Jill Ellis war zufrieden: „Die Tage der Vorhersehbarkeit sind vorbei“, sagte die US-amerikanische Trainerikone am Rande der Fußball-WM der Frauen. „Wir sehen eine unglaubliche Parität, wir sehen umkämpfte Spiele, wir sehen Debütanten, die von sich reden machen.“ Eine These, der man zustimmen kann.
Die großen Favoritinnen aus den USA, Norwegen, Brasilien, Kanada und nicht zuletzt Deutschland sind früh in diesem Turnier ausgeschieden. Besonders die DFB-Frauen wirkten vom Aus in der Gruppenphase überrascht. Nach dem 1:1 gegen Südkorea musste der Verband eilig die vorzeitige Heimreise planen. Die Spielerinnen wurden spontan in kleine Gruppen aufgeteilt und per Linienflug zurück nach Deutschland geschickt. Es scheint, als hätte sich beim DFB niemand Gedanken über ein vorzeitiges Ausscheiden gemacht.
Der Fehler mit Alexandra Popp
Nun ist die Krise des deutschen Frauenfußballs nicht allein auf schlechte Planung zurückzuführen. Die Mannschaft muss sich einiges vorwerfen lassen: Im zweiten Gruppenspiel gegen Kolumbien spielte sie auf Sieg und kassierte in letzter Sekunde das 1:2. Gegen Südkorea bot sie mit Chantal Hagel und Svenja Huth keine gelernten Außenverteidigerinnen auf. Ein Umstand, den die Gegnerinnen gnadenlos ausnutzten. Alexandra Popp mutierte in allen Auftritten zur alleinigen Zielspielerin für hohe Bälle. Das sind taktische und strategische Fehlentscheidungen, die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg zu verantworten hat. Doch Konsequenzen bleiben vermutlich aus. Wieso ist das so?
DFB-Präsident Bernd Neuendorf, ohnehin kein Freund harter Urteile, nannte das Ausscheiden einen „Dämpfer“. Er hatte den Vertrag mit der Bundestrainerin vor Turnierbeginn in einem Akt des Vertrauens verlängert und damit einen Plan B im Vorfeld ausgeschlossen. Nun stellte er klar: „Ich bin von der Bundestrainerin überzeugt.“ Es ist davon auszugehen, dass sich die Verantwortlichen einmal mehr in einem „Weiter-so“ üben, das sie larmoyant als knallharte Analyse verkaufen.
Ein Vorgehen, das sich aus Sicht der Funktionäre im Männerfußball bewährt hat. Von sich reden machen derweil andere Mannschaften.
Tobias Ahrens arbeitet als Redakteur bei 11FREUNDE – Magazin für Fußballkultur.
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