Linke als Gruppe im Bundestag: Reichinneks und Pellmanns Wahl ist nicht das Problem

Meinung Die Verlierer der Wahl zum Parteivorsitz 2022 sind die Sieger der Abstimmung über die Führung der neuen Linke-Gruppe im Bundestag. Heidi Reichinneks und Sören Pellmanns knapper Erfolg zeigt: Der Streit der Linken ist längst nicht vorbei
Ausgabe 08/2024
Die Verlierer der Wahl um den Parteivorsitz sind die Gewinnerinnen der Wahl der Spitze der neuen Linken-Gruppe im Bundestag:  Heidi Reichinnek und Sören Pellmann
Die Verlierer der Wahl um den Parteivorsitz sind die Gewinnerinnen der Wahl der Spitze der neuen Linken-Gruppe im Bundestag: Heidi Reichinnek und Sören Pellmann

Foto: Picture Alliance/dpa/Carsten Koall

Verheerend fällt die Resonanz auf die Klausur der neuen Linken-Gruppe im Bundestag aus: „Schuss nicht gehört“, rief Benjamin-Immanuel Hoff, linker Minister in Thüringen, „mangelnde intellektuelle Kompetenz“, beschied die taz, kurz: So kann’s wieder mal nicht weitergehen mit der Linken. Was ist geschehen?

Die Bundestagsgruppe der Linken hat Vorsitzende gewählt. Zur Wahl standen zwei Teams: Clara Bünger und Ateş Gürpınar, beide werden dem Bewegungsflügel zugerechnet, versus Heidi Reichinnek und Sören Pellmann, die 2022 – auch als dem Wagenknecht-Lager genehmes Duo – erfolglos für den Parteivorsitz kandidiert hatten.

Gewonnen hatten 2022 Janine Wissler und Martin Schirdewan. Als Schlappe für sie gilt das sehr knappe Wahlergebnis jetzt: In der ersten Runde votierten 14 der 27 anwesenden Abgeordneten für Reichinnek, 13 für Bünger, in der zweiten 14 für Pellmann und wieder 13 für Bünger.

Besonders das Zustandekommen dieser Wahl Reichinneks und Pellmanns sorgt nun für Kopfschütteln: Kampfabstimmung, echt jetzt? Warum keine Crossover-Lösung? Gerade jetzt, da die Linkspartei Einigkeit zeigen muss, um überhaupt eine Zukunft zu haben! Die Empörung verkennt, was eigentlich schon lange klar ist: Die Linkspartei ist auch „nach Wagenknecht“ nicht geeint. Weiter gibt es widerstreitende Vorstellungen in grundsätzlichen Fragen: in der Außenpolitik oder bei den Zielgruppen linker Politik.

Christine Buchholz lehnt Bundestags-Mandat ab

Das führte erst kürzlich die Absage von Christine Buchholz, ihr durch die Wiederholungswahl in Berlin erlangtes Bundestagsmandat anzutreten, vor Augen. Vor allem in der Friedenspolitik sah sie nicht mehr genug Schnittmengen mit der Fraktionsmehrheit, darum: Bundestag, nein danke.

Die Linke ist in einer Zwickmühle: Potenzielle Wähler*innen haben keine Lust mehr, ihr beim Streiten zuzusehen. In Umfragen ist sie auf drei Prozent abgesackt; trotz Massendemos für Antifaschismus. Einigkeit zu behaupten, wo keine ist, ist keine Lösung, wie das Drama um die Spaltung eindrucksvoll demonstriert hat: Werden Widersprüche zu lang gedeckelt, fliegt irgendwann der ganze Topf in die Luft.

Dagegen helfen keine Durchhalteparolen, sondern am ehesten offene inhaltliche Debatten. Wie die Partei die organisiert, ist die eigentliche Herausforderung – und nicht diese knappe Abstimmung bei der Klausur.

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