Bernie in Berlin: Buchvorstellung im Schatten des Nahostkonflikts

US-Senator Bernie Sanders stellt sein neues Buch „Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein“ in Berlin vor. Die Veranstaltung wird jedoch vom Nahostkonflikt und einer Absage von Saskia Esken überschattet
Bernie Sanders auf der Bühne im Haus der Kulturen der Welt
Bernie Sanders auf der Bühne im Haus der Kulturen der Welt

Foto: picture alliance/dpa/Jens Kalaene

Bernie Sanders reist gerade durch Europa und präsentiert sein neues Buch „Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein“. Am Donnerstag führte ihn dieses Unterfangen nach Berlin, seinem einzigen Stopp in Deutschland. Neben den USA ging es aber vor allem um den Konflikt in Israel und Palästina.

Bereits am Vormittag entstand der erste Wirbel um Sanders. Nachdem Saskia Esken, Co-Vorsitzende der SPD, noch am Morgen auf der Social-Media-Plattform Bluesky ankündigte, sie freue sich darauf, Sanders bei seiner Buchvorstellung am Abend zu treffen, um „mit ihm über den Kapitalismus zu reden“, revidierte sie dieses Posting später wegen seiner Haltung zu Israel. Sanders stünde laut der SPD-Politikerin „nicht stark genug an der Seite Israels“. Dieser prompte Rückzug lässt sich vielleicht durch eine Reaktion des Autors Eliyah Havemann auf Eskens Posting erklären, der sich kritisch über die angekündigte Teilnahme der Politikerin an der Buchvorstellung äußerte.

Darauf vom Freitag angesprochen zeigten sich Sanders und sein Team während der Pressekonferenz verwirrt, da diese Meldung zu diesem Zeitpunkt noch niemandem aus dem Stab um den Politiker erreicht hatte. Sanders bat um sein iPad, nur um seine Erklärung vom 7. Oktober zu verlesen: „Ich verurteile den entsetzlichen Angriff der Hamas und des Islamistischen Dschihad auf Israel auf das Schärfste. Es gibt keine Rechtfertigung für diese Gewalt und unschuldige Menschen auf beiden Seiten werden in der Regel darunter leiden. Das muss jetzt aufhören.“

Weiter kommentierte Sanders: „Die Leute dürfen mit dem, was ich zu sagen habe, nicht einverstanden sein, aber die Leute hören nicht zu. Ich denke, das ist die stärkste Aussage, die man treffen kann.“ Das Team von Sanders stellte außerdem klar, dass Eskens Äußerungen auf Bluesky nicht als Absage eines Zweipersonengesprächs verstanden werden dürften, da die SPD-Vorsitzende lediglich zu einem Empfang im Anschluss an die abendliche Buchvorstellung eingeladen gewesen sei.

Bernie Sanders mit Applaus überhäuft

Die Buchvorstellung fand im Haus der Kulturen der Welt statt und war für Sanders eine Art Heimspiel. Die mit grünem Samt gepolsterten Ränge im holzverkleideten Saal waren gut gefüllt, das Publikum euphorisiert. Schon zu Beginn ergoss sich ein großer Applaus über den Politiker, der nicht abreißen wollte. Nach jedem zweiten Satz begann wieder jemand zu klatschen und die Menge stimmte ein. Am Ende gipfelte diese Begeisterung in Standing Ovations für Sanders – ein dankbareres Publikum ist schwer vorstellbar. Beim Hinausgehen konnte man immer wieder Menschen mit den alten, trotzdem sehr populären, Kampagnen T-Shirts aus dem Vorwahlkampf 2016 entdecken.

Wer sich im Publikum umhörte, merkte schnell, dass diese Lesung keine bloße Freizeitveranstaltung war. Die ersten Reihen waren für die Prominenz, bekannte Mitglieder der Rosa Luxemburg Stiftung und Autor*innen des Tropen Verlags, bestimmt. Außerdem sah man viele Gesichter der deutschen Medienlandschaft durch den Saal flitzen und während der Veranstaltung kreiste ein Schwarm an Fotograf*innen zwischen den Reihen umher. Es fanden sich auch Vertreter*innen US-amerikanischer Firmen und NGOs im Publikum, manche, um mit Sanders in Kontakt zu treten, andere um seine Aussagen zu analysieren.

Während sich die deutsche Politik in der Person Saskia Eskens bestürzt über Sanders Aussagen zum aktuellen Konflikt in Israel zeigt, gehen diese vielen linken Aktivist*innen in den USA nicht weit genug. Es gehe darum, die Partizipation der USA in einem weiteren endlosen Konflikt zu vermeiden, schildert eine Aktivistin nach dem Event. Sanders Aussagen müssten daher scharf beobachtet werden. Dieser zeigte sich während der Veranstaltung sehr moderat: Israel habe jedes Recht der Welt auf den Terror der Hamas zu antworten und die Terrorgruppe zu zerstören, dürfe aber nicht überreagieren, so die Botschaft.

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