Paris stimmt für hohe Parkgebühren für SUVs: Die Stadt der Liebe schmeißt Protzkarren raus

Meinung Ab dem 1. September wird es richtig teuer, wenn man einen SUV im Zentrum von Paris parken will: 18 Euro pro Stunde werden dafür fällig. Allerdings war die Abstimmung nicht ganz demokratisch. Das stört unseren Autoren aber nicht
Ausgabe 06/2024
SUV-Fahrer müssen im Zentrum von Paris fürs Parken künftig 225 Euro für sechs Stunden zahlen
SUV-Fahrer müssen im Zentrum von Paris fürs Parken künftig 225 Euro für sechs Stunden zahlen

Foto: Dimitar Dilkoff/AFP/Getty Images

Okay, wenn ich Professor für Demokratietheorie wäre, würde ich Paris rüffeln. Die Stadtregierung hat am 4. Februar eine Bürgerbefragung zum Thema SUVs durchgeführt. Die Geländewagen sind Bürgermeisterin Anne Hidalgo ein Dorn im Auge: zu klimaschädlich, zu groß, zu gefährlich. Also rief sie 1,3 Millionen Bürger dazu auf, über folgende Frage abzustimmen: „Sind Sie für oder gegen einen speziellen Parktarif für schwere, platzraubende und umweltschädigende Privatfahrzeuge?“ Ganz neutral klang das nicht. Auch die Wahlbeteiligung war mit 5,88 Prozent mickrig. Aber ich bin ja kein Demokratietheoretiker!

Daher finde ich es belustigend, dass die 222 Wahllokale (bei Präsidentenwahlen sind es über 900) zum Großteil nicht in den bürgerlichen Gegenden im Westen lagen, wo die meisten Autofahrer leben. Stattdessen gab es im Zentrum sowie in den östlichen Arrondissements mehr Urnen. So stimmten 54,55 Prozent dafür, die Parkgebühren für Autos zu verdreifachen, die 1,6 Tonnen und mehr wiegen. Heißt: Wer ab dem 1. September einen SUV im Pariser Zentrum abstellt, latzt 18 Euro pro Stunde hin. Da überlegt man sich zweimal, ob man mit seiner „Familienkutsche“ in die Stadt fährt, oder?

Können wir, nur bei dieser einen Frage, das Prinzip nicht auf deutsche Städte übertragen? Also: Wir lassen über höhere Parkgebühren für SUVs abstimmen, öffnen aber die Wahllokale vor allem in den ärmeren Gegenden und in den Zentren, wo weniger Fans der teuren Protzkarren wohnen. Wenn Sie mich fragen, sollte das Parken für „normale“ Autos im Gegenzug günstiger werden. Das sollte drin sein, wenn man (wie in Paris) von SUV-Fahrern 225 Euro für sechs Stunden verlangt.

Die FAZ mutmaßt, dass Hidalgo (die Sozialistin!) mit der Bürgerbefragung von ihrer „Tahiti-Affäre“ ablenken will. Im letzten Herbst hatte sie eine Dienstreise in die Südsee verlängert, um ihre Tochter zu besuchen. Allerdings hat sie einen Teil der Flugkosten längst zurückbezahlt. Wahrscheinlicher ist, dass Hidalgo in Sachen Verkehrspolitik einfach die fortschrittlichste Bürgermeisterin in der EU ist. Auf den meisten Straßen in Paris gilt Tempo 30, ab dem 14. September darf auf der Ringautobahn „Périphérique“ maximal 50 gefahren werden. Die Stadt der Liebe wird verkehrsberuhigter. Ich kann mir Schlimmeres vorstellen.

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Geschrieben von

Dorian Baganz

Redakteur „Politik“, „Wirtschaft“, „Grünes Wissen“

Dorian Baganz, geboren 1993 in Duisburg, studierte Politik und Geschichte in London, Berlin sowie in Oslo. 2019 war er als Lokalreporter für die Süddeutsche Zeitung im Umland von München tätig. Seit 2022 ist er Redakteur beim Freitag und schreibt dort vornehmlich über Klimathemen und soziale Umbrüche. Gemeinsam mit Pepe Egger baute er ab 2022 das Nachhaltigkeitsressort „Grünes Wissen“ auf. Dort veröffentlicht er längere Reportagen, u.a. über geplante Gasbohrungen vor Borkum oder ein Wasserstoffprojekt in der Nordsee.

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