Julian Assange: USA versuchen mit Zusicherungen, Berufung gegen Auslieferung zu verhindern

Pressefreiheit Die USA haben erklärt, wie sie die Anforderungen der britischen Justiz erfüllen wollen, damit diese Wikileaks-Gründer Julian Assange an sie ausliefert. Um diese Auslieferungen zu verhindern, bliebe nach dem Rechtsweg nur die Diplomatie
11. April 2024: Kundgebung vor Ecuadors Botschaft in London, auf den Tag genau fünf Jahre, nachdem dessen Regierung Julian Assange den Schutz entzogen und ihn den britischen Strafverfolgungsbehörden ausgeliefert hatte
11. April 2024: Kundgebung vor Ecuadors Botschaft in London, auf den Tag genau fünf Jahre, nachdem dessen Regierung Julian Assange den Schutz entzogen und ihn den britischen Strafverfolgungsbehörden ausgeliefert hatte

Foto: Benjamin Cremel/AFP/Getty Images

Die USA haben dem Obersten Gericht in London Zusicherungen gemacht, um einen letzten Einspruch von Julian Assange gegen seine Auslieferung durch Großbritannien zu verhindern. Die Frau des Wikileaks-Gründers, Stella Assange, hat diese Zusicherungen als „Floskeln“ abgetan.

Vergangenen Monat hatten die beiden zuständigen Richter die Entscheidung darüber, ob Assange seinen Fall zu einer Berufungsverhandlung bringen kann, vertagt. Er versucht, einer strafrechtlichen Verfolgung in den USA wegen Spionagevorwürfen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung tausender geheimer und diplomatischer Dokumente zu entgehen.

Kein Todesurteil gegen Assange angestrebt?

Die Richter gewährten ihm die Erlaubnis, in Berufung zu gehen, jedoch nur, wenn die US-Regierung unter Joe Biden dem Gericht keine geeigneten Zusicherungen geben kann, „dass der Antragsteller [Assange] sich auf den ersten Verfassungszusatz berufen darf, dass der Antragsteller bei der Verhandlung, einschließlich der Verurteilung, aufgrund seiner Staatsangehörigkeit nicht benachteiligt wird, dass ihm derselbe Schutz des ersten Verfassungszusatzes [Meinungsfreiheit] gewährt wird wie einem Bürger der Vereinigten Staaten und dass nicht die Todesstrafe verhängt wird“.

Nun wurden Einzelheiten zu den Zusicherungen der USA bekannt, die besagen, dass er „aufgrund seiner Staatsangehörigkeit nicht benachteiligt wird, was die Mittel der Verteidigung angeht, die er im Prozess und bei der Verurteilung geltend machen kann“. Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit habe, sich auf den ersten Verfassungszusatz zu berufen, aber auch, dass dessen Anwendbarkeit ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich der US-Gerichte fällt. In den Zusicherungen heißt es außerdem: „Ein Todesurteil wird gegen Assange weder angestrebt noch verhängt werden.“

Was Stella Assange von den „Zusicherungen“ hält

Wird Assange der Weg zu einer Berufung versperrt, droht ihm innerhalb weniger Tage die Auslieferung an die USA, da er dann alle Rechtsmittel vor den britischen Gerichten ausgeschöpft hat. Seine einzige Hoffnung wäre dann, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eingreift.

Stella Assange, seine Frau, twitterte:

„Die USA haben eine Nicht-Zusicherung in Bezug auf den ersten Zusatzartikel und eine Standard-Zusicherung in Bezug auf die Todesstrafe abgegeben. Sie machen keine Anstalten, die frühere Behauptung der Staatsanwaltschaft zurückzuziehen, dass Julian keine Rechte nach dem ersten Verfassungszusatz hat, weil er kein US-Bürger ist. Stattdessen beschränken sich die USA unverhohlen auf Worthülsen, in denen behauptet wird, Julian könne sich im Falle einer Auslieferung auf den ersten Verfassungszusatz berufen („seek to raise“). Die diplomatische Note trägt nicht dazu bei, die extreme Besorgnis unserer Familie über seine Zukunft zu lindern – seine düstere Erwartung, den Rest seines Lebens in Isolation in einem US-Gefängnis zu verbringen, weil er preisgekrönten Journalismus veröffentlicht hat. Die Regierung Biden muss diese gefährliche Strafverfolgung einstellen, bevor es zu spät ist.“

Termin der nächsten Anhörung in London: 20. Mai

Bei einer weiteren Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof, die für den 20. Mai angesetzt ist, werden beide Seiten über die Belastbarkeit der Zusicherungen streiten. Die Anwälte von Assange haben die Zusicherungen der USA in anderen Fällen als „nicht das Papier wert, auf dem sie stehen“ bezeichnet und damit eine ähnliche Kritik der Menschenrechtsorganisation Amnesty International aufgegriffen.

Erst vergangene Woche, als Joe Biden sagte, er erwäge ein Ersuchen Australiens, die Anklage gegen den WikiLeaks-Gründer fallen zu lassen, sagte Stella Assange, dies sei ein „gutes Zeichen“.

Haroon Siddique ist rechtspolitischer Korrespondent des Guardian.

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Haroon Siddique | The Guardian

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