Carbon Colonialism: Ein Scheich kauft afrikanische Wälder für Fake-Klimaschutz

Meinung Ein Unternehmen aus Dubai hat Pachtverträge für 25 Millionen Hektar afrikanischen Wald ausgehandelt – eine Fläche so groß wie Großbritannien. Da sollen Bäume gepflanzt werden, um den CO₂-Ausstoß des Ölstaates zu kompensieren. Das ist Betrug
Ausgabe 49/2023
Könnte bald im Reich eines arabischen Scheichs wohnen: ein junger Schimpanse in einem Wald in Tansania
Könnte bald im Reich eines arabischen Scheichs wohnen: ein junger Schimpanse in einem Wald in Tansania

Foto: Imago

Forst und Wüste

Svenja Beller ist freie Journalistin und Buchautorin. Für den Freitagschreibt sie die Kolumne „Forst und Wüste“ über Klimapolitik, Umweltschutz und was sonst noch alles schief geht.

Klar, es wirkt alles ein wenig absurd. Dass die 28. Klimakonferenz ausgerechnet von den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgerichtet wird, legt einen recht profunden Interessenkonflikt nahe. Denn sie sind ein Ölstaat – und als solcher gewissermaßen der klimapolitische Antichrist. Aber wer sagt, dass man keinen Pakt mit dem Teufel schließen kann?

Okay, dass im Vorfeld der COP28 rauskam, dass Sultan Ahmed al-Dschaber – nicht nur der diesjährige COP-Präsident, sondern auch Chef des staatlichen Öl- und Gaskonzerns – die Konferenz für neue Öldeals nutzen wollte, ist nicht ganz ideal. Der Sultan dementierte das übrigens, er fand allerdings nicht den Vorwurf absurd, dass er in diesen Zeiten neue Öldeals abschließen wollte, sondern dass er dafür die Klimakonferenz brauche. Aber vielleicht sehen wir das alles falsch?

Blue Carbon heißt das Unternehmen

Immerhin wollen die Vereinigten Arabischen Emirate bis 2050 klimaneutral werden, zeitgleich mit der Europäischen Union. Wenn das kein Klimaschutz-Engagement ist! Oder zumindest das Versprechen dazu. Aber der Teufel – um bei unserem diabolischen Freund zu bleiben – steckt wie immer im Detail. Denn natürlich müssen die Arabischen Emirate gar nicht selbst klimaneutral werden, um klimaneutral zu werden. Wie das geht?

Da kommt Blue Carbon ins Spiel, ein gerade einmal ein Jahr junges Unternehmen, das Wälder schützen oder neue Bäume pflanzen will, um damit CO₂ zu speichern. Zertifikate darüber will es an Unternehmen und Länder verkaufen, die eben jenes CO₂ in die Atmosphäre blasen und damit sehr ungern aufhören würden. Und da stecken gleich mehrere Teufel in mehreren Details: Erstens sind solche Waldschutzprojekte weitgehend nutzlos, wie Recherchen im Januar offenlegten. Zweitens gehört Blue Carbon Scheich Ahmed Dalmook Al Maktoum, Mitglied der königlichen Familie der Arabischen Emirate, womit wir schon wieder einen Interessenkonflikt hätten.

Und drittens sollen diese Waldgebiete Menschen in Afrika weggenommen werden, die bislang in ihnen leben. Wir reden hier nicht von ein paar kleinen Wäldchen: Blue Carbon hat Pachtverträge für 25 Millionen Hektar afrikanischen Wald ausgehandelt. Das entspricht rund zehn Prozent der Flächen von Sambia, Tansania und Liberia und zwanzig Prozent von Simbabwe – eine Gesamtfläche so groß wie das Vereinigte Königreich. „Carbon Colonialism“ ist der neue Begriff dafür, den können Sie sich merken, denn den werden Sie in Zukunft häufiger hören. Weitere Deals will Blue Carbon auf der COP28 eintüten. Dafür ist die Klimakonferenz dann schon ganz praktisch.

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