Schon wieder muss sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Gummistiefel anziehen und zu einem Hochwasser reisen, ins Saarland. Es ist, nach der Katastrophe im Ahrtal und den Überschwemmungen in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, seine vierte Flut. Es wird nicht seine letzte sein, dafür haben er und die Ampelregierung gesorgt.
Gerade erst hat die Bundesregierung das heftig umstrittene neue Klimaschutzgesetz verabschiedet. Die abgeschwächte Variante enthält nun keine verbindlichen Sektorziele mehr für die einzelnen Ressorts wie Verkehr, Energie, Gebäude und Industrie: künftig zählen nur noch Gesamtemissionen. Sofortprogramme, die Ministerien vorlegen müssen, wenn ihr Sektor die Klimaziele nicht erreicht, sind damit Geschichte. Von dieser Lizenz zum Schönrechnen profitiert vor allem das Verkehrsministerium. Das muss nun keinen Plan vorlegen, wie es sein Ziel erreichen kann, obwohl der Verkehrssektor viel zu viel CO₂ ausstößt.
Ein vorläufiger Tiefpunkt, denn je näher die Einschläge rücken, desto stärker schleift die rot-grün-gelbe Regierung den Klimaschutz: als Erstes wird das Tempolimit kassiert, das die Grünen noch im Wahlprogramm stehen hatten, und damit eine autozentrierte Mobilität weiter festgeschrieben. Dann wird das Heizungsgesetz abgeschwächt und ermöglicht den Einbau neuer Öl- und Gasheizungen unter bestimmten Umständen nun doch. Der Energiestandard EH40 für Neubauten wird in dieser Legislaturperiode auch nicht mehr eingeführt, obwohl das so im Koalitionsvertrag vereinbart ist und obwohl der Gebäudesektor ein Drittel der Emissionen in Deutschland verursacht.
Die Bundesregierung torpediert außerdem die geplanten Vorschriften der EU zu einer klimagerechten Sanierung von Wohngebäuden, von der besonders Menschen mit geringem Einkommen profitieren würden. Es ist auch Olaf Scholz, der, zusammen mit dem grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck, weiter Öl ins Feuer gießt: in rücksichtsloser „Deutschlandgeschwindigkeit“ lassen sie eine völlig überflüssige neue fossile Infrastruktur für Jahrzehnte bauen: allen Fakten zum Trotz, gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger und über Umweltgesetze hinweg werden vor Rügen, Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel LNG-Terminals hingeknallt, die mit extrem klimaschädlichem Fracking-Gas aus den USA befüllt werden.
Das neue Klimaschutzgesetz – wohlgemerkt unter grüner Regierungsbeteiligung gezimmert – fällt nun selbst hinter das der Großen Koalition von 2019 zurück. Bereits dagegen hatten mehrere Menschen geklagt und Recht bekommen: Das Bundesverfassungsgericht erklärte es für verfassungswidrig, weil es die Grund- und Freiheitsrechte künftiger Generationen beeinträchtige. Schon wieder bestätigt nun ein Gericht, dass sich die Bundesregierung nicht an ihre eigenen, ohnehin zu schwachen Gesetze hält: Fast zur selben Zeit, als der Bundesrat das entkernte Klimaschutzgesetz durchwinkte, urteilte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nach zwei Klagen der Deutschen Umwelthilfe, dass das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung rechtswidrig sei und nicht ausreiche, um die Klimaziele einzuhalten.
Derweil folgen auf das Hochwasser im Saarland und in Rheinland-Pfalz nun Unwetter und Überschwemmungen in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Besser wird es nicht mehr werden, auch wenn die Regierung nachbessert. Viel schlimmer aber auf jeden Fall, wenn nicht. Dann braucht Olaf Scholz die Gummistiefel gar nicht mehr auszuziehen.