Die schlechtesten Filme des Jahres 2022

Film und Kino Meine ganz persönliche und subjektive Liste der schlechtesten Filme im Jahr 2022

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Im letzten Jahr hatte meine Liste der schlechtesten Filme noch zehn Titel. Meine Absicht war, nicht mehr so oft ins Kino zu gehen. Diesen Vorsatz hielt ich ein und er macht sich bemerkbar.

5. JURASSIC WORLD 3 – EIN NEUES ZEITALTER

USA, von Colin Trevorrow, mit Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Isabella Sermon, DeWanda Wise, Mamoudou Athie, BD Wong sowie Sam Neill, Laura Dern und Jeff Goldblum

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Nur kurz sehen wir Konfrontationssituationen zwischen Mensch und Dinosaurier in kurzen Nachrichtenschnipseln. Der gemeinsame Alltag der Menschen und Dinos kommt dann in der Handlung nicht mehr vor. Das Thema wird fallen gelassen und aufgegeben. Und das ist sehr schade.
Stattdessen sehen wir wiederholte Verfolgungs- und Action-Szenen, wie wir sie schon unzählige Male sahen - nur eben nicht mit anderen Autos oder Motorrädern sondern mit rennenden Dinos. Die Dinosaurier werden nicht wieder zu Hauptpersonen sondern haben nur den Zweck, Action-Szenen voran zu treiben, Effekte zu präsentieren und immer wieder neue Rassen von Dinosauriern zu zeigen, ohne dass sie in der Handlung weiter vorkommen. Das ist auch sehr schade. Valociraptor-Dame Blue war in den beiden vorigen Filmen ein sehr interessanter und gut animierter Charakter; von ihr ist diesmal fast nichts zu sehen. Action und Effekte, nur um Action und Effekte zu zeigen, nenne ich inzwischen Action- und Effekt-Pornografie.
Auch eine weitere Handlungslinie wird nicht richtig auserzählt. Die Riesenheuschrecken hätten ein interessantes Handlungselement zum Thema Ausbeutung der Natur, Umweltverbrechen und Konzernmacht werden können. Aber auch die Riesenheuschrecken bieten nur Spurenelemente von Kapitalismus- und Globalisierungskritik und haben nur den Zweck, Action und Effekte zu präsentieren. Dass der Heuschreckenschwarm dann lebendig verbrannt wird, ist überflüssig und abstoßend, auch, wenn die Opfer nicht echt sind. Das hat nur den Zweck, weitere Effekte auszuweiten, einen Waldbrand zu verursachen und weiter zu einem Action-Porno zu verkommen.
Insgesamt ist der Film schwach und zu lange und teilweise unlogisch und schlampig erzählt.
Das Altstar-Trio aus dem Original-JURASSIC-PARK-Film von 1993 bietet nostalgische Momente, in denen der Film am besten ist, und dadurch werden allerdings auch die großen Schwächen des Films deutlich.
Aber auch die menschlichen Akteure*innen sind mit Ausnahmen der Altstars, zweier Nebenfiguren und des Klon-Mädchens sind eher uninteressant. Dinosaurier-Dompteur Owen kommt eigentlich nur zur Geltung, indem er sich hektisch bewegt und die Handfläche nach vorne ausstreckt. Logische Löcher geben dem Spektakel den Rest. Nach einem Flugzeugabsturz werden Owen und die Pilotin (eine der wenigen überhaupt) interessanten Figuren in der Eiswüste von einem Dinosaurier verfolgt und brechen im zugefrorenen See ein. So etwas endet normalerweise nach wenigen Minuten mit tödlichen Erfrierungen. Aber die beiden sind nach wenigen Gehminuten in einem suptropischen Urwald und die Kleidung ist trocken. Das ist so schlampig erzählt, dass es schon ärgerlich ist. Von der Faszination des originalen JURASSIC PARK ist nichts übrig. Dieses Produkt ist eine einzige Enttäuschung.

Dieser Text erschien auch gekürzt als Leserbrief in der Filmzeitschrift CINEMA.

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4. HALLOWEEN ENDS

USA, von David Gordon Green, mit Jamie Lee Curtis, Andi Matichak, Rohan Campbell, Kyle Richards, Nick Castle, Judy Greer, James Jude Courtney und Will Patton

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Wir steigen ein mit einem Halloween-Abend, an dem der junge Mann Corey Babysitter für einen Jungen sein soll. Der Junge spielt einen Streich und erleidet im Verlauf einen tödlichen Sturz im Treppenhaus. Fast der gesamte Ort und die Mutter machen Corey schwere Vorwürfe und er wird gemieden und gemobbt. Auch das HALLOWEEN-Orignal von Kult-Regisseur John Carpenter hat als Hauptelement die Babysitterin Laurie Strode und die zu betreuenden Kinder, die am Halloween-Abend von Massenmörder Michael Myers heimgesucht und verfolgt werden.
Vier Jahre später. Nach einer Halloween-Party und einer Auseinandersetzung mit anderen Jugendlichen trifft Corey auf Michael Myers, der seit der Handlung von HALLOWEEN KILLS zurückgezogen in der Kanalisation lebt, sich nirgendwo sehen ließ und von dem wir nicht wissen, wie und wovon er sich ernährt. Corey fordert ihn auf, ihm das Töten beizubringen. Im weiteren Verlauf begehen sie teilweise einzeln und teilweise gemeinsam maskiert Morde.

Die Handlung ist absoluter Müll, unlogisch und über weite Strecken leider langweilig. Corey verletzt sich bei der ersten Auseinandersetzung mit der feindlichen Jugendlichen-Gruppe, die wir sehen, schwer mit Glasscherben an der Hand, muss im Krankenhaus behandelt werden und freundet sich da mit Laurie Strode´s Enkelin Allyson an. Mit dieser sehr tiefen Schnittwunde auf der Handfläche wird er sicher nicht Motorrad fahren und Autos reparieren können. Auch Michael Myers hat eine verstümmelte Hand und bekommt die andere Hand in einem der Kämpfe mit einem Messer durchstochen und dürfte so eigentlich mehr oder weniger kampfunfähig sein.

Der große Nachteil des Films ist, dass der Regisseur, die Drehbuchautoren und die Macher bei der Produktionsgesellscharft Blumhouse den Charakter Michael Myers einfach nicht zu verstehen scheinen. Michael Myers ist seit seiner Kindheit ein psychisch gestörter Soziopath. Er meidet die Gesellschaft anderer Menschen und nähert sich ihnen nur zum Töten. Er macht keine Gefangenen. Und er nimmt keine Auszubildenden auf. Er tötet einfach, was im in die Hände oder vor die Messerklinge kommt.

Nach dem absurden Wutbürgerszenario im Vorgänger-Film HALLOWEEN KILLS endet dieses Machwerk mit einer surrealen rituellen Prozession zum Schrottplatz, auf dem Corey arbeitete.

Die Mordszenen sind insgesamt kompetent inszeniert und gestaltet und dürften Splatter-Fans durchaus befriedigen. Ich finde sie insgesamt eher abstoßend. Im Kino mit ca. 420 Sitzplätzen, in dem ich den Film am Dienstag sah, waren in der Vorabend-Vorstellung keine zehn Leute. Einige lachten bei Mordszenen. Ja, hier wirkte auch auf mich Einiges unfreiwillig komisch.

Die beste Szene im Film ist ein Ausschnitt aus dem John-Carpenter-Film THE THING – DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT, der im Halloween-Programm im Fernsehen zu sehen ist. Carpenter drehte 1982 diese Neuverfilmung eines Klassikers von 1951. Und genau dieser 1951er Klassiker von Christopher Nyby wird im Halloween-Fernsehprogramm in John Carpenter´s Ur-HALLOWEEN gezeigt. Und es steckt noch mehr Carpenter in diesem Film als diese Parallele und die Filmmusik von John Carpenter und seinem Sohn. Eine Szene im nächtlichen Nebel und der Überfall auf die Radiostation erinnern natürlich an John Carpenters Klassiker THE FOG – NEBEL DES GRAUENS. Und die Szenen auf dem Werkstatt- und Schrottplatzgelände lässt mich natürlich an John Carpenter´s Stephen-King-Verfilmung CHRISTINE denken. Das könnten bewusste Zitate sein. Das könnte auch alles aus Versehen und einfache Planlosigkeit sein.

Unlogisch ist, dass Corey nach seinen Erlebnissen und den vielen Anfeindungen gegen ihn den Ort nicht einfach verlässt und ein neues Leben beginnt. Unlogisch ist, dass Laurie Strode am Ende des Vorgängerfilms ihre Tochter und Allyson ihre beiden Eltern durch Michael Myers verloren und das hier überhaupt gar keine Rolle spielt und in der Handlung total vernachlässigt wird. Dass der mittlwerweile 65jährige Triebtäter vier Jahre unter nicht näher erklärten Bedingungen in der Kanalisation lebt, ist unlogisch. Nach zahlreichen Dialogen über das Böse im Menschen und entsprechenden Erklärungsversuchen in mehreren Vorgängerfilmen nervt dieses Handlungselement mehr als je zu vor und wird dadurch entwertet, dass Michael vier Jahre im Tunnel lebt und an drei HALLOWEEN-Abenden untätig war.

Die vielen Nebenfiguren wie das Jugendlichen-Quartett sind schlecht geschrieben und entwickelt. Die Beziehung zu Corey und seiner Mutter ist oberflächlich und schlampig erzählt. Eine mögliche Romanze zwischen Laurie Strode und dem Sheriff wird angedeutet, hätte interessant werden können, wird aber aus Unfähigkeit und Planlosigkeit nicht weiter erzählt.
Fazit: Eine filmische Bankrotterklärung

3. EVERYTHING EVERYWHERE ALL AT ONCE

USA, von Daniel Kwan und Daniel Scheinert, mit Michelle Yeoh, Ke Huy Quan Stephanie Hsu, James Hong, Harry Shum jr. und Jamie Lee Curtis

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Mir ist nicht klar, warum alle diesen Film so toll finden. Nachdem er im Kino so erfolgreich gelaufen war, dachte ich mir, dass ich mir doch die DVD besorgen müsste, gebraucht. Und die von mir sehr verehrte Action-Ikone des Hong-Kong-Kinos Michelle Yeoh (HEROIC TRIO, CROUCHING TIGER – HIDDEN DRAGON) spielt eben mit.
Die chinesisch-stämmige Betreiberfamilie einer Wäscherei haben eine Steuerprüfung vor sich und Krach in der Familie. Sie legen sich mit der Finanzbeamtin an und geraten in ein Multiversum aus verschiedenen Welten und Dimensionen.
Ehrlich gesagt erinnere ich mich an nichts außer die Wurstfinger und die Kopfschmerzen, die ich von dieser unzumutbaren Reizüberflutung hatte. Und der einzige Grund, warum ich nicht ausschaltete, war eben Michelle Yeoh.
Die Produzenten dieser filmischen Nahtoderfahrung sind übrigens die Russo-Brüder, die vorher diese entsetzlichen AVENGERS-Filme inszenierten, die für mich zu den schlechtesten Filmen des vorigen Jahrzents gehören.

2. TOP GUN MAVERICK

USA, von Joseph Kosinski, mit Tom Cruise, Miles Teller, Glen Powell, Jon Hamm, Jennifer Conelly und Val Kilmer

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Wir sehen noch mal fast den gleichen Werbefilm für das US-Militär wie vor 36 Jahren. Nur ist die Werbeästhetik nicht ganz so aufdringlich wie vor 36 Jahren bei Tony Scott mit seinen exzessiven Orange-Filtern und jedem Triebewerke-Abgas im Gegenlicht. Nun sind die Rollen ein bischen vertauscht. Der junge Wilde von einst ist jetzt der Ausbilder und der nicht mehr ganz so junge Rekrut (35 Jahre) ist der Sohn von Maverick´s damaligem Freund Goose, der 1986 bei einem Flugeinsatz tödlich verunglückte. Eine Gastrolle hat Val Kilmer als Krebs-kranker Tom aus dem 1986er TOP GUN. Kilmer hat selbst eine schwere Krebserkrankung hinter sich und kann kaum sprechen; in den 90ern entwickelte er sich zu einem der schlimmsten Ar***l*cher von Hollywood, mit dem nach schlimmsten Star-Allüren in BATMAN FOREVER oder DNA – DIE INSEL DES DOKTOR MOREAU kaum noch jemand zusammen arbeiten wollte. Und die grandiose Jennifer Conelly, die einst als 13Jährige im Meisterwerk ES WAR EINMAL IN AMERIKA zwischen den Mehlsäcken tanzte, schafft es als Barbetreiberin nicht mal zur optischen Sättigungsbeilage.

1. THE GREY MEN

USA, von Joe und Anthony Russo, mit Ryan Gosling, Chris Carter, Ana de Armas, Jessica Henwick, Regé Jean Page, Julia Butters, Danush, Alfre Woodard und Billy Bob Thornton

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Die CIA rekrutiert inhaftierte Straftäter als Auftragsattentäter. Diese Idee gab es schon mal bedeutend besser und eleganter in Luc Besson´s NIKITA. Ein Auftrag geht schief und ein Datenträger wird von Nummer 6 seinem letzten Opfer abgenommen. Der Datenträger soll wiederbeschafft werden und dazu begeben sich Jäger und Gejagte in mehr Städte auf mehreren Kontinenten als in einem James-Bond-Film. Die Nichte eines Ex-Agenten wird entführt und soll befreit werden. Mehr Inhaltsangabe erspare ich mir, da es dieses miese Produkt nicht wert ist. THE GRAY MAN ist eines dieser modernen NETFLIX-Abzocker-Projekte, das mit Produktionskosten von über 200 Milliarden Dollar der teuerste NETFLIX-Film wurde und überwiegend den Zweck hatte, alle beteiligten mit möglichst hohen Gagen zu versorgen.
Die Regie-Roboter Russo verbrachen vorher bereits die AVENGERS-Filme, die für mich zu den schlechtesten Filmen des vorigen Jahrzehnts gehören, bei denen allerdings der sehr fähige MARVEL-Produzent Kevin Feige das Schlimmste noch verhindern konnte.
Hier funktioniert nichts. Das Machwerk ist schlecht geschrieben, miserabel inszeniert und überwiegend schlecht gespielt. Chris Evans ist ein schlechter Schauspieler, dessen limitiertes Talent für einen CAPTAIN AMERICA reicht. Als soziopathischer Auftragsmörder ist er eine Fehlbesetzung und chargiert zwischen unfreiwilligem Humor und Belanglosigkeit. Nur Charakter-Altstar Billy Bob Thornton kann als Ex-Agent seine Würde annährernd bewahren. Den cholerischen Abteilungsleiter bei der CIA spielt Regé Jean Page, der Star einer mir nicht bekannten Erfolgsserie, der auch gelegentlich als neuer James Bond im Gespräch ist. Und Ryan Gosling spielt hier seine erste Rolle seit dem banalen Musical LA LA LAND und einer längeren Vater-Pause; mir war gar nicht aufgefallen, dass er weg war.
Alle Dialoge sind schlecht. Die Effekte sind miserabel. Die Bildgestaltung besteht bei Action- und Kampfszenen sowie bei Verfolgsjagden aus Wackelkamera und Stakkato-Schnitt, bei denen teilweise kaum etwas zu erkennen ist. Entweder wurden hier Film- und Anschlussfehler kaschiert oder die Regisseure und die Kamera-Teams sind einfach nur unfähig. Und die so genannte Filmmusik passt kaum zur Handlung und hat phasenweise mehr mit Lärmbelästigung als mit Musik zu tun.

Es hätte sicher auch mehr Kandidaten*innen für die Liste der schlechtesten Filme gegeben, z.B. alles von MARVEL und DC, Til Schweiger´s neuestes Machwerk oder „LIEBESDINGS“ von Anika Decker, die uns bereits mit HIGH SOCIETY, einem der schlechtesten Filme des letzten Jahrzehnts gequält hatte. Aber ich bin kein akkreditierter Filmkritiker, bekomme meine Kinovorstellungen nicht bezahlt und weigere mich inzwischen, für so etwas Geld auszugeben.
Dass alle schlechten Filme, die ich hier aufführe, US-Hollywood-Produktionen sind, ist wahrscheinlich eher zufällig.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

Martin Betzwieser

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