Sportliche Großveranstaltungen: Die Alte Welt hat das Nachsehen

Kolumne Olympische Spiele in Paris, die Heim-EM. 2024 könnte ein tolles Jahr für den Sport werden. Doch täuschen wir uns mal nicht: Europa ist dabei, seine lange herausragende Stellung im Sport zu verlieren
Ausgabe 01/2024
Ein neues Sportjahr erstrahlt
Ein neues Sportjahr erstrahlt

Foto: picture alliance / abaca | Abdullah Firas

Günter Klein ist Chefreporter Sport beim Münchner Merkur. Für den Freitag schreibt er die Kolumne „Der Sportreporter“.

Sieht so aus, als würde 2024 ein Sportjahr, das in eine gute alte Zeit zurückführt. Olympische Spiele mal nicht in einem Land, das autokratisch regiert wird, und nicht in einer Stadt, deren Namen zu buchstabieren man Mühe hat – sondern in Paris! Das große Fußballturnier kurz zuvor in Deutschland, was die Erinnerung an eine freigeistige Zeit 2006 weckt. Ja, auf dem Papier sieht 2024 gut aus, auch – um noch etwas weiter zu denken – 2026 mit Olympischen Winterspielen in Mailand und Cortina d’Ampezzo. Schon was anderes als die Schnee-und-Eis-Kunstlandschaften von nacheinander Sotschi am Schwarzen Meer, Pyeongchang in Südkorea und Peking. Doch täuschen wir uns mal nicht: Europa ist dabei, seine lange herausragende Stellung im Sport zu verlieren.

„Das Herz des Fußballs schlägt in Europa“ – diesen Satz wird man spätestens 2025 knicken können. Zwar haben immer noch Vereine aus der englischen Premier League oder Real Madrid und FC Barcelona, auch der FC Bayern München, eine weitaus größere Strahlkraft als ein Al-Irgendwas aus Saudi-Arabien oder Inter Miami mit Lionel Messi – doch Gianni Infantino, der Präsident des Weltverbandes FIFA, greift das Premiumprodukt Champions League an.

Im Sommer 2025 werden auch die berühmten europäischen Vereine an der ersten richtig großen „FIFA-Klub-WM“ teilnehmen. 32 Teams werden am Start sein, die Welt wird auf diese Premiere blicken. Es kann geschehen, dass Bayern München 2025 das Finale der Champions League, das in seinem Stadion ausgetragen werden wird, erreicht und gewinnt – und sich gerade mal ein paar Wochen als König der Welt fühlen kann, in dem Fall, dass ein anderer FIFA-Klub-Weltmeister wird.

Infantino, der Italo-Schweizer, der aus dem Europa-Verband UEFA kam, braucht die Alte Welt nicht mehr. Die WM 2022 in Katar hat ihm gezeigt, welche Märkte wachsen. Eigentlich war es schon seit Russland 2018 sichtbar: Wenn die Menschen aus den etablierten europäischen Nationen sich zieren, wegen politischer Bedenken ein Event groß zu machen, übernehmen den Job Süd- und Mittelamerikaner, Afrikaner, Araber. Und die Milliardenvölker Chinas und Indiens hat er noch in der Hinterhand. Europa ist ausgereizt und kann Infantino gestohlen bleiben.

Auch in anderen Verbänden wird so gedacht. Der Ski-Infantino ist der Schwede Johan Eliasch, dem die bisherige Fixierung auf die Alpen ein Dorn im Auge ist und der womöglich sogar bereit ist, seine Athletenschaft in Hallen zu treiben, die überall auf der Welt stehen können. In der Formel 1 haben die beiden Rennkurse des Autolands Deutschland, Nürburg- und Hockenheimring, keine Chance mehr auf Aufnahme in den Kalender – gibt ja auch Kurse am anderen Ende der Welt. Und beim Golf kauft sich Saudi-Arabien mit einer Kraft ein, dass bald keiner mehr Widerstand leistet. Ein Skigebiet baut der Wüstenstaat auch gerade; er fühlt sich stark genug, um eine Jahreszeit, die es bei ihm so eigentlich nicht gibt, zu inszenieren.

Was die Saudis von der Natur bekommen haben: Zugang zum Meer, sogar zu zweien. Irgendwann werden sie sich wohl das Heiligtum „America’s Cup“ holen, die große Segelshow, die über Jahrzehnte USA und Neuseeland unter sich ausgemacht und in die zuletzt auch die Europäer eingegriffen hatten. 2024 findet der „America’s Cup“ in Barcelona statt. Danach könnte sich der Wind drehen.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden