Maximilian Krah: Spionage? Es wird eng für den Europa-Spitzenkandidaten der AfD

AfD Sein Mitarbeiter Jian G. soll für China spioniert haben und wurde festgenommen: Maximilian Krah gerät innerhalb seiner Partei unter Druck. Es gibt in der AfD einige, die sich an Krah stören, auch wegen eines internen Geopolitik-Konflikts
Maximilian Krahs Aufstieg war nicht nur AfD-Chef Tino Chrupalla schon länger ein Dorn im Auge
Maximilian Krahs Aufstieg war nicht nur AfD-Chef Tino Chrupalla schon länger ein Dorn im Auge

Foto: Sven Simon/Imago

Lange hieß es, eine neue rechte Partei bräuchte einen charismatischen Führer, um erfolgreich sein zu können. Die AfD widerlegte diesen Glaubenssatz und etablierte sich nicht wegen, sondern trotz des Personals in der ersten Reihe.

Als aber Maximilian Krah binnen kurzer Zeit in der AfD zur Führungskraft aufstieg, wurde schnell klar, dass hier jemand die Bühne betritt, der nicht nur den Ehrgeiz hat, das Steuer zu übernehmen, sondern auch die notwendigen Fähigkeiten besitzt: ein Gespür für Stimmungen, demagogische Fähigkeiten, die er exemplarisch in einem Bierkeller in Neustrelitz präsentierte, eine schnelle Auffassungsgabe, rhetorisches Geschick und Schlagfertigkeit, wie er kürzlich im Gespräch mit Tilo Jung demonstrierte – und einen manchmal an Donald Trump erinnernden Witz.

Dresdner CDU, AfD, Europaparlament

Nicht zuletzt sein strategisches Denken katapultierte ihn schnell in die erste Reihe der Partei. Er verließ die CDU angeblich wegen Angela Merkel; vermutlich spielte auch eine Rolle, dass er daran scheiterte, politisch über die Dresdner CDU hinauszukommen – 2013 verlor Krah in einer Kampfabstimmung eine aussichtsreiche Direktkandidatur, die Aussichten für die Bundestagswahlen 2017 waren nicht gerade vielversprechend. Seine politische Entwicklung darf man als beachtlich bezeichnen: Von der CDU ging es schnurstracks zum äußersten rechten Flügel der AfD. Radikalisierter Konservatismus im Schnelldurchlauf. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: 2019 ging es über den zweiten Platz der AfD-Europaliste ins Europaparlament. Dort angekommen, stellte er sofort Jian G. als Mitarbeiter ein.

Wegen dieses Mitarbeiters stand Krah schon vor einem Jahr parteiintern in der Kritik. Mitarbeiter G. habe aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse und Sympathiebekundungen für die Kommunistische Partei Chinas Verdacht erregt, hieß es im April des vergangenen Jahres in der ungarischen rechten Online-Publikation The European Conservative. Nicolaus Fest, ein parteiinterner Gegenspieler Krahs, äußerte damals, niemand im Parlament glaube ernsthaft, dass sich G. für die Ziele der AfD einsetze. Fest munkelte schon über mögliches zusätzliches Einkommen des Mitarbeiters von anderen Quellen. t-online.de berichtete in der Folge ausführlich über G. – Krah hielt trotz der Vorwürfe an seinem Mitarbeiter fest.

Jian G. verhaftet

Einige Monate später geriet Krahs Mitarbeiter erneut in den Fokus, diesmal den der deutschen Medien. Die Süddeutsche Zeitung schrieb über „Pekings langen Arm nach Pirna“ und der Verfassungsschutz warnte vor dem Einfluss der chinesischen Führung auf deutsche Politiker. Auch da ging es um G., an dem Krah weiterhin festhielt.

Wenige Wochen vor der Europawahl folgte nun die Verhaftung des Mitarbeiters. Der Vorwurf: G. soll Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes sein, der diesen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europäischen Parlament informierte und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausspionierte.

Mit Russland und China oder mit der NATO

Dieses Mal könnte es für Krah aus drei Gründen eng werden. Erstens macht es die Vorgeschichte der Verhaftung für den bisherigen Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahlen am 9. Juni sehr schwer, aus dieser Nummer rauszukommen, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Schwerwiegender ist aber der zweite Grund: Die Spionage-Affäre berührt einen Großkonflikt in der AfD. Zwar werden inhaltliche Differenzen nach dem Weggang Jörg Meuthens und veränderten Machtverhältnissen im Bundesvorstand nicht mehr öffentlich ausgetragen, doch Streit, Macht- und Linienkämpfe bestehen weiter, nur subtiler und disziplinierter. Im Zentrum steht seit dem Krieg in der Ukraine die Geopolitik.

Die Partei ist in dieser Frage gespalten: Auf der einen Seite stehen diejenigen, die weiterhin transatlantisch orientiert sind, an Westbindung und NATO-Mitgliedschaft festhalten wollen; auf der anderen Seite sind jene, die eurasische Perspektiven bevorzugen und die Nähe zu Russland und China suchen. Gerade bei den älteren, häufig aus Westdeutschland stammenden Abgeordneten stößt dieser Kurs immer wieder auf Widerstand, wie sich im vergangenen Jahr an offensichtlichen Durchstechereien aus der Bundestagsfraktion an Medien zeigte. Die Spionage-Affäre könnte eine Gelegenheit für die Transatlantiker bieten, die Verhältnisse zu ihren Gunsten zu verändern.

Drittens ist Krah vielen in der Partei nicht nur inhaltlich ein Dorn im Auge. Bei der Wahl zum Spitzenkandidaten für die Europawahlen im vergangenen Sommer in Magdeburg stimmten immerhin ein Drittel der Delegierten gegen ihn und zum großen Teil für einen weitgehend unbekannten früheren Berufsoffizier, der wohl nicht zufällig aus Berlin kam, wo Krah besonders viele Gegner hat. Auch der mächtige Parteichef Tino Chrupalla gilt nicht gerade als Fan von Krah.

Das ist wenig überraschend, denn jemand wie Krah – mit seinem Netzwerk – ist in der Partei für jeden Vorsitzenden eine potenzielle Gefahr; eine Gefahr, die in den vergangenen Monaten nicht gerade kleiner wurde, als die Präsenz von Krah in etablierten wie sozialen Medien enorm zunahm. Vergangenen Sonntag hielt Chrupalla in der ARD-Sendung Caren Miosga Krah noch die Stange. Da ging es noch nicht um China, sondern um die Vorwürfe, Geld aus prorussischen Quellen erhalten zu haben. Peanuts im Vergleich zu dem, was Krah nun parteiintern bevorstehen könnte.

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