein Drittel der Menschen bedeutet

Kolumne Im Jahr 2100 könnte ein Drittel der Menschen weltweit außerhalb so genannter Klimanischen leben, zeigt eine neue Studie im Fachmagazin Nature Sustainability. Hoffentlich haben sie die Hitze-Tips des Norddeutschen Rundfunks gelesen
Ausgabe 22/2023
Die Temperaturen in einigen Ländern erreichen Rekordhochs unvorstellbaren Ausmaßes – Wassereis und Kopfbedeckung helfen da nicht mehr
Die Temperaturen in einigen Ländern erreichen Rekordhochs unvorstellbaren Ausmaßes – Wassereis und Kopfbedeckung helfen da nicht mehr

Foto: Imago/NurPhoto

Ich erzähle niemandem etwas Neues, wenn ich sage: Es wird heiß. Und zwar so heiß, dass es mit einem Wassereis nicht getan sein wird, um damit umzugehen. Auch nicht damit, „lockere, luftige Kleidung“ zu tragen oder „lauwarme Getränke“ zu trinken, weil die besser kühlen, wie der Norddeutsche Rundfunk vergangenen Sommer empfahl.

Die Sommer der Zukunft werden nicht sexy heiß, sie werden einfach zu heiß. Das stimmt für manche Teile der Weltbevölkerung mehr als für andere: Während es zwar auch hier in Deutschland deutlich unangenehmer wird und künftig sehr wahrscheinlich mehr – vornehmlich alte – Menschen an Hitze sterben werden, so werden wir in absehbarer Zeit dennoch nicht unsere Koffer packen und in kühlere Gefilde fliehen. Viele andere Menschen auf der Welt aber werden genau das tun.

Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte ein Drittel der Menschheit gezwungen sein, seine Heimat zu verlassen, wie eine neue Studie im Fachmagazin Nature Sustainability zeigt. Denn um 2100 könnte dieses Drittel außerhalb der Klimanischen leben, innerhalb derer Menschen gut existieren können. Mit den derzeitigen klimapolitischen Versprechen wird sich die Erdatmosphäre bis dahin um durchschnittlich 2,7 Grad erwärmt haben – für ein Drittel der Menschheit wird das zu viel sein. Würden wir die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzen, wären es nur 14 Prozent.

Die Folgen von zu starker Hitze sind weitreichend, wie die Forschenden auflisten: „Hohe Temperaturen wurden mit erhöhter Sterblichkeit, verringerter Arbeitsproduktivität, verringerter kognitiver Leistung, Lernschwäche, ungünstigen Schwangerschaftsergebnissen, verringertem Ernteertragspotenzial, verstärkten Konflikten, Hassreden, Migration und der Verbreitung von Infektionskrankheiten in Verbindung gebracht.“ Am meisten Menschen werden davon in Indien, Nigeria, Indonesien, auf den Philippinen und in Pakistan betroffen sein.

Die Forschenden wollten den Klimaeffekt auf Menschen zeigen, da „die Kosten des Klimawandels häufig in Geldbeträgen veranschlagt werden, was jedoch ethische Fragen aufwirft“. Außerdem würden „die Auswirkungen auf die Reichen stärker berücksichtigt werden als die auf die Armen (weil die Reichen mehr Geld zu verlieren haben)“.

Man solle übrigens die Klimaanlage bei starker Hitze nicht zu kalt einstellen, riet der Norddeutsche Rundfunk im vergangenen Sommer auch noch. Ich hoffe doch sehr, dass dieser Tipp bei allen Menschen in Indien, Nigeria, Indonesien, den Philippinen und Pakistan angekommen ist.

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