Hass-Alternative für Deutschland: Was hilft gegen Alice Weidels Wahnwitz?

Meinung Man müsse die AfD politisch bekämpfen, hat der Bundeskanzler vernünftigerweise erkannt. Nur: Wie macht man das, wenn deren Aussagen bar jeden Inhalts und fern von Vernunft oder politischem Gehalt sind?
Alice in den Fängen des Kaninchens
Alice in den Fängen des Kaninchens

Foto: United Archives/Imago

Neulich im Bundestag zeigt AfD-Chefin Alice Weidel, dass sie nunmehr nicht nur das dramatische, sondern das komödiantische Fach beherrscht, ohne das derweil selbst zu bemerken. Ihr Schmierentheater wirkt, als sei sie dem weißen Kaninchen zu tief in den Bau gefolgt. Sie sieht bei anderen mangelnde Ernsthaftigkeit, behauptet, die andere Seite sei rationalen Argumenten nicht zugänglich, während sie selbst die absurdesten Dinge von sich gibt. Manchmal heben sich ihre donnergrollenden Augenlider, manchmal zucken ihre verächtlichen Mundwinkel, scheinen grinsen zu wollen wie die Grinsekatze im Wunderland, doch die AfD-Frau ist ein Muster an Selbstbeherrschung: Ihr Gesicht bleibt ernst.

„Sie können Deutschland nicht gut regieren“, hält sie der Ampel vor, „und Sie wollen es nicht“. Mit der üblichen, seltsam beleidigten Apokalyptik in der Stimme dröhnt es: „Sie richten es zugrunde, und ich weiß auch, warum …“ – Kunstpause – „weil Sie Ihr eigenes Land, weil Sie Deutschland hassen!“ Das h von „hassen“ holt sie tief aus dem Bauch, es klingt fast wie ein ch, als wäre das h allein zu schwach, und das ist dann auch der Satz, der in den Nachrichten und in den unsozialen Medien verbreitet wird, zumal sie ihn verstärkend wiederholt: „Diese Regierung ch-asst Deutschland.“

Man ist überrumpelt, lacht verblüfft auf – das kann sie doch nicht ernst meinen? Und deshalb fällt einem wenig ein, wie inhaltlich einem so völlig aus der Luft gegriffenen, sich rationalen Argumenten entziehenden Vorwurf zu begegnen wäre.

Nicht die AfD ist Opfer von Hetze, sondern deren Politiker hetzen

Denn was soll das heißen? Wie kann man etwas so Abstraktes wie ein Land hassen? Oder eine Partei? Auf den Demokratie-Demos wird gern der Hass auf die AfD skandiert, aber das wirkt jedes Mal tückisch unlogisch. „Ich liebe keine Staaten“, hatte Bundespräsident Gustav Heinemann auf die gegenteilige Frage einst vernünftig geantwortet, „ich liebe nur meine Frau“.

Auch ihm hätte Weidel wohl mindestens fehlende Vaterlandsliebe vorgeworfen, doch tatsächlich ist es wie stets in der AfD-Rhetorik: umgekehrt. Nicht die Regierung nimmt den Deutschen die Heimat weg – die AfD ist es, die sie zerstören will. Nicht die AfD ist Opfer von Hetze, sondern deren Politiker hetzen. Nicht die demokratische Regierung hasst Deutschland, sondern die AfD verbreitet in grandioser, auch selbstzerstörerischer Unvernunft Hass auf das demokratische Deutschland.

Gefühle sind stärker als Vernunft, der hölzerne Kanzlersprech kommt schlecht dagegen an, und Hass ist eines der stärksten. Wie lässt sich Hass politisch bekämpfen? Mit Liebe?

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Geschrieben von

Katharina Körting

Freie Autorin und Journalistin

2024 Arbeitsstipendiatin für deutschsprachige Literatur der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Katharina Körting

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