Safe Spaces, um die geht es oft bei queerer Politik, in queeren Bewegungen, auch in Auseinandersetzungen innerhalb queerer Kontexte, zwischen schwulen cis Männern und anderen, weniger (relativ) privilegierten Teilen unserer Communitys. Diese Kolumne heißt sogar „Super Safe Space“, weil ... na ja, wohl weil hier nur wir reden und uns niemand in die Parade fahren kann.
Der Kampf um Safe Spaces im ganz bewussten Sinn – also nicht Safe Spaces, die sicher sind, weil die Cops und die Queerhassenden nicht wissen, wo sie sind, sondern Orte, die sicher sind, weil wir sie nach außen verteidigen können – begann, ganz im Sinne eines gesellschaftlichen Ursprungsmythos, in New York Ende der 1960er.
Am Anfang war Stonewall, und Stonewall war der Kampf.
Wir Queers sollten verdammt noch mal wissen, wie hart unsere Vorfahren (im subkulturellen Sinne) kämpfen mussten und wie viele von uns in den „Freitod“ gegangen sind, weil sie keine Safe Spaces hatten. Ich verbeuge mich vor allen Queers und Allies, die in den vergangenen Jahrzehnten in immer mehr Ländern auf der Welt dafür gekämpft, gelitten und geblutet haben, die dafür gestorben sind, dass heute so viele Queers so viele Safe Spaces haben.
Lange wirkte es so, als wäre queere Politik – allem voran die gigantischen Erfolge, die unsere trans Geschwister in puncto Sichtbarkeit, Legitimität und einfach in Bezug auf Lebenkönnen erzielt haben – das einzige verbleibende Element traditionellen Fortschritts: also des guten Fortschritts der Aufklärung, vor der Dialektik der Aufklärung, bevor die „fortschrittliche Moderne“ begann, sich als massenmörderischer Wahnsinn zu entlarven.
Gewalt gegen uns gibt es weiter zuhauf, wir leiden immer noch deutlich häufiger an Traumata, innerfamiliärer Gewalt oder pathologischer Drogennutzung. Aber der Slogan einer US-Kampagne, die sich an queere Teenager richtete – „It gets better“ –, entsprach irgendwie auch unserer eigenen Lebenserfahrung. It actually did get better, zumindest für viele von uns. Unter anderem, weil immer mehr Safe Spaces entstanden, in denen zum Beispiel eine 14-Jährige offen artikulieren konnte, dass sie lieber ein 14-Jähriger wäre. Safe Spaces waren im Grunde der Kern unserer Strategien, gepaart mit legislativen Fortschritten wie der Ehe für alle.
Das „Coming-out der Arschlochgesellschaft“ jetzt bedeutet aber, dass das erste und einfachste Ziel der Rechten derzeit überall auf der Welt trans Menschen und jenseits davon Queers im Allgemeinen sind. Soll heißen: Jeder Safe Space ist in Zukunft in Gefahr, weil wir immer einer Übermacht von Feind*innen gegenüberstehen – heteronormative Gesellschaft und so …
In dieser Situation reichen Safe-Space-Strategien nicht mehr aus, weil wir sonst wie Elrond in Bruchtal enden würden, hätte Frodo den Ring nicht zerstören können: eine Insel queerer Seligkeit in einem braunen Meer, das bald die Inseln überflutet. Aber es gibt einen klaren Vorteil: Im Gegensatz zum Kampf gegen den Klimakollaps ist der gegen die Nazibrut noch nicht verloren. Im Gegenteil, hier ruht eine große Unbekannte, nämlich die „Mehrheitsgesellschaft“, die berüchtigte Mitte, viele von ihnen potenzielle Allies. Darum: Wir müssen raus aus den Safe Spaces, wir müssen mitten in die sich bald entwickelnden antifaschistischen, die Anti-AfD-Bündnisse rein und in ihnen eine prägende Rolle spielen – sind wir es doch, die unter den ersten Opfern der Braunen sein werden. Queer muss Antifa bedeuten und Antifa queer.
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