Letzte Generation: Wer darf an unseren Schulen Werbung machen?

Meinung Die letzte Generation möchte an Schulen über die Klimakrise und ihren Aktivismus informieren. Wer jetzt Panik bekommt, sollte sich vorher ansehen, welche Institutionen bereits jetzt ihren Einfluss auf Schüler ausüben dürfen
Mit solchen Bildern macht die Bundeswehr sicherlich keine Werbung an den Schulen
Mit solchen Bildern macht die Bundeswehr sicherlich keine Werbung an den Schulen

Foto: Christian Grube / Imago

Sie wollen ein paar Vorträge halten, die Aktiven der „Letzten Generation“. Über die Klimakatastrophe und wie sie Druck auf die Politik ausüben, um das Schlimmste zu verhindern. Staatstragend-bildungspolitische Kreise sehen die Neutralität der Schulen in Gefahr. Die „Letzte Generation“ dürfe nicht an Schulen werben, heißt es mit vernehmbarer Empörung. Bildungspolitikerinnen verweisen auf „wiederholte Straftaten“ von Mitgliedern der Klimaschutz-Aktiven. Gemeint sind vermutlich Klebe-Aktionen auf Autobahnen und Kartoffelbrei an Kunstwerken. Es handle sich bei der „Letzten Generation“ um eine „radikale Gruppe“, heißt es. Längst hätten einige der Aktiven sich vom demokratischen Diskurs abgewendet. Deshalb dürfe es keine Vorträge an Schulen geben, um Jugendliche zu rekrutieren. Das Menetekel „Klima-RAF“ ist da hilfreich. Terroristen in Schulen? Auf keinen Fall! Gesetzesbrecher verführen die Jugend? Niemals!

Das ist ziemlich lustig. Man kann kaum anders, als an das gute alte Glashaus zu denken, in dem da einige sitzen und mit Steinen werfen. Es scheppert arg, aber nicht in den Schaufenstern klimazerstörerischer Konzerne, sondern in der Logik. Die Bundeswehr wirbt weitgehend unbehelligt an Schulen um neue Rekruten. Haben nicht auch Mitglieder der Bundeswehr wiederholt Straftaten begangen? Nur ging es bei diesen nicht um friedlichen, unbewaffneten Protest, sondern um rechtsradikale Hetze, Unterstützung von Staatsfeinden oder Waffenklau. Ähnliches dürfte für die Polizei gelten. Dennoch lässt man sie auf die Schulen los.

Bundesregierung läuft selbst Gefahr, Gesetze zu brechen

Bitte keine Schnappatmung kriegen: Weder die Bundeswehr als solche noch die Polizei insgesamt wird straffällig. Das wäre ja auch noch schöner! Aber sollte man nicht genauso differenziert nichtstaatliche Organisationen wie die „Letzte Generation“ betrachten?

Zumal die Regierenden ihrerseits auf dem besten Weg sind, radikale Gesetzesbrecher zu werden. Das Klimaschutzgesetz schreibt der Bundesregierung vor, bis 2030 die Emissionen um 65 Prozent senken. Bei Überschreitung müsste sie Klimasofortprogramme beschließen, die schnellstmöglich wirken. Statt eines Sofortprogramms hat die Bundesregierung kürzlich beschlossen, dass zum Beispiel das Verkehrsministerium seine Klimaziele reißen darf, wenn anderswo der Ausgleich erfolgt. Ist das dann legales Gesetzbrechen oder der Verkehrsminister Mitglied einer radikalen Gruppe? Wenn sich die Erde weiter so rasant erwärmt, droht die massenhafte Abkehr vom demokratischen Diskurs. Der Werbung für das Versagen der Bundesregierung sollten die Schulen dringend einen Riegel vorschieben.

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Geschrieben von

Katharina Körting

Freie Autorin und Journalistin

2024 Arbeitsstipendiatin für deutschsprachige Literatur der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Katharina Körting

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